Karen National Union
Die Karen National Union (KNU) ist eine politische Gruppierung, die im Grenzgebiet zwischen Thailand und Myanmar, dem ehemaligen Birma, operiert. Die KNU besitzt einen bewaffneten Arm, die Karen National Liberation Army (KNLA).
Seit 1948 kämpft die KNU gegen die birmanische Zentralregierung für einen unabhängigen Karen-Staat, der in der Sprache der Karen Kawthoolei genannt wird. Die KNU ist die größte Widerstandsgruppe der Karen in Myanmar. Die KNU operiert primär im heutigen Kayin-Staat. Im Jahre 2006 befand sich das Hauptquartier der KNU in Mu Aye Pu im Kayin-Staat an der Grenze zu Thailand. Im Januar 2012 wurde ein erstes Waffenstillstandsabkommen zwischen KNU-Vertretern und der Zentralregierung unterzeichnet.
Geschichte
Die KNU wurde am 5. Februar 1947 gegründet, nachdem Gespräche in London für einen unabhängigen Karen-Staat gescheitert waren. Der erste Vorsitzende der KNU war Saw Ba U Gyi, ein Karen-Politiker, der schon unter der britischen Kolonialregierung Ministerposten innehatte. Er wurde 1950 von birmanischen Soldaten ermordet.
In den letzten 40 Jahren wurden die KNU und KNLA primär von einem Karen-Politiker mit Namen Bo Mya geführt, der Ende 2006 im Exil in der thailändischen Grenzstadt Mae Sot verstarb. Ebenfalls bei Mae Sot wurde am 14. Februar 2008 der KNU-Generalsekretär Mahn Sha Lar Phan ermordet; ohne dass die Verantwortlichkeit feststeht, wurde sofort die Militärregierung von Myanmar hinter dem Mord vermutet, da Mahn Shas Name dem Vernehmen nach auf einer einschlägigen Hitliste der Regierung enthalten war.[1] Am 20. Oktober 2008 wurde Zipporah Sein auf dem 14. Kongress der KNU zur neuen KNU-Generalsekretärin gewählt.[2]
Über viele Jahre beherrschten KNU und KNLA die Grenzgebiete zwischen Thailand und Myanmar. Dadurch konnten sie große Einnahmen aus Zöllen aus dem Grenzverkehr erzielen. Aber seit dem Beginn der 1990er-Jahre wurde die KNLA von der myanmarischen Regierung immer mehr aus ihren Gebieten zurückgedrängt. Erschwerend kam hinzu, dass sich 1994 eine Gruppe buddhistischer Karen von der primär christlich geführten KNU abspaltete. Die Democratic Karen Buddhist Army entstand, die einen Waffenstillstand mit der myanmarischen Regierung, dem Staatsrat für Frieden und Entwicklung (SPDC), vereinbarte. Durch diese Abspaltung ging der KNU ihr wichtiges Hauptquartier Manerplaw am Saluen-Fluss verloren. Aufgrund der Kenntnisse über die Verteidigungsstellungen und die Lage der Minenfelder konnten die myanmarischen Truppen Manerplaw erobern. Heute verfügt die KNLA über kein eigenes Territorium mehr und beschränkt sich auf Guerilla-Methoden.
Im Jahre 2004 wurde ein informeller Waffenstillstand zwischen der KNLA und der myanmarischen Militärregierung geschlossen. Diese nahm den Waffenstillstand aber nie ernst. Im Gegenteil, seit dem Waffenstillstand versuchte sie, ihre Position im Karen-Gebiet durch den Bau von Straßen und Stützpunkten auszubauen. Der mündliche Waffenstillstand wurde von Bo Mya bei einer Reise in die damalige myanmarische Hauptstadt Rangun vereinbart. Seit Oktober 2006 fühlt sich die KNLA nicht mehr an diesen gebunden, da er von der Zentralregierung zu oft gebrochen wurde. Zurzeit versucht die 7. KNLA-Brigade einen eigenen Separatwaffenstillstand mit der myanmarischen Regierung zu verhandeln.
Heute leben die meisten Führer der KNU und KNLA in Flüchtlingslagern in Thailand oder in den thailändischen Grenzstädten Mae Sot, Mae Sariang und Mae Hong Son. Zirka 150.000 Karen leben in Flüchtlingslagern in Thailand, primär in der thailändischen Provinz Tak, und die KNU versucht diese über verschiedene Unterorganisationen zu betreuen. Es gibt insgesamt zirka sechs bis sieben Millionen Karen, primär in Myanmar, aber auch in Thailand.
Der Karen-Konflikt ist der am längsten anhaltende Bürgerkrieg in der heutigen Zeit. Er wird vom myanmarischen Militär (Tatmadaw) mit großer Härte geführt. Neben den Flüchtlingen in Thailand gibt es Hunderttausende von internen Flüchtlingen in Myanmar, IDPs genannt.
Im Januar 2012 unterzeichneten eine Delegation der Regierung und KNU-Vertreter in Hpa-an, der Hauptstadt des östlichen Bundesstaates Karen, ein sofortiges Waffenstillstandsabkommen. Von der Regierungsseite aus wurden die Verhandlungen vom Eisenbahnminister Aung Min geleitet. Es ist das erste Mal seit Beginn der Kämpfe, dass Karen-Vertreter auf eine Vereinbarung mit der Zentralregierung eingegangen sind. Die Vereinbarungen mit der Zentralregierung und der Regionalregierung des Karen-Staates garantieren den Karen u. a. Bewegungsfreiheit im ganzen Land. Diese war zuvor von der Regierung reglementiert worden.[3] Die Zentralregierung habe die Zugeständnisse jedoch nur unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Verteidigungsministers getan.[4]
Organisation der KNLA
Über die Stärke der KNLA gibt es die widersprüchlichsten Aussagen. Einige Quellen reden von 20.000 bewaffneten Anhängern, andere Quellen reden von 4000 bis 5000 Mann. Beim 57. „Karen Revolution Day“ war sogar von 50.000 Mann die Rede, die aber bei weitem nicht bewaffnet werden könnten.
Die KNLA gliedert sich in sieben Brigaden:
Brigade | KNU/KNLA | myanmarische Regierung |
1. Brigade | Du Tha Htu-Distrikt | Thaton-Distrikt |
2. Brigade | Tha Ow-Distrikt | Toungoo-Distrikt |
3. Brigade | Kler Lwee Htuu-Distrikt | Nyaunglebin-Distrikt |
4. Brigade | Mergui Tavoy-Distrikt | Tavoy-Distrikt |
5. Brigade | MuThraw-Distrikt | Papun-Distrikt |
6. Brigade | Duplaya-Distrikt | Kya In Seik Kyi-Distrikt |
7. Brigade | Pa-An-Distrikt | Pa-An-Distrikt |
Anmerkung: Die 4. Brigade operiert nicht im Kayin-Staat, sondern im nördlichen Mon-Staat. Am 30. Januar 2007 splitterte sich die 7. Brigade in zwei Gruppen. Rebellen aus der 7. Brigade unter Brigadegeneral Htain Maung gründeten das KNLA/Peace Council. Er hatte ohne Zustimmung der KNU-Führung Friedensverhandlungen mit dem SPDC geführt.[5]
Siehe auch
Literatur
- René Hingst: Herausforderungen des politischen Wandels in Burma/Myanmar. Herausgegeben von der Heinrich-Böll-Stiftung.
- Ardeth Maung Thawnghmung: The Karen Revolution in Burma: Diverse Voices, Uncertain Ends. East-West Center Policy Studies Nr. 45, Washington 2008, ISBN 978-981-230-804-7.
- Ardeth Maung Thawnghmung: The “Other” Karen in Myanmar. Ethnic Minorities and the Struggle without Arms. Rowman & Littlefield, Lanham MD/Plymouth 2012.
- Ashley South: Burma’s Longest War. Anatomy of the Karen Conflict. The Transnational Institute, Amsterdam 2011.
Weblinks
- Karen Human Rights Group (englisch)
Einzelnachweise
- Al Jazeera: “Myanmar's Karen mourn leader”, 23. Februar 2008 (englisch)
- KNU Appoints Karen Woman General-Secretary. Irrawaddy.org. Abgerufen am 12. Juli 2010.
- Bürgerkrieg Birmas: Regierung und Karen-Rebellen schließen historischen Waffenstillstand bei zeit.de, 12. Januar 2012 (abgerufen am 12. Januar 2012).
- KonflikteTempo des Wandels in Birma überrascht bei focus.de, 12. Januar 2012 (abgerufen am 12. Januar 2012).
- BURMA NACHRICHTEN 3/2007, 20. Februar. Asienhaus.de. 20. Februar 2007. Abgerufen am 12. Juli 2010.