Kaiserpfalz Hagenau
Die Kaiserpfalz von Hagenau (französisch: Palais oder Château impérial de Haguenau) war eine staufische Königspfalz in der unterelsässischen Stadt Hagenau.
Geographische Lage
Die Kaiserpfalz lag auf einer von der Moder umflossenen Insel in der Altstadt im Bereich der heutigen Rue du Château (Burgstraße). Die Flussinsel existiert heute nicht mehr, ihre Uferlinien entsprechen den heutigen Straßen Rue de la Moder und Rue de la Vieille Île. Sichtbare bauliche Reste der Pfalz sind nicht erhalten.
Geschichte
- Stauferstele im Innenhof
- Gedenktafel[1]
Zu Beginn des 12. Jahrhunderts ließ Herzog Friedrich II. von Schwaben (genannt der Einäugige) eine Wasserburg errichten, die sein Sohn Friedrich I. Barbarossa zur Kaiserpfalz ausbaute. Sie war mit 80 Aufenthalten die mit Abstand am häufigsten von deutschen Kaisern und Königen besuchte Pfalz der Stauferzeit. Barbarossa war zwischen 1153 und 1189 neunmal in Hagenau, Heinrich VI. achtmal, wobei er 1193 über Richard Löwenherz Gericht hielt. Außerdem waren Philipp von Schwaben, Otto IV., Friedrich II., Heinrich (VII.) und Konrad IV. dort. Wahrscheinlich von 1153 bis 1208, als sie auf Burg Trifels gelangten, wurden in der Pfalz die Reichskleinodien aufbewahrt. Nach dem Ende der Stauferzeit verlor die Pfalz an Bedeutung. Ab 1280 bis ins 17. Jahrhundert war sie Amtssitz der Landvögte im Elsass. Bei der Brandschatzung von Hagenau durch Marschall von Créqui im Jahr 1678 wurde auch die Pfalz zerstört. 1687 wurde sie abgerissen, um die Steine als Baumaterial für die 25 km östlich von Hagenau am Rhein erbaute Vaubansche Grenzfestung Fort-Louis zu verwenden. An der Stelle der Pfalz wurde zwischen 1729 und 1739 ein Jesuitenkolleg errichtet, das heute als Maison de retraite (Altenheim) genutzt wird.
Im Innenhof der Maison de Retraite steht als Erinnerung an die Pfalz seit 2012 eine Stauferstele, die ursprünglich, seit 2006, ihren Platz in der Rue de la Moder hatte. Außerdem ist am Gebäude eine Gedenktafel angebracht.[1]
Pfalzkapelle
Das am besten untersuchte Gebäude der Pfalz ist die romanische Kapelle. Anhand historischer Ansichten, schriftlicher Quellen und Grabungsbefunden ließ sich ein recht klares Erscheinungsbild rekonstruieren. Wie die meisten Pfalzkapellen hatte sie zwei Geschosse, als Baukörper eigentlich drei. Sie war dreijochig, hatte zwei kleine Seitenschiffe, zwei Apsiden und einen achteckigen Turm. Im dritten Geschoss befand sich die Schatzkammer als Aufbewahrungsort der Reichskleinodien. Der oktogonale Querschnitt des Turms wurde von der älteren Forschung auf das Vorbild der Pfalzkapelle Aachen bezogen, zumal es im Elsass in Ottmarsheim eine achteckige Kapelle aus dem 11. Jahrhundert in unmittelbarer Anlehnung an Aachen und mit Eguisheim, Guebwiller und Wangen noch drei oktogonale Stauferburgen gibt. Der von Thomas Biller rekonstruierte Grund- und Aufriss erinnert jedoch eher an byzantinische Sakralbauten; auffallende Ähnlichkeiten bestehen zudem mit der Doppelkirche St. Maria und Clemens in Schwarzrheindorf. Datiert wird die Hagenauer Kapelle in die Zeit um 1180. Wenige architektonische Fragmente wie Skulpturen und Bogenfriese, die in enger Beziehung zur Bauplastik des Wormser Doms stehen, befinden sich im historischen Museum von Hagenau.
Literatur
- Thomas Biller, Bernhard Metz: Die Burgen des Elsass – Architektur und Geschichte. Band 1: Die Anfänge des Burgenbaues im Elsass (bis 1200). Herausgegeben vom Alemannischen Institut Freiburg i. Br., Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2018, ISBN 978-3-422-07439-2, S. 303–313.
- Fritz Bouchholtz: Burgen und Schlösser im Elsass. Frankfurt am Main 1962.
- Nicolas Mengus, Jean-Michel Rudrauf: Châteaux forts et fortifications médiévales d′Alsace. Dictionnaire d′histoire et d′architecture. La Nuée Bleue, Straßburg 2013, ISBN 978-2-7165-0828-5, S. 126–128.
- Charles-Laurent Salch: Dictionnaire des châteaux de l’alsace médiévale. Strasbourg 1976.
- Robert Will: Le château, dit „Burg“ de Haguenau. Nouvelles données archéologiques et historiques. In: Etudes Haguenauiennes. Ser. NS, Band 1, 1950–1955, S. 41–124.
- Robert Will: Notes complémentaires sur le château impérial disparu de Haguenau. In: Etudes Haguenoviennes. Ser. NS, Band 5, 1965–1970, S. 79–99.
- Robert Will: Le palais de Haguenau et l'art de la cour de Barberousse. In: Archéologia. Band 75, 1974, S. 10–18.
Weblinks
- Peter Koblank: Die verschwundene Königspfalz von Haguenau auf stauferstelen.net
- Thomas Biller: Die Pfalzkapelle zu Hagenau – Neue Überlegungen zu ihrer Rekonstruktion auf archiv.ub.uni-heidelberg.de. Originalveröffentlichung in: Chateau forts d’Alsace, 10 (2009), S. 19–34.
Einzelnachweise
- Die Inschrift auf der Gedenktafel lautet: „RUE du CHATEAU – ANCIEN CHÂTEAU IMPÉRIAL – ICI S'ELEVAIT LA CHAPELLE PALATINE – BERCEAU DE LA VILLE DE HAGUENAU – CONSACREE PAR ST LEON IX VERS 1035 – GRANDIE PAR FREDERIC BARBEROUSSE VERS 1170–1184 – DEMOLIE EN 1687“ (deutsch: „Schlossstraße – altes Kaiserschloss – Hier stand die Pfalzkapelle – Wiege der Stadt Hagenau - geweiht durch den hl. Leo IX. um 1035 – vergrößert durch Friedrich Barbarossa um 1170–1184 – zerstört 1687“).