Kühlturbine
Eine Kühlturbine (engl. air cycle machine) ist das Kühlaggregat in einer Klimaanlage, die vorwiegend in Flugzeugen verwendet wird (Packs).
Packs
Die air conditioning packs (kurz Packs; die Kühlbox der Flugzeugklimaanlage) bestehen hauptsächlich aus einer Kühlturbine, einem Wasserabscheider, zwei Wärmetauschern und Regelventilen.
Die meisten Flugzeuge haben zwei Packs mit je einer Kühlturbine. Sehr große Flugzeuge (z. B. die B747-400) verfügen über bis zu drei Packs, die über eine zentrale Leitung mit Zapfluft versorgt werden. Bei Flugzeugen mit zwei Packs kann der Ausfall einer Kühlturbine bereits ein Grund für eine Sicherheitslandung auf einem Ausweichflugplatz sein.
Funktionsweise
Nach dem Ansaugen der Umgebungsluft durch das Triebwerk wird diese in der Verdichterstufe des Triebwerkes verdichtet. Durch die starke Verdichtung wird die Luft stark erhitzt. Diese Luft wird als Zapfluft an die Packs weitergeleitet. Vor dem Eintritt in die Packs wird die Luft in einem ozon converter von Ozon gereinigt, das in großen Flughöhen eine höhere Konzentration als in Bodennähe hat. Nach einer leichten Abkühlung der 220 °C heißen Zapfluft in einem (meist vorhandenen) ersten Wärmetauscher (precooler) tritt die Luft in die Kühlturbine ein. Als Kühlluft für den Precooler wird Fanluft verwendet. Durch die vorherige Kühlung der Luft kann der Kompressor der Kühlturbine aus leichtem, aber nicht sehr temperaturbeständigem Aluminium gefertigt werden. In der Kompressorstufe (Turboverdichter; Turbofan mit Radialturbine und Axialgebläse; Turbokompressor mit Radialturbine und Radialkompressor) der Kühlturbine wird die Luft weiter komprimiert. Dabei erhitzt sie sich stark (Verdichtungswärme; 50 °C Temperaturzunahme). Im nachgeschalteten zweiten Wärmetauscher (genaugenommen: Der einzige Wärmetauscher innerhalb der Kühlturbine) wird die Luft abgekühlt (Rückkühlung). Die dazu erforderliche Kühlluft wird aus der (unkomprimierten und deshalb nicht erhitzten) Umgebungsluft genommen. In der Turbinenstufe der Kühlturbine, die über eine Welle mit der Kompressorstufe verbunden ist, expandiert die Luft wieder – der Druck fällt also stark. Dadurch fällt auch die Temperatur stark. Diese Kühlluft hat jetzt eine Temperatur unterhalb der Umgebungstemperatur. Außerhalb der Kühlturbine wird der Kühlluft meist noch ein geringer Anteil heißer Zapfluft (die im Falle des Klimasystems „Trim air“ genannt wird) beigemischt, und zusätzlich solche, die aus der Flugzeugkabine abgeleitet wird (die Luft wird „aufgefrischt“, Zumischung der Rezirkulationsluft; teilweiser Umluftbetrieb – mittels Umwälzgebläse – engl. recirculation fan), da die gekühlte Luft aus der Kühlturbine fast schon wieder zu kalt (0 bis 15 °C) für die Passagiere ist.
Physik
Das Grundprinzip der Kühlturbine beruht auf dem linksläufigen Joule-Prozess (thermodynamischer Kreisprozess). Die in der Kompressorstufe der Kühlturbine verdichtete und erhitzte Luft wird im Wärmetauscher abgekühlt, danach in der Turbinenstufe entspannt und auf tiefere Temperaturen als die zugeführte Luft abgekühlt.
Die Klimaanlage im Flugzeug ist eines der Aggregate mit dem größten sekundären Leistungsbedarf. Bei Großraumflugzeugen mit 350 Passagieren sind dazu 52 kW erforderlich (150 bis 200 W je Passagier). An heißen Tagen wird am Boden ungefähr 25 % der erforderlichen Energie für die Luftentfeuchtung benötigt.
Durchsatz
Das Umwälzvolumen ist so bemessen, dass die Luft alle 2 min (Airbus) bis 6 min umgewälzt wird (im Vergleich dazu findet ein Luftwechsel in öffentlichen Gebäuden nur 5- bis 8-mal in der Stunde statt). Die Zulassungsvorschriften (FAA, JAA) fordern einen Luftdurchsatz von 4,7 l/s Frischluft je Passagier, hinzu kommt noch der Umluftanteil (ca. 40–50 %). Auch im Fehlerfall dürfen 73 % dieses Wertes nicht unterschritten werden.
Besonders im Sinkflug, wenn die Triebwerke im Leerlauf arbeiten und nur niedrigen Druck erzeugen, hat die Zapfluft kaum noch genügend Druck, um diese Werte zu erfüllen. Die Klimaanlagen müssen dementsprechend auf diese „kritischen“ Flugzustände ausgelegt sein. Deshalb wird im Sinkflug die Zapfluft aus der Hochdruck-Zapfluftentnahme des Triebwerkes entnommen, während im Reiseflug die Zapfluft aus der Niederdruck-Entnahme abgeleitet wird. Beide Abnahmen sind am Hochdruckverdichter, der eine Drehzahl von etwa 15.000 Umdrehungen je Minute[1] hat.
Die Kühlturbine verfügt über keinen zusätzlichen Antriebsmotor – die Turbinenstufe wird vom Luftstrom angetrieben und treibt über eine Welle wiederum die Kompressorstufe an. Die Energiezufuhr für den Kühlprozess erfolgt durch die unter Druck zugeführte Zapfluft.
Rezirkulation
Die Rezirkulationsluft wird durch HEPA-Filter gereinigt, die je nach Flugzeugtyp alle 6 bis 18 Monate ausgetauscht werden. Der Airbus A340 hat beispielsweise acht dieser Rezirkulationsfilter.
ICE
Auch für die Klimatisierung der Reisezugwagen des ICE werden Kühlturbinen verwendet. Hier werden sie von elektrischen Motoren angetrieben. Die Steuerung der Kühlleistung erfolgt über die Drehzahlregelung der Elektromotoren. Da die Welle der Kühlturbine magnetisch gelagert ist und berührungsfrei schwebt, läuft sie ohne Schmiermittel oder Kühlflüssigkeit.
Man unterscheidet
- luftgestützte Klimasysteme, zu denen die Kühlturbine gehört (engl. air cycle machine) und
- Kaltdampfklimasysteme (engl. vapor cycle machine; Kaltdampfprozess).
Luftgestützte Klimasysteme werden als offener Kreislauf betrieben (offenes Kaltluftklimasystem), während Kaltdampfklimasysteme als geschlossener Kreislauf betrieben werden. Bei Kaltdampfklimasystemen erfolgt die Frischluftzufuhr unabhängig vom Kühlprozess.
Die Turbinenstufe der Kühlturbinen arbeitet als Entspannungskühlsystem (Entspannungskühlung; Expansionskühlung; engl. expansion cooling turbine). Motorisierte Kühlturbinen werden teilweise auch im Schiffbau und in der Militärtechnik eingesetzt. Bei der Gebäudeklimatisierung spielen sie gegenwärtig praktisch keine Rolle.
PC
Hochleistungslüfter am PC werden ebenfalls als Kühlturbine bezeichnet.