Jules Jacot-Guillarmod
Jules Jacot-Guillarmod (* 24. Dezember 1868 in La Chaux-de-Fonds; † 5. Juni 1925 auf einem Schiff im Golf von Aden, Jemen) war ein Schweizer Arzt, Alpinist, Expeditionsbergsteiger, Autor und Fotograf.
Leben
Jules Jacot-Guillarmod wuchs in La Chaux-de-Fonds und Saint-Blaise NE auf als Sohn des Tiermalers Jules Guillarmod und der Adèle Emma, geborene Courvoiser. Er studierte Medizin in Zürich und Lausanne. Nach seinem Abschluss etabliert er sich von 1998 bis 1902 als Hausarzt in Corsier GE, von 1904 bis 1910 in Lignières und darauf bis 1912 in St. Blaise. Im Jahre 1907 heiratet er Madeleine Bovet. Ab 1912 leitet er eine psychiatrische Klinik im Schloss von Prilly, das er 1920 erwerben kann, nachdem die Klinik von 1915 bis 1920 in Vennes untergebracht war.
So oft es sein Beruf erlaubt, wandert er mit seinen Freunden vom Schweizer Alpen Club (SAC) in den Alpen und hält zahlreiche Vorträge über seine Besteigungen und Expeditionen und veröffentlicht regelmässig Artikel zu verschiedenen Themen in Schweizer Tageszeitungen und Zeitschriften. Mitglied in verschiedenen Vereinen und Gesellschaften, wird er z. B. 1915–1917 Präsident der Sektion Diablerets des SAC und 1917–1920 auch Präsident des Vereins der Schweizerischen Geographischen Gesellschaften. Es werden ihm verschiedene Ehrungen zuteil: Albert I. von Monaco ernennt ihn auf dem Alpinismus-Kongress von 1920 zum Offizier des Karlsordens und 1925 macht ihn Fouad I. von Ägypten am Internationalen Geographischen Kongress in Kairo zum Grossoffizier des Nilordens. Als Expeditionsarzt nahm er 1902 an einer vom Briten Oscar Eckenstein geleiteten Karakorum-Expedition teil, zusammen mit Aleister Crowley, Guy Knowles und den Österreichern Heinrich Pfannl und Viktor Wesseley. Beim Versuch der Besteigung des K2 erreichte er mit Wesseley am Nordostgrat eine Höhe von ca. 6700 m, zu diesem Zeitpunkt ein neuer Höhenweltrekord.
Erste Besteigungen
Bei einem Ausflug mit Freunden besteigt Jacot-Guillardmod 1889 seinen ersten Berg von 2169 Metern. Anfang 1890, kauft er seinen eigenen Pickel und umwandert den Mont-Blanc. 1893 besteigt er mit einem seiner Professoren und Studenten die Jungfrau, seinen ersten Viertausender. 1897 macht er sich mit zwei Begleitern von Martigny per Fahrrad auf den Weg nach Chamonix und am 14. Juli erreicht er zum ersten Mal und ohne Bergführer den Gipfel. Einige Monate später, auf einem Weiterbildungskurs in Paris, gibt er einen Vortrag darüber im Club Alpin Français (CAF), der ihn daraufhin als Mitglied aufnimmt. Seine Kontakte zu anderen Mitgliedern münden in den ersten Versuch, eine Himalaya-Expedition zu organisieren, der aber aus Mangel an den nötigen Mitteln aufgegeben wird.
Himalaya Expeditionen
Im Jahre 1902 nimmt Jacot-Guillarmod als Arzt an einer vom Engländer Oscar Eckenstein organisierten Expedition zum K2 im Karakorum teil, deren Ziel der Versuch einer Besteigung war. Die anderen Beteiligten sind zwei weitere Engländer, unter ihnen Aleister Crowley, und zwei Österreicher. Nach Ankunft in Bombay am 21. März 1902, durchquert die Gruppe Indien bis nach Askolay und steigt, unter Benutzung der von William Martin Conway erstellten Karten, bis zum Concordia-Platz des Baltoro-Gletschers auf, begleitet von über 150 Trägern. Von dort dringt sie bis zum Fuss des K2 vor, eine bisher unbekannte Gegend. Im Basislager auf 5700 m bleibt die Gruppe aber wetterbedingt fast zwei Monate blockiert. Jacot-Guillarmod macht dort seine ersten Erfahrungen mit der Bergkrankheit: Migräne, Appetitlosigkeit, Übelkeit etc. Es gelingt ihm aber nicht, den Zusammenhang zwischen der Höhe und diesen Symptomen zu erkennen. Am 10. Juli 1902 erkundet er mit einem der Österreicher den Nordostgrat des K2 und erreicht so die Höhe von 6700 m. Das Wetter verschlechtert sich immer mehr und einer der Bergsteiger beginnt am Lungenödem zu leiden. Darauf macht sich die Gruppe auf den Rückweg, diesmal durch den Osten des Kontinents. Von diesem siebenmonatigen Aufenthalt bringt Jacot-Guillarmod gegen tausend Stereo-Photographien diesen wenig oder nicht bekannten Gegenden mit.[1]
Zwei Jahre später organisiert Jacot-Guillarmod selbst eine Expedition, diesmal zum nepalesischen und 8585 m hohen Kangchendzönga in der Nähe des Everest. Ausser zwei Schweizern, gelingt es ihm, auch Aleister Crowley, den er seit 1902 am K2 kennt, zu gewinnen. Für die Zusammenstellung der Expedition in Darjeeling ziehen sie noch einen italienischen Hotelier mit einheimischen Sprachkenntnissen hinzu. Von Darjeeling aus rückt die Gruppe auf der Grenze zwischen Sikkim und Nepal vor. Nach Überwindung des Yalung Chu Tales, erfolgt der Aufstieg über einen steilen Gletscher. Durch eine Lawine verlieren nepalesische Träger und ein Schweizer auf 6700 m Höhe ihr Leben. So bricht die Expedition brutal ab und die Rückkehr durch die Berglandschaft Sikkims findet ohne Crowley statt, der sich nach dem Unglück absetzte.[1]
Andere Expeditionen
Zusammen mit dem Neuenburger Ethnologen George Montandon nahm er 1919 an einer Mission des Internationalen Roten Kreuzes IKRK teil, um nach Sibirien deportierte Kriegsgefangene zu versorgen und ihre Rückführung abzuklären. Vom Fürsten von Monaco wurde er mit dem Orden des heiligen Karl ausgezeichnet.
Er war Mitglied vieler alpinistischer Vereinigungen, u. a. des Schweizer Alpen-Club, des Club Alpin Français, des Akademischen Alpenclubs Zürich, der Groupe de Haute Montagne und Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Geographie, hielt unzählige Vorträge und kämpfte gegen Bahnprojekte auf die Jungfrau, Matterhorn und Diablerets. Am Internationalen Geografenkongress in Kairo ernannte ihn König Fuad I. von Ägypten zum Grand Officer de l’Ordre du Nil. 1925 brach er allein zu einer Afrikadurchquerung von Norden nach Süden auf, musste dieses Vorhaben jedoch wegen einer Erkrankung bereits am Victoriasee abbrechen. Er starb auf einem französischen Postschiff im Golf von Aden am 5. Juni 1925 und wurde in der Hafenstadt Aden begraben.[2]
Fotografischer Nachlass
Rund 1.600 Stereo-Glasplatten von den vier Forschungsreisen bilden den aussergewöhnlichen Grundstein des Fotobestands. Jules Jacot-Guillarmod hat Länder und Landschaften unsterblich gemacht; eine Serie mit dem Titel «Europe» umfasst knapp 2.700 Ansichten: Exkursionen in die Berge (Frankreich und Schweiz), militärische Szenen, Reisen in der Schweiz und Ansichten des Kantons Neuchâtel sowie Aufnahmen der Familie. 100 Glasplatten betreffen seine Hochzeitsreise, die er 1907 nach Konstantinopel unternahm. Zum Bestand gehören auch 120 Autochromplatten mit Schweizer Sujets. Alle diese Platten werden zurzeit digitalisiert. Hierbei sind seine persönlichen Tagebücher (ca. 6.000 Seiten) eine große Hilfe, die in der Bibliothek der Stadt La Chaux-de-Fonds aufbewahrt werden.
Werke
- Journal du 1er janvier 1886 au 27 mai 1925, 74 carnets; Fonds Jacot-Guillarmod, Bibliothèque de la ville de La Chaux-de-Fonds.
- Nouvel an à la cabane Fridolin, L'Écho des Alpes, 1895, p. 117–131
- Au Mont-Blanc, L'Écho des Alpes, 1897, p. 249–268
- Autour de Chanrion, Patrie suisse, n°4, 1897, p. 279–281
- La pellotine chez les aliénés, Thèse de doctorat de Jules Jacot-Guillarmod, Lausanne, 1897
- Album des cabanes du Club Alpin Suisse, Berne, Schmidt & Francke, 1898
- Dans les Alpes de la Suisse primitive, L'Écho des Alpes, 1896, p. 211–217 et 335–345
- Dans l'Himalaya, Suisse libérale, 1902, numéros 107 (9 mai), 108 (10 mai), 121 (26 mai), 122 (27 mai), 158 (8 juillet), 159 (9 juillet), 166 (17 juillet), 167 (18 juillet), 184 (7 août), 209 (5 septembre), 210 (6 septembre), 219 (17 septembre), 220 (18 septembre)
- Un record dans l'Himalaya, Jahrbuch des Schweizer Alpen Club, n°38, 1902–1903, p. 212–227
- Six mois dans l'Himalaya, le Karakorum et l'Hindu-Kush: voyages et explorations aux plus hautes montagnes du monde, Neuchâtel, W. Sandoz, 1904
- Vers le Kangchinjunga (8585 m), Himalaya népalais, Jahrbuch des Schweizer Alpen Club, n°41, 1905–1906, p. 190–205
- Au Mönch (4105 m) par l'arrête nord-ouest, Jahrbuch des Schweizer Alpen Club, n°43, 1907–1908, p. 364–371
- Crampons et piolets, Jahrbuch des Schweizer Alpen Club, n°45, 1909–1910, p. 344–353
- Au Kangchinjunga: voyages et explorations dans l'Himalaya du Sikhim et du Népal, L'Écho des Alpes, 1914, p. 389–406
- À l'assaut des plus hauts sommets du monde, L'Écho des Alpes, 1921, p. 337–350
- Les grottes des Dentaux, Bulletin de la Société vaudoise des sciences naturelles, n°203, 1921, p. 193–204
- Les résultats de l'expédition de l'Everest en 1921, L'Écho des Alpes, 1922, p. 117–120
- Esquisses topographiques du Chogori ou K2 et du Kangchinjunga (Himalaya), Bulletin de la Société neuchâteloise de Géographie, vol. XXXIV, Neuchâtel, 1925, p. 34–37.
Literatur
- Aymon Baud, La haute Asie telle qu'ils l'ont vue. Explorateurs et scientifiques de 1820 à 1940, 2003.
- Charlie Buffet, La folie du K2, 2004.
- Charlie Buffet, Jules Jacot Guillarmond, Pionier am K2: Entdecker und Fotograf im Himalaya, 1902 - 1905, Zürich 2012. ISBN 978-3-906055-02-2
- Marcel Kurz, Fremde Berge, ferne Ziele. Das Werk schweizerischer Forscher und Bergsteiger im Ausland, 1948.
- Louis Seylaz, Jules Jacot Guillarmod, in: Les alpinistes célèbres, Henri de Segogne und Jean Couzy, 1956, S. 123–135.
- Georges Terrier, Jules Jacot Guillarmod, médecin, alpiniste et grand voyageur (1868–1925), in: Biographies neuchâteloises tome 4 (1900–1950), Michel Schlup, 2005, S. 149–153.
- Steve Swenson, Mountain Profile: K2, the Mountaineers' Mountain, Alpinist, 37, 2011–2012, S. 42–46.
Weblinks
- Urban Schertenleib: Jacot-Guillarmod, Jules. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Le fonds photographique de Jules Jacot-Guillarmod à la Bibliothèque de la Ville de La Chaux-de-Fonds (les plaques de verre stéréoscopiques du Propriété Musée de l’Elysée à Lausanne)
- K2,1902 CHESS IN THE HIMALAYAS Ausstellung im Museum Neuchatel
- Tagebuch als Grundlage für ein Buch Charlie Buffet: Pionier am K2 - Jules Jacot Guillarmod. Opulenter Bildband. AS-Verlag, Zürich, 2012. ISBN 978-3-9060-5502-2.
- Altitude: K2 - First Attempt - 1902 Expedition
Einzelnachweise
- Charlie Buffet: Jules Jacot Guillarmod. Pionier am K2. Entdecker und Fotograf im Himalaya 1902–1905. AS Verlag, Zürich 2012.
- Urban Schertenleib: Jules Jacot-Guillarmod. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 7. Februar 2007, abgerufen am 7. Juni 2019.