Johannes Hohlfeld

Johannes Hohlfeld (* 1. Januar 1888 i​n Reichenbrand; † 21. April 1950 i​n Leipzig) w​ar ein bedeutender deutscher Genealoge u​nd Historiker.

Leben

Johannes Hohlfeld w​urde als Sohn d​es Diakons Richard Johannes Hohlfeld u​nd dessen Ehefrau Ida Kathinka, geb. Meißner geboren. Nach dessen Geburt z​og die Familie i​m Jahre 1888 n​ach Elstertrebnitz, w​o der Vater e​ine Stelle a​ls Pfarrer bekam, welche e​r bis 1912 innehatte. Johannes Hohlfeld besuchte v​on 1899 b​is 1907 d​as König-Albert-Gymnasium i​n Leipzig u​nd studierte a​b 1908 a​n der Universität Leipzig u​nd in Wien Geschichtswissenschaften, Germanische u​nd Klassische Philologie u​nd promovierte 1911 z​um Thema „Stadtrechnungen a​ls historische Quellen. Ein Beitrag z​ur Quellenkunde d​es ausgehenden Mittelalters. Dargelegt a​n dem Beispiele d​er Pegauer Stadtrechnungen d​es 14./15. Jahrhunderts“. Während seines Studiums w​urde er 1907 Mitglied d​er Sängerschaft Arion-Altpreußen.[1] Am 1. Januar 1912 w​urde er Assistent d​er „Zentralstelle für Deutsche Personen- u​nd Familiengeschichte“ i​n Leipzig, d​er er v​on 1924 b​is zu seinem Tode 1950 a​ls Geschäftsführer vorstand. Noch h​eute besteht d​iese Einrichtung a​ls Deutsche Zentralstelle für Genealogie. Zudem w​ar er Mitarbeiter d​es Leipziger Verlages Bibliographisches Institut, dessen Festschrift z​um hundertjährigen Bestehen e​r 1926 verfasste.

Leistungen

Unter den schwierigen Bedingungen einer verflachenden „Sippenforschung“ der Nationalsozialisten hielt Johannes Hohlfeld an einer wissenschaftlichen Genealogie fest[2]. Das Reichssippenamt legte eine Akte über „Zweifel an der nationalsozialistischen Gesinnung von Dr. Johannes Hohlfeld“ an. Das NS-Regime unterband 1934 die Neuauflage seiner missliebigen „Deutschen Reichsgeschichte in Dokumenten“. Nach einer kurzen Pause schwenkte Hohlfeld um und biederte sich bei den Nazis an. Als Beweis sei hier ein zeitgenössisches Dokument zitiert:

„Hohlfeld, der noch im Herbst des Jahres 1932 im staatsparteilichen Lager stand, hat, der Konjunktur der nationalsozialistischen Revolution Rechnung tragend, die er »mit heißem Herzen miterlebte« (Bd. 3, S. V), in dem unter dem Pseudonym: 'Johann von Reichenbrand' erschienenen Werke: »Zwanzig Jahre deutsches Ringen« <1932> eine deutsche Geschichte von 1914 bis 1933 geschrieben. Hier erfährt indessen die NSDAP eine wesentlich andere Beurteilung als in seiner »Geschichte des Deutschen Reiches« (1926), wo er ihr »eine rein negative, ätzende Kritik alles Bestehenden, einen gedankenarmen Antisemitismus« vorwarf (S. 751). Jetzt ist aus dem »zugewanderten österreichischen Demagogen Adolf Hitler« der »geschichtlich berufene Führer des neuen Deutschlands« (S. 244) geworden. Wenn Hohlfeld in der Einleitung (S. VII) den Geschichtsschreiber »einen rückwärts gewendeten Propheten« nennt, so kann das aber keinesfalls bedeuten, daß die Beurteilung historischer Ereignisse wie hier von Konjunkturgesichtspunkten aus erfolgen darf.“[3]

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Geschichte des Deutschen Reiches 1871–1924. Hirzel, Leipzig 1924 (2., ergänzte Auflage. ebenda 1926, als: Geschichte des Deutschen Reiches. 1871–1926.).
  • Das Bibliographische Institut. Festschrift zu seiner Jahrhundertfeier. Bibliographisches Institut, Leipzig 1926.
  • Aus Joseph Meyers Wanderjahren. Eine Lebensepisode in Briefen. London 1817–1820. Zur Hundertjahrfeier des Bibliographischen Instituts. Bibliographisches Institut, Leipzig 1926.
  • Genealogie und völkische Frage. In: Vierteljahrsschrift für Politik und Geschichte. Bd. 2, 1929, ZDB-ID 508957-8, S. 131–137.
  • Hundert Jahre Verein der Buchhändler zu Leipzig. Festschrift aus Anlaß des hundertjährigen Bestehens des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Verlag des Vereins der Buchhändler, Leipzig 1933.
  • Leipziger Geschlechter. Stammtafeln, Ahnentafeln und Nachfahrentafeln. 3 Bände. Zentralstelle für deutsche Personen- und Familiengeschichte, Leipzig 1933–1939.
  • als Herausgeber mit Karl Steinmüller und Friedrich Wecken: Deutsche Ahnentafeln. Band 6: als Herausgeber: Deutsche Stammtafeln (= Stamm- und Ahnentafelwerk der Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte. Bd. 16, ZDB-ID 1020455-6). Zentralstelle für deutsche Personen- und Familiengeschichte, Leipzig 1938.
  • Das Geschlecht Oldenburg zur Oldenburg und die Münchener Verlegerfamilie Oldenbourg. Eine Familienchronik über 4 Jahrhunderte. R. Oldenbourg, München 1940.
  • Von der Genealogie zur Sippenkunde. Ein geistesgeschichtlicher Wandel in Deutschland. In: Familiengeschichtliche Blätter. Bd. 42, 1944, ZDB-ID 124255-6, Sp. 1–8.
  • Die deutsche Revolution 1848/49. Grundlagen, Verlauf, Untergang, Fortwirkung. Wunderlich, Leipzig 1948

Literatur

  • Herbert Helbig: Hohlfeld, Johannes. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 9, Duncker & Humblot, Berlin 1972, ISBN 3-428-00190-7, S. 506 (Digitalisat).
  • Klaus Hohlfeld: Johannes Hohlfeld – Leben und Werk. In: Familie und Volk. Zeitschrift für Genealogie und Bevölkerungskunde. Bd. 3, 1954, ISSN 0174-996X, S. 148–150.
  • Harald Lönnecker: Johannes Hohlfeld (1888–1950) – Deutscher Sänger, Genealoge und Politiker. In: Einst und Jetzt. Jahrbuch des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung. Bd. 46, 2001, ISSN 0420-8870, S. 185–226.
  • Harald Lönnecker: Deutsches Lied und Politik. Der Sänger Johannes Hohlfeld (1888–1950) – ein unbekannter Aspekt der Biographie eines bedeutenden deutschen Genealogen. In: Herold-Jahrbuch. NF Bd. 7, 2002, ZDB-ID 184513-5, S. 153–188.
  • Volkmar Weiss: Johannes Hohlfeld (1888–1950). In: Gerald Wiemers (Hrsg.): Sächsische Lebensbilder (= Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte. Bd. 22). Band 5. Verlag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Leipzig 2003, ISBN 3-515-08417-7, S. 247–270.

Einzelnachweise

  1. Paul Meißner (Hrsg.): Alt-Herren-Verzeichnis der Deutschen Sängerschaft. Leipzig 1934, S. 162.
  2. Das Überleben von Hohlfeld als Geschäftsführer der Zentralstelle in den Jahren 1933–1939. In: Volkmar Weiss: Vorgeschichte und Folgen des arischen Ahnenpasses: Zur Geschichte der Genealogie im 20. Jahrhundert. Arnshaugk, Neustadt an der Orla 2013, ISBN 978-3-944064-11-6, S. 192–212.
  3. Hans Volz: Vom Umsturz zur nationalsozialistischen Revolution. 1918–1933. In: Jahresberichte für deutsche Geschichte. Bd. 9/10, 1933/1934 (1936), ISSN 0075-286X, S. 365–392, speziell S. 372
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.