Johann Schnitzler
Johann Schnitzler (* als János Schnitzler am 10. April 1835 in Groß-Kanizsa; † 2. Mai 1893 in Wien) war ein österreichischer Arzt (Laryngologe) und Hochschullehrer. Er war Vater des Arztes und Schriftstellers Arthur Schnitzler.
Leben
Johann Schnitzler, Sohn eines armen Tischlermeisters, studierte an den Universitäten in Budapest und Wien Medizin und wurde 1860 zum Dr. med. promoviert. 1863–67 arbeitete er als Assistent von Johann von Oppolzer und habilitierte sich 1864 für Perkussion und Auskultation sowie für die Krankheiten der Atmungs- und Kreislauforgane. 1872 wurde Schnitzler als Mitbegründer der Allgemeinen Poliklinik Wien Leiter der laryngologischen Abteilung und 1884 ärztlicher Direktor der Klinik[1]. Er blieb dies auch nach Fertigstellung des zur Poliklinik gehörenden, von Andreas Streit geplanten Neugebäudes (Mariannengasse 10/Höfergasse 1, Wien-Alsergrund),[2] bei dessen Eröffnung durch Erzherzog Rainer am 30. Dezember 1892 er die Festansprache hielt.[3]
1878 war Schnitzler zum tit. a. o. Professor, 1880 zum (unbesoldeten) a. o. Professor an der Wiener Universität ernannt worden. Der Wegbereiter der modernen Laryngologie und international anerkannte Kehlkopfspezialist verfasste über 150 Fachartikel und war ein besonders in Bühnenkreisen gefragter Arzt, der damit seinen Sohn Arthur in frühen Kontakt zum Theater brachte. Adolf von Sonnenthal, Charlotte Wolter und viele Sänger der Hofoper ließen sich bei Arthur Schnitzler behandeln, die schon der Großvater mütterlicherseits, der Theaterarzt[Anm. 1] Philipp Markbreiter, als Patienten betreute. 1884 wurde ihm der Dannebrogorden verliehen.[4]
1860–86 war er als Herausgeber der Wiener Medizinal-Halle/Wiener medizinischen Presse[5] mit dem Beiblatt Wiener Klinik[6], ab 1887 als Chefredakteur der Internationalen klinischen Rundschau[7] und Herausgeber von deren Beilage Klinische Zeit- und Streitfragen[8] tätig.
Er war verheiratet mit Louise Ludovica Markbreiter (1840–1911), Tochter des angesehenen jüdischen Mediziners (und Schnitzlers redaktionellem Kollegen) Philipp Markbreiter (1811–1892)[Anm. 2] und dessen Frau Amalia Schey (1815–1884)[9]. Mit ihr hatte er vier Kinder; ältester Sohn war Arthur Schnitzler (1863–1931). Joseph Emil starb kurz nach seiner Geburt, am 26. März 1864. Julius Schnitzler (1865–1939) wurde ebenfalls Arzt und Hochschullehrer. Die Tochter Gisela (1867–1953) heiratete den Arzt Markus Hajek (1861–1941).
Einzelheiten seines Lebens verwendete sein Sohn in dem Schauspiel Professor Bernhardi.
Sein Grab befindet sich auf dem Wiener Zentralfriedhof (Israelitische Abteilung, Tor 1, Gruppe 5 b, Reihe 35, Nr. 83), in dem auch seine Frau bestattet wurde.[10]
Auszeichnungen
- 1883: Ernennung zum Regierungsrat
Werke (Auszug)
- Über Laryngoskopie und Rhinoskopie und ihre Anwendung in der ärztlichen Praxis. Sechs Vorträge, gehalten an der allgemeinen Poliklinik in Wien. Urban & Schwarzenberg, Wien 1879. – Volltext online.
- Klinischer Atlas der Laryngologie nebst Anleitung zur Diagnose und Therapie der Krankheiten des Kehlkopfes und der Luftröhre. (Posthum herausgegeben von Markus Hajek und Arthur Schnitzler). Braumüller, Wien/Leipzig 1895. – Volltext online.
- Beiträge zu Albert Eulenburgs Real-Encyclopädie der gesammten Heilkunde. Erste Auflage.
- Band 8 (1881) (Digitalisat), S. 21–53: Laryngoscopie
Literatur
- Jutta Jacobi: Die Schnitzlers. Eine Familiengeschichte. Residenz, St. Pölten/Salzburg/Wien 2014, ISBN 978-3-7017-3279-1.
- Salomon Wininger: Große jüdische National-Biographie. Mit mehr als 8000 Lebensbeschreibungen namhafter jüdischer Männer und Frauen aller Zeiten und Länder. Ein Nachschlagewerk für das jüdische Volk und dessen Freunde. Band 5: Pereira – Steinhaus. Czernowitz 1931, S. 451.
- Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Band 5: Ru – Z. Nachtrag zu den Bänden 1–4. Kremayr & Scheriau, Wien 1997, ISBN 3-218-00547-7, S. 118.
- Susanne Blumesberger, Michael Doppelhofer, Gabriele Mauthe: Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert. Band 3: S–Z, Register. Hrsg. von der Österreichischen Nationalbibliothek. Saur, München 2002, ISBN 3-598-11545-8, S. 1222.
- Julius Leopold Pagel: Schnitzler, Johann. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 54, Duncker & Humblot, Leipzig 1908, S. 137.
- Gabriela Schmidt: Schnitzler, Johann. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 334 f. (Digitalisat).
- E. H. Majer: Johann Schnitzler. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 10, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1994, ISBN 3-7001-2186-5, S. 410 f. (Direktlinks auf S. 410, S. 411).
Weblinks
- Johann Schnitzler im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
Einzelnachweise
- Karl Heinz Tragl: Chronik der Wiener Krankenanstalten. Böhlau, Wien (u. a.) 2007, ISBN 978-3-205-77595-9, S. 288. – Online.
- Die allgemeine Poliklinik in Wien. (Das Neugebäude). In: Extrapost, Nr. 511/1891 (X. Jahrgang), 2. November 1891, S. 1 f. (online bei ANNO). .
- Die Eröffnung der neuen Poliklinik. In: Neue Freie Presse, Abendblatt, Nr. 10184/1892, 30. Dezember 1892, S. 2 f. (online bei ANNO). .
- ANNO, Wiener Allgemeine Zeitung, 1884-10-10, Seite 17. Abgerufen am 27. September 2019.
- ZDB-ID 506683-9.
- ZDB-ID 506686-4.
- ISSN 1010-9293.
- ZDB-ID 553596-7.
- (Parte:) Todes-Anzeige. (…) Amalia Markbreiter, geb. Schey. In: Neue Freie Presse, Morgenblatt, Nr. 7213/1884, 25. September 1884, S. 13, oben links. (online bei ANNO). .
- Hedwig Abraham: Dr. Johann Schnitzler. In: viennatouristguide.at, abgerufen am 8. Juni 2013.
Anmerkungen
- Dieser Begriff dürfte einerseits auf die Klientel des Arztes abstellen, andererseits auf den Umstand, dass Markbreiter (vor dem Umzug in die Zirkusgasse 2, Wien-Leopoldstadt) mit seiner Familie in einer Wohnung im Gebäude des Carltheaters lebte, wo schon Nestroy logiert hatte. – Siehe: Renate Wagner: Arthur Schnitzler in Währing. Eine wienerische Topographie. In: der-neue-merker.eu, abgerufen am 8. Juni 2013.
- Philipp Markbreiter (unter anderem ein leidenschaftlicher Spieler, der dadurch ein Vermögen verlor) schätzte, und mit ihm sein Enkel Arthur Schnitzler, insbesondere die Sommeraufenthalte in Baden bei Wien. Am 13. Juli 1892 verstarb er im (heute noch bestehenden) Badener Hotel Herzoghof, wo er schon 1891 mit einer Krankenpflegerin geweilt hatte. – Siehe: Hildegard Hnatek: Viel Licht und starker Schatten. Arthur Schnitzler in Baden (1862–1931). In: Rudolf Maurer: Badener Zuckerln. Aus der Arbeit des Stadtarchivs. Heft 17. Rollettmuseum, Baden (2000), S. 1 – Volltext online (PDF; 210 kB), abgerufen am 8. Juni 2013, sowie
Irina Isabel Yasmin Weingartner: Der „Reigen“ von Arthur Schnitzler im Kontext der Schnitzlertradition „Spiele der Zeitenwende“ in Baden bei Wien am Beispiel einer Inszenierung von Franz Schiefer im Jahr 2008. Diplomarbeit. Universität Wien, Wien 2012, S. 14. – Volltext online (PDF; 1,7 MB).