Johann Schaeuble
Johann Joseph Eugen Schaeuble[1] (* 25. September 1904 in Kuppenheim; † 26. November 1968 in Kiel) war ein deutscher Anthropologe, Erbbiologe und Hochschullehrer.
Leben
Schaeuble beendete seine Schullaufbahn am humanistischen Gymnasium in Rastatt. Anschließend absolvierte er ein Studium der Medizin und Anthropologie an den Universitäten Heidelberg, Zürich, Kiel, Freiburg und Berlin.[1] Er wechselte schließlich zu seinem Lehrer Eugen Fischer an das Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik und bereitete dort nach Studienabschluss 1931/32 als Doktorand seine Dissertation vor. 1933 wurde er bei Fischer zum Dr. phil. promoviert und war weiterhin am KWI für Anthropologie als Hilfsassistent tätig.[2] Von November 1934 bis September 1935 folgte ein mehrmonatiger Forschungsaufenthalt im Araukanergebiet im südlichen Chile, wo er an Einwohnern anthropologische Untersuchungen vornahm.[3] 1936 wurde er Assistent am Psychotechnischen Laboratorium der Wehrmacht.[2]
Im Zuge der Machtübergabe an die Nationalsozialisten trat er 1933 der SA bei und wurde in dieser NS-Organisation Dozent für Rassenlehre. Der NSDAP trat er 1937 bei.[2] Seit 1937 war Schaeuble mit Ursula, geborene May, verheiratet. Das Paar bekam zwei Töchter und einen Sohn.[4]
Anfang April 1937 wechselte Schaeuble an die Universität Freiburg im Breisgau, wo er als Assistent am Anatomischen Institut tätig war und einen Lehrauftrag für Anthropologie hatte.[5][6] 1939 habilitierte er sich an der Universität Freiburg im Breisgau und wirkte dort ab 1940 als Dozent und Leiter der erb- und rassenbiologischen Abteilung des Anatomischen Instituts. Des Weiteren wurde er 1940 zum Dr. med. promoviert. Im Dezember 1942 wurde er Mitarbeiter bei der Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe e. V. Zudem fungierte er als staatlich anerkannter Rassengutachter. Eine 1944 von Karl Brandt gewünschte Besetzung des Lehrstuhls für Rassenhygiene an der Albertus-Universität Königsberg mit Schaeuble kam nicht zustande.[2]
Nach Kriegsende schied Schaeuble auf Weisung der französischen Militäradministration Ende September 1945 wegen seiner Mitgliedschaft in NS-Organisationen aus dem Hochschuldienst aus.[7] Gegen seine im Rahmen der Entnazifizierung vorgenommene Einstufung als Mitläufer nach einem Spruchkammerverfahren wurde durch die Militärregierung Einspruch erhoben, die Spruchkammer hielt ihr Urteil dennoch aufrecht.[8] Bis Anfang 1951 war er mit einem Lehrverbot belegt, konnte jedoch ab April 1946 Vaterschaftsgutachten vornehmen.[7]
Danach war er zunächst als Dozent, dann ab 1952 als außerplanmäßiger Professor und 1956 als außerordentlicher Professor und schließlich von 1957 bis zu seinem Tod als ordentlicher Professor für Anthropologie sowie als Direktor des Instituts für Anthropologie an der Universität Kiel tätig. Seit 1957 gab er die Zeitschrift für Morphologie und Anthropologie heraus.[2]
Schaeubles Forschungsschwerpunkt lag auf Untersuchungen zu „Einflüssen von Erbfaktoren auf die Umwelt, mit der Rassengeschichte der Hethiter und populationsgenetischen Fragen in Verbindung mit serologischen Merkmalen“.[9]
Schriften
- Die Entstehung der palmaren digitalen Triradien: Ein Beitr. zur Entwicklungsgeschichte d. Hautleistenzüge d. distalen Palma. In: Zeitschrift f. Morphologie u. Anthropologie. Bd. 31, H. 3, Schweizerbart, Stuttgart 1933 (zugleich Phil. Diss. an der Universität Berlin).
- Wachstumsstudien an Mischlingskindern aus Concepción (Südchile), Lengerich (Westf.) 1940 (zugleich Med. Diss. an der Universität Freiburg i. B.).
- Eine rassenbiologische Vergleichsuntersuchungen an Schwarzwäldern aus Hotzenwald und rumänischem Banat, Albert, Freiburg i. B. 1941 (zugleich Naturwiss.-math. Hab.-Schr. an der Universität Freiburg i. B., 1939).
- Zur geographischen und sozialen Verteilung einiger anthropologischer Körpermerkmale in Freiburg (Breisgau) und Umkreis. In: Zeitschrift f. Morphologie u. Anthropologie. Bd. 46 (1954), H. 1. S. 57–103
Literatur
- Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8.
- Niels C. Lösch: Rasse als Konstrukt: Leben und Werk Eugen Fischers. Lang, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-631-31746-8. (nicht ausgewertet)
- Matthias Maier: Johann Schaeuble (1904 – 1968) – Dozent für Erb- und Rassenbiologie an der Universität Freiburg 1937. Harmloser Wissenschaftler oder „des Teufels“ Rassenforscher? Mit einem Zeitzeugenbericht von Werner Kohler (*1934). Verlag für Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2021, ISBN 978-3-95505-248-5.
- Hans-Walter Schmuhl: Grenzüberschreitungen. Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik 1927–1945. Reihe: Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus, 9. Wallstein, Göttingen 2005, ISBN 3-89244-799-3.
Weblinks
Einzelnachweise
- John Turkevich; Ludmilla Buketoff Turkevich: Prominent scientists of continental Europe, American Elsevier Pub. Co., New York 1968, S. 97
- Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 525
- Archiv für Völkerkunde, Bände 1–2, W. Braumüller, 1946, S. 89
- Wer ist wer?: Das Deutsche who's who, Band 15, Arani, 1967, S. 1678
- Uwe Hoßfeld: Geschichte der biologischen Anthropologie in Deutschland. Von den Anfängen bis in die Nachkriegszeit, Stuttgart 2005, S. 222f.
- Anthropologischer Anzeiger, Band 33, 1972, S. 155
- Silke Seemann: Die politischen Säuberungen des Lehrkörpers der Freiburger Universität nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges (1945–1957). Entnazifizierung: Rasch wieder in Amt und Würden. In: Rombach Wissenschaften, Reihe Historiae. 14, Rombach Verlag, Freiburg im Breisgau 2002, S. 80f.
- Silke Seemann: Die politischen Säuberungen des Lehrkörpers der Freiburger Universität nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges (1945–1957). Entnazifizierung: Rasch wieder in Amt und Würden. In: Rombach Wissenschaften, Reihe Historiae. 14, Rombach Verlag, Freiburg im Breisgau 2002, S. 286
- Rudolf Vierhaus: Deutsche Biografische Enzyklopädie, Poethen-Schlüter, 2. überarbeitete Auflage, K.G. Saur Verlag, 2007, S. 747