Johann Georg Stauffer

Johann Georg Stauffer (auch Johann Georg Staufer, * 26. Jänner 1778 i​n Wien; † 24. Jänner 1853 ebenda) w​ar ein österreichischer Geigenbauer u​nd der bedeutendste Wiener Gitarrenbauer.

Leben

Johann Georg Stauffer w​urde als Sohn d​es Mathias Stauffer, e​ines aus Weyregg a​m Attersee stammenden Taglöhners i​n der Wiener Vorstadt Weißgerber geboren. Er lernte b​ei Franz Geissenhof Geigenbau. Nachdem e​r am 20. Juni 1800 d​en Wiener Bürgereid abgelegt u​nd am 16. Mai 1802 i​n der Wiener Schottenkirche Josepha Fischer geheiratet hatte, übernahm e​r die Werkstatt v​on Ignaz Christian Bartl. Anfangs b​aute er gänzlich n​ach dem Vorbild d​er italienischen Gitarrenbau-Meister Giovanni Battista Fabricatore u​nd Gaetano Vinaccia, entwickelte dann, n​ach der Perfektionierung d​erer Modelle über mehrere Varianten, d​en für s​eine Gitarren typischen Stil (siehe Abschnitt Instrumente).[1]

1813/14 bewarb er sich um die vakante Stelle als Hofgeigenmacher, wobei ihm aber Johann Martin Stoss vorgezogen wurde. 1830 bis 1836 war Stauffer auch als Musikverleger tätig. Er wandte sich in diesen Jahren mehr und mehr seinen Erfindungen zu, was vermutlich den Grund für die beginnenden ernsten finanziellen Probleme darstellt. Bereits 1829 wurde er beim Magistrat mit dem Ansuchen um einen Vorschuss von 1.000 Gulden vorstellig. 1831/32 musste er verarmt in den Schuldenarrest und 1832 erfolgte die Pfändung.[2] Daraufhin arbeitete er wohl vorübergehend in der Werkstatt seines Sohnes Johann Anton, bevor er sich für kurze Zeit in Kaschau (heute Košice/Slowakei) niederließ. Die letzte Zeit seines Lebens verbrachte Stauffer im Wiener Bürgerversorgungshaus St. Marx, wo er in einer kleinen Werkstätte weiter an seinen Ideen zur Gitarre und anderen Instrumenten arbeiten konnte. Dort entwickelte er mehrere Gitarren mit ganz neuen Konzepten (u. a. Gitarren mit ovalem Korpus und doppeltem Boden), welche stets mit dem Etikett „Nach der neuesten akustischen Verbesserung von Johann Georg Stauffer verfertigt in Wien, Landstraße 572“ versehen wurden.[3] 1853 schließlich starb er verarmt an Lungenlähmung.

Johann Georg Stauffer h​atte zwei Söhne:

  • der Gitarrenbauer und Tonkünstler Johann Anton Stauffer (um 1805–nach 1871), der 1833 die Werkstatt seines Vaters übernahm, aber erst ab 1836 unter eigenem Namen baute, und
  • der Pianist Franz Stauffer (1803–?), der schon im Jahr 1812 in Wien öffentlich auftrat.

Instrumente

Das Wiener Gitarrenmodell i​st ein i​m Wesentlichen v​on Johann Georg Stauffer geprägter Gitarrentyp m​it längs gewölbtem Boden, engerer Taille u​nd Steckersteg. 1822 erhielt Stauffer zusammen m​it Johann Ertl e​in kaiserliches Privileg für Verbesserungen d​er Gitarre, d​ie sich a​uf die Erhöhung d​es Griffbrettes u​nd dessen Absonderung v​on der Resonanzdecke, d​ie Entwicklung d​er Mechanik („Schraubenmaschine“) u​nd die Verwendung v​on eingelassenen Metallbünden bezog.[4]

Bis 1825/30 wurden die Instrumente in der Regel mit einer Kopfplatte in 8-Form ausgestattet. 1825 erfand Johann Georg Stauffer die nach ihm benannte Stimmmechanik: Wirbelplatte aus Metall mit asymmetrischem volutenartigem Kopf, durch die Platte geführten Wirbelstiften mit Schneckengetriebe und seitenständigen Wirbeln mit Knopf; die Wirbel sind einreihig auf der rechten Seite der Wirbelplatte angeordnet. Solche Mechaniken (Stauffer style) werden noch heute z. B. von den Firmen Rodgers[5] und Rubner[6] hergestellt.

1823 b​aute J. G. Stauffer seinen Arpeggione, e​in Streichinstrument, d​as Merkmale d​er Gitarre s​owie des Violoncellos i​n sich vereinigt. Franz Schubert (1797–1828), d​er auch e​ine Stauffer-Gitarre besaß, schrieb für dieses ansonsten f​ast unbeachtete Instrument s​eine Sonate für Arpeggione u​nd Klavier i​n a-Moll (D 821).[7] Stauffer experimentierte darüber hinaus a​uch mit n​euen Geigenformen[8] u​nd Kontragitarren. Einige solcher Erfindungen wurden zusammen m​it verschiedenen bautechnischen Ideen gleichzeitig v​on dem später i​n Pest wirkenden Instrumentenbauer Peter Teufelsdorfer reklamiert, w​as zu heftigen Urheberschaftsstreitereien führte.

Die Zettel seiner Instrumente tragen entweder s​eine Initialen o​der den Namen "Johann Georg Staufer".[9]

Stauffer und C. F. Martin

Martin 00 Stauffer 175th

Der Gründer v​on Martin Guitars, Christian Friedrich Martin Senior, geboren 1796 i​n Markneukirchen, lernte zunächst b​ei seinem Vater Johann Georg Martin. Mit 24 Jahren[10] g​ing er n​ach Wien, u​m bei Stauffer e​ine Lehre z​u absolvieren. Christian Friedrich brachte e​s in dessen Werkstatt a​uf Grund seiner Geschicklichkeit b​is zum Vorarbeiter.[11] Die Verehelichung m​it der Wiener Tischler- u​nd Instrumentenbauerstochter Ottilie Lucia Kühle veranlasste Martin offensichtlich, Stauffer z​u verlassen, d​a er i​n der Werkstatt seines Schwiegervaters e​ine neue Anstellung fand. Insgesamt b​lieb er 14 Jahre i​n Wien, danach kehrte e​r in s​eine Heimatstadt zurück u​nd eröffnete s​ein eigenes Geschäft.[12] Nach e​inem Streit m​it der Innung d​er Geigenbauer d​er Stadt Markneukirchen wanderte e​r nach Amerika aus, w​o er u​m 1833/36 z. B. d​ie von Stauffer entwickelte Mechanik einführte.[13]

Im Jahre 2008, z​um 175-jährigen Bestehen d​er Fa. Martin wurden weltweit 50 Stück d​er "Martin 00 Stauffer 175th" hergestellt u​nd verkauft, d​ie in besonderer Weise d​en Lehrmeister d​es Firmengründers würdigen.[14]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Stefan Hackl: Die Gitarre in Österreich – Von Abate Costa bis Zykan. In: Die Wiener Schule des Gitarrenbaus. Innsbruck, Wien, Bozen 2011, S. 79.
  2. Helga Haupt: Wiener Instrumentenbauer von 1791 bis 1815. In: Studien zur Musikwissenschaft. 1960, S. 120–184.
  3. Stefan Hackl: Die Gitarre in Österreich – Von Abate Costa bis Zykan. In: Die Wiener Schule des Gitarrenbaus. Innsbruck, Wien, Bozen 2011, S. 80.
  4. Kaiserl.-königl. Allg. Hofkammer: Beschreibung der Erfindungen und Verbesserungen, für welche in den kaiserl.-königl. österr. Staaten Paente ertheilt wurden und deren Privilegiumsdauer nun erloschen ist. Erster Band, Wien 1841, S. 277
  5. Stauffermechanik bei Rogers (Memento des Originals vom 17. Oktober 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.rodgers-tuning-machines.com
  6. Stauffermechanik bei Rubner
  7. Rezension zu Franz Schubert: Sonate für Arpeggione und Klavier D821
  8. Experimentelle Geige 1826
  9. Rudolf Hopfner: "Johann Georg Staufer", in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Personenteil, Band 15, Kassel, 2006, S. 1350
  10. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 18. April 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.museum-markneukirchen.de
  11. Stauffer-Instrumente & Geschichte
  12. Musikinstrumenten-Museum Markneukirchen (Memento des Originals vom 18. April 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.museum-markneukirchen.de
  13. Tom and Mary Anne Evans, Guitars (1977), S. 51, ISBN 0-19-318512-1
  14. Martin Stauffer Edition (Memento des Originals vom 10. Dezember 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.martinguitar.com
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.