Johann Christoph Winters
Johann Christoph Winters (* 23. November 1772 in Bonn; † 5. August 1862 in Köln) war ein Schneider aus Bonn und der Begründer des Hänneschen-Theater in Köln.
Leben
Johann Christoph Winters erlernte das Schneiderhandwerk in Bonn und erhielt am 24. Juli 1798 den Gesellenbrief. Seine Wanderjahre als Schneidergeselle führten ihn nach Antwerpen, wo er das flämische Puppenspiel kennenlernte. Um die Jahrhundertwende kam er nach Köln. Dort heiratete er am 22. Juni 1800 Elisabeth Thierry („Lisette“ genannt), die Tochter eines Kölner Kaufmanns. In Köln sesshaft geworden, finanzierte Johann Christoph Winters seinen Lebensunterhalt in den Sommermonaten mit Maler- und Anstreicherarbeiten. In den Wintermonaten versuchte sich Winters im Puppenspiel für kleine Kinder.[1]
Im Jahre 1803 beantragte Johann Christoph Winters beim Kölner Maire (Oberbürgermeister) Johann Jakob von Wittgenstein die Erlaubnis „ein Krippenspiel für kleine Kinder anzustellen“. Er hoffte so „wegen Abgang anderen Verdienstes hiermit auf redliche Art sein Brot zu gewinnen“ und berief sich dabei auf eine Vorjahresgenehmigung. Folglich wird die Gründung des Hänneschen-Theaters auf das Jahr 1802 datiert. Da die Konzession nur für einen Winter gewährt wurde, stellte Winters jeden Winter erneut einen Antrag auf Spielgenehmigung.[1]
„...habe ich ein schönes eingerichtetes Bobbenspiel, welches allen Menschen wohl gefällt, weil ich auf keine einzige verführerische Art, kein Mensch mit meinem Spiel, beleidige, weil ich vor alle unartige anständt besorget bin, denn mein Spielhaus ist wohl mit Licht versehen und auch zwei aufmerksamen Männern, welche gute Subordination beibehalten. Dieses Spiel ist eine gute Erfindung für mich, weil ich in dem betrübeten Winter meine Frau samet der drey Kinderen nothdürftig ernähren kann. Übrig ist davon nichts, da der Eingang nur ein Stüber ist.“
Das erste feste Haus als Spielstätte für sein Stockpuppentheater bezog er 1804 in der Mauthgasse in der Kölner Altstadt. In den nachfolgenden Jahren wechselten die Spielstätten häufig, vornehmlich zwischen Pferdeställen und Lagerräumen, blieb jedoch stets im Bereich der Kölner Altstadt und wurde nie zur Wanderbühne.[2][3]
Winters hatte trotz häufig wechselnder Spielstätten von Anfang an Erfolg. In den 1820er Jahren wurden Stücke wie Die Wahl oder der neue Bürgermeister, Die Kunst, alte Weiber jung zu machen, Der Rülbs oder der betrunkene Bauer, Die Belagerung der Marienburg oder Der Jud im Weinfass aufgeführt.[3] Johann Christoph Winters griff mit seinem Spiel die tagesaktuellen Ereignisse mit parodierendem Spott nach dem Motto: „Wat morgens passeet kütt ovends op et Tapeet“ auf.[4]
Mit wachsender Beliebtheit des Theaters wuchs auch die Akzeptanz in den Kreisen des Kölner Bildungsbürgertums; so haben der Kunstsammler Matthias Joseph de Noël und der Universitätsdirektor Ferdinand Franz Wallraf auch Stücke für das Theater geschrieben.[1]
Johann Christoph Winters schuf für seine Geschichten zahlreiche Charaktere, wobei Tünnes und Schäl heute zu den Kölschen Originalen gehören. Während die Figur des Tünnes bereits seit 1803 zum Ensemble des Theaters gehört, ist die Figur des Schäl erst seit den 1850er Jahren Teil des Hänneschen-Theater. Die Figur des Schäl ist wohl als Persiflage auf den innerstädtischen Puppenspielkonkurrenten von der Schäl Sick Franz Andreas Millewitsch[5] entstanden, der 1843 in Deutz ebenfalls ein Puppentheater eröffnete. Trotz der abweichenden Schreibweise handelt es sich bei diesem um einen direkten Vorfahren des bekannten Volksschauspielers Willy Millowitsch. Das Hänneschen, das zunächst nur als Intermezzo-Figur in den Krippenspielen auftrat, gilt heute als Protagonist und Identifikationsfigur des Theaters. Johann Christoph Winters und seine Frau Lisette spielten die Charaktere der Großeltern Besteva und Bestemo selbst.[1] Winters pries selbst das in der Kölner Bevölkerung beliebte Volkstheater als Kölsches Nationatheater an.[6]
Seit dem ersten Kölner Rosenmontagszug 1823 ist das Ensemble des Hänneschen-Theater dem Karneval eng verbunden, sowohl beim Karnevalszug selber als auch in der alljährlichen Puppensitzung, einer Persiflage auf den Sitzungskarneval.[1]
Obwohl sich das Hänneschen-Theater in der Kölner Bevölkerung großer Beliebtheit erfreute, lebte Johann Christoph Winters und seine Frau in ärmlichen Verhältnissen und nahmen an den jährlichen Armenspeisungen des Bürger-Comitees teil. Johann Christoph Winters starb am 5. August 1862 und wurde in einem Armengrab auf dem Kölner Melaten-Friedhof beerdigt.[1]
Nach dem Tode Winters, führte zunächst der Steinhauer Peter Josef Klotz (* 1830 in Mainz), der seit 19. September 1849 mit einer Enkelin Winters verheiratet war, das Theater weiter. Als Peter Josef Klotz im selben Jahr starb setzte seine Witwe den Spielbetrieb an wechselnden Spielorten weiter fort. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das Hänneschen-Theater fester Bestandteil des Kölner Kulturlebens; zahlreiche Industrielle, wie Max von Guilleaume unterstützten die Puppenbühne großzügig mit finanziellen Zuwendungen. Unter der Schirmherrschaft des Kölner Oberbürgermeisters Max Wallraf und mit Unterstützung durch die Geschichtsvereine Heimatverein Alt-Köln und den Kölnischen Geschichtsverein wurde 1912 ein Ausschuss zur Förderung des Hänneschen-Theaters gegründet. Im Oktober 1913 konnte mit Hilfe der Unterstützung des Ausschusses und der Vereine zwei Stücke von Wilhelm Räderscheidt – Et Gespens beim Mählwurms Pitter und Hännesje on d´r Duud aufgeführt werden. Nach dem Tode des letzten Familienmitgliedes im Jahre 1919 wurde das Theater geschlossen.[1]
Auf Bestreben von Konrad Adenauer und Carl Niessen gründete sich 1925 eine Kommission zur Wiederbelebung der Kölner Puppenspiele, dank der am 9. Oktober 1926 das Theater unter der Trägerschaft der Stadt als Puppenspiele der Stadt Köln,[7][1] im Rubenshaus, in der Sternengasse 10 wieder eröffnet wurde. In diesem Haus verbrachte der Maler Peter Paul Rubens seine Kindheit und im Jahre 1642 verstarb dort die französische Ex-Königin Maria von Medici.[3] Seit dem 29. Juli 1938[8] befindet sich das Hänneschen-Theater, mit einigen Unterbrechungen in der Kriegs- und Nachkriegszeit, am Eisenmarkt in der Kölner Altstadt.
Im Oktober 1991 wurde der Kölner Schule für Kinder- und Jugendliche mit somatischen und psychischen Erkrankungen, im Beisein des Oberbürgermeisters Norbert Burger, der Name „Johann-Christoph-Winters-Schule“ verliehen. Auf Initiative von Wolfgang Oelsner dem damaligen Direktor schuf, anlässlich des 200-jährigen Bestehens des Hänneschen-Theater im Jahre 2002, der Bildhauer Stefan Kaiser (* 1956) ein Gedenkmal Johann Christoph Winters auf dem Kölner Melaten-Friedhof.[4]
Literatur
- Ulrich S. Soénius, Jürgen Wilhelm (Hrsg.): Kölner Personen Lexikon. Greven Verlag, Köln 2008, ISBN 978-3-7743-0400-0, S. 583–584.
- Werner Jung: Das Neuzeitliche Köln. 2. Auflage. J.P. Bachem Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-7616-1590-4, S. 225–228.
- Max-Leo Schwering: Handwerk in Köln. 1. Auflage. (Hrsg.) Kreishandwerkerschaft Köln, Köln 1984, S. 312.
- Max-Leo Schwering: Das Kölner „Hänneschen“-Theater: Geschichte u. Deutung. 1. Auflage. J.P. Bachem Verlag, Köln 1982, ISBN 3-7616-0642-7, S. 167.
Weblinks
- Johann Christoph Winters in der Kölsch-Wikipedia
- Üwer uns - Geschichte. haenneschen.de
- Johann Christoph Winters – Denkmal in Köln. denkmalplatz.de
- Schule für Kranke, Johann-Christoph-Winters-Schule. stadt-koeln.de
Einzelnachweise
- Johann Christoph Winters. epoche-napoleon.net; abgerufen am 24. August 2015.
- Ulrich S. Soénius, Jürgen Wilhelm (Hrsg.): Kölner Personen Lexikon. Greven Verlag, Köln 2008, ISBN 978-3-7743-0400-0, S. 583–584.
- Werner Jung: Das Neuzeitliche Köln. 2. Auflage. J.P. Bachem Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-7616-1590-4, S. 225–228.
- Johann Christoph Winters Schule (Lindenburger Allee) - Namensgeber, abgerufen am 24. August 2015.
- Frauke Kemmerling, Monika Salchert: Mieh Hätz wie Holz: neue Erkenntnisse, alte Tradition – immerwährende Sehnsucht: 200 Jahre – Kölsch Hännesche. 1. Auflage. Emons, Köln 2002, ISBN 978-3-89705-237-6, S. 107.
- Gérard Schmidt: Kölsche Stars. Wienand, Köln 1992, ISBN 3-87909-286-9, S. 19 f.
- Richard Weber: Niessen, Carl. In: Neue Deutsche Biographie. 19 (1999), S. 241–243. (Onlinefassung), abgerufen am 26. August 2015.
- Carl Dietmar, Werner Jung: Köln. Die große Stadtgeschichte. 1. Auflage. Klartext, Essen 2015, ISBN 978-3-8375-1487-2, S. 412.