Johann Beck (Missionar)
Johann Beck (* 7. Juni 1706 in Kreuzendorf, Herzogtum Jägerndorf; † 19. März 1777 in Lichtenfels, Grönland) war ein Missionar der Herrnhuter Brüdergemeine.
Jugend im Herzogtum Jägerndorf
Johann Becks Familiengeschichte spielt vor dem Hintergrund der Rekatholisierung Schlesiens. Der Großvater Jacob Beck wohnte in Gotsdorf bei Jägerndorf. Er wurde wegen seines evangelischen Glaubens inhaftiert und misshandelt; bald darauf starb er an den Folgen. Die Witwe zog mit den Kindern nach Leobschütz. Zwar blieb sie selbst evangelisch, konnte aber nicht den Übertritt ihrer beiden Söhne zur römisch-katholischen Kirche verhindern. Caspar Beck, Johann Becks Vater, näherte sich als Erwachsener wieder dem evangelischen Glauben an und traf sich mit Gleichgesinnten zum Studium der Bibel.
Johann Beck wurde Kutscher eines katholischen Priesters in Kreuzendorf. In dieser Zeit hatte er nach eigenen Angaben ein religiöses Erlebnis, das er als eine Lebenswende beschrieb. Da er sich mit Gleichgesinnten traf und Wirtshäuser mied, fiel seine veränderte Lebenseinstellung auf, und er wurde 1732 in Stippau inhaftiert und verhört. Der katholische Priester, sein Arbeitgeber, versuchte vergeblich, die Situation zu entschärfen. Beck kam in den Kerker. Gemeinsam mit einem Gefährten, den das gleiche Schicksal getroffen hatte, gelang die Flucht aus Stippau. Zwar verloren die Verfolger ihre Spur, aber die beiden entflohenen Häftlinge irrten mittel- und orientierungslos umher. So trafen die beiden am 31. Mai 1732 in Herrnhut ein, wo sie freundlich aufgenommen wurden.
Aussendung als Herrnhuter Missionar
In Herrnhut lernte Johann Beck Nikolaus Ludwig von Zinzendorf kennen und erlebte die Aussendung der ersten Missionare nach Grönland mit. Christian David bereitete Beck darauf vor, dass auch er in absehbarer Zeit nach Grönland entsendet würde; eine besondere Ausbildung dafür gab es nicht. Beck besuchte 1733 noch einmal Eltern und Familie und reiste am 10. März 1734 gemeinsam mit dem Missionar Friedrich Böhnisch aus Herrnhut ab. In Kopenhagen bestiegen sie ein Schiff, das zur grönländischen Kolonie Christianshaab fuhr. Am 8. August trafen sie in Neu-Herrnhut ein. Die dortige Gruppe von Missionaren (Christian David, Christian Stach und Paul Egede) war mit dem Erlernen der grönländischen Sprache beschäftigt. Da Stach und David nur Texte ablesen konnten, aber Grönländisch nicht aktiv beherrschten, waren ihren Missionsbemühungen Grenzen gesetzt. Beide planten ihre Abreise aus Grönland.
Anfänge der Herrnhuter Grönlandmission
Johann Beck gehörte nun zu der Gruppe, die auf jeden Fall in Grönland bleiben wollte und bereit war, die Sprache von Grund auf zu lernen. Im Jahr 1735 blieb die Lebensmittellieferung von Kopenhagen aus, und die Missionare lebten kärglich von Muscheln und Seegras. In dieser Notlage schlossen sie engere Bekanntschaft mit einem Grönländer, der sie mit Seehundfleisch versorgte. Die übrigen Grönländer begegneten ihnen mit Ablehnung. Im Mai 1736 traf ein holländisches Schiff mit Briefen und Proviant ein. Im Juni 1736 legte ein dänisches Schiff in Godthaab an, auf dem sich einige Herrnhuterinnen befanden, die den Missionaren den Haushalt führen sollten. Auch sie lernten die Landessprache, um unter den grönländischen Frauen missionieren zu können. Johann Beck heiratete im gleichen Jahr Rosina, die Schwester des Missionars Matthäus Stach.
Johann Beck als Angekok
Beck hatte Fortschritte in der grönländischen Sprache gemacht und fing an, Texte aus der Bibel zu übersetzen. Er konnte jetzt auch Gespräche mit Grönländern führen, ließ sich Schöpfungsmythen erzählen und versuchte, mit der christlichen Tradition des Schöpfergottes daran anzuknüpfen – mit unterschiedlichem Erfolg. Als er aber auf Jesus, den Heiland, zu sprechen kam, tat er das in emotionaler Weise und unter Tränen. Die Missionswissenschaftlerin Thea Olsthoorn vermutet: Die Zuhörer nahmen Becks Erregung wahr, und da sie generell bereit gewesen seien, in den Herrnhutern Schamanen (Angekok, Angakkuit) zu sehen, sei das veränderte Verhalten des Missionars als eine Art Ekstase für sie verständlich gewesen. Auch dass Beck zufällig mit einer Vermutung über zukünftiges Jagdglück Recht behielt, habe seinen Ruf als Wahrsager gefestigt.[1]
Die „Erstlinge“
Lange war die grönländische Bevölkerung an der Herrnhuter Verkündigung uninteressiert. Nach vielen fehlgeschlagenen Versuchen der Kontaktaufnahme lernten sie einen Grönländer namens Kajarnak kennen und über diesen dann auch seine Familie, so dass sich eine ganze Gruppe von Grönländern in Neu-Herrnhut niederließ und für die Kinder eine Schule eingerichtet werden sollte, deren Sinn sich den Eltern allerdings nicht erschloss. Kajarnak empfing am 30. März 1739 mit seiner Familie die Taufe. Er hieß nun Samuel, seine Frau Anna, der Sohn Matthäus und die Tochter Anna. Die Missionare waren froh, nach fünfjähriger Tätigkeit die „Erstlinge“ bekehrt zu haben; allerdings verließ Samuel bald darauf mit Familie fluchtartig Neu-Herrnhut, weil sein Schwager überfallen und ermordet worden war. Nach einiger Zeit kehrten die grönländischen Christen wieder zur Kolonie zurück. Samuel Kajarnak war der erste, der auf dem neu angelegten Friedhof beerdigt wurde. Er ist auf dem Herrnhuter Erstlingsbild dargestellt.
Veränderte Missionsstrategie
Im Jahr 1740 beschlossen die Missionare, ihre Vorgehensweise zu ändern. Anstatt Einzelgespräche zu suchen, wollte man sich in Reden an die Menschen wenden und nicht mehr mit dem Thema Schöpfung beginnen, sondern gleich Jesus, den Heiland, verkünden. Dabei, so Olsthoorn, tappten die Missionare mangels passender Begriffe oft im Dunkeln und ließen sich von den „Erstlingen“ beraten; welche Konzepte diese Neubekehrten aber ihrerseits vom christlichen Glauben hatten und weitergaben, sei für sie nicht kontrollierbar gewesen.[2]
Letzte Lebensjahre
Johann Beck beherrschte die grönländische Sprache schließlich sehr gut. Als Seelsorger kam er zu Missionserfolgen; über 1000 Grönländer wurden von ihm getauft. Am Ende seines Lebens hatte er das ganze Neue Testament, viele Lieder und andere religiöse Texte ins Grönländische übersetzt. Seit etwa 1760 war er häufig krank und hielt sich in den letzten Jahren meist in Lichtenfels auf, wo er auch verstarb.
Einer der Söhne von Johann und Rosina Beck wurde nach seiner Ausbildung in Europa als Missionar nach Labrador entsandt.
Weblinks
Literatur
- Reinhold Vormbaum: Evangelische Missionsgeschichte in Biographien. Band 3: Missionsgeschichte der evangelischen Brüdergemeinde: Friedrich Martin, Matthäus Stach, Johann Beck, David Zeisberger. Düsseldorf 1856.
- Gerhard Meyer: Beck, Johann. In: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 702 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd135904331.html#ndbcontent.
Einzelnachweise
- Thea Olsthoorn: „Wir haben keine Ohren.“ Kommunikationsprobleme und Missverständnisse bei der Verbreitung und Rezeption des Christentums in Grönland und Labrador im 18. Jahrhundert. In: Udo Sträter (Hrsg.): Pietismus und Neuzeit 39 (2013), s. 47–85, hier S. 69.72.
- Thea Olsthoorn: „Wir haben keine Ohren.“ Kommunikationsprobleme und Missverständnisse bei der Verbreitung und Rezeption des Christentums in Grönland und Labrador im 18. Jahrhundert. In: Udo Sträter (Hrsg.): Pietismus und Neuzeit 39 (2013), s. 47–85, hier S. 75 f.