Jakobikirche (Wilsdruff)
Die Jakobikirche in Wilsdruff ist eine der ältesten in ihrer ursprünglichen Gestalt erhaltenen Dorfkirchen im sächsischen Raum. Sie liegt auf einer Anhöhe oberhalb des Stadtzentrums und wurde letzten Erkenntnissen zufolge Mitte des 12. Jahrhunderts an der Kreuzung bedeutender Wege als Kaufmannskirche im damaligen Wilandesdorf noch vor der eigentlichen Stadtgründung von Wilsdruff erbaut. Möglicherweise entstand sie als Niederlassung für Mönche des Benediktinerordens. Nach Cornelius Gurlitt gilt sie als eine der größten sächsischen Anlagen dieser Art.
Geschichte
Unweit der Jakobikirche entstand um 1200 die eigentliche Wilsdruffer Stadtkirche St. Nikolai, wodurch die abseits des Stadtkerns gelegene Jakobikirche an Bedeutung verlor. Nach Einführung der Reformation wurde sie nur noch selten genutzt, blieb jedoch Begräbniskirche der Herren von Schönberg, welche Stadt und Rittergut jahrhundertelang in ihrem Besitz hatten. An diese Nutzung erinnern ein Epitaph des Ritters Hans von Schönberg neben dem Altar sowie Wappen und Bilder an der Herrschaftsempore.
Deutlich ist am Gebäude noch der romanische Baustil der Entstehungszeit mit dicken Bruchsteinmauern und schlitzbogenartigen Rundbogenfenstern zu erkennen. Die Kirche ist als Saalkirche angelegt und besteht aus einem geräumigen Kirchenschiff, einem kleinen Chor und der halbkreisförmigen Apsis mit dem Altar. 1591 erhielt sie ihren heutigen, mehrfach erneuerten Dachreiter. 1686 wurden die Fenster der Südseite vergrößert. Von der früheren Ausmalung sind heute nur noch Reste, u. a. einige Weihekreuze und Bildfragmente im Chorraum, erhalten.
Eine Besonderheit stellt die um 1250 gegossene, in Bezug auf den heiligen Bischof Benno von Meißen, als Bennoglocke bezeichnete, große Glocke dar. Ihre Wandung zeigt figürliche Ritzzeichnungen, die wahrscheinlich einen Fuchs darstellen, der den Gänsen predigt. Mit diesem Gleichnis sollte von „teuflischen Irrlehren“ abgehalten werden, wobei der Glockenschlag diese Absicht als „Abwehr des Bösen“ noch fördern sollte. Eine endgültige Deutung der Bildszenen steht jedoch noch aus. Auch die Beziehung zu Bischof Benno ist nicht belegt.
Das Geläut bestand aus drei Bronzeglocken, eine aus dem 13. Jahrhundert und zwei aus dem 15. Jahrhundert. Die beiden letzteren Glocken wurden um 1985 abgehangen als die Kirche in urbanen Besitz wandelte. Die älteste Glocke ist seit dem Jahr 1591 eine Dauerleihgabe der Evangelischen-Lutherischen Ortsgemeinde.[1] Im Folgenden eine Datenübersicht:[2]
Nr. | Gussdatum | Gießer | Durchmesser | Masse | Schlagton |
---|---|---|---|---|---|
1 | um 1280 | Glockengießer unbekannt | 902 mm | 450 kg | a´ |
Im Jahr 1919 wurde die Jakobikirche in eine Gedenkstätte für die im Ersten Weltkrieg Gefallenen umgewandelt und zugleich ein Ehrenfriedhof angelegt.
An diese Opfer erinnert eine Steintafel an der Ostseite:
- „Zum Gedächtnis ihrer unvergessenen Söhne welche im Weltkriege ihr Leben opferten. Kein Bangen – Fragen – trotz Pein und Not. Voll Mut Ohne Klagen getreu bis in den Tod. Die Kirchgemeinde“
Auch aus dem Zweiten Weltkrieg stammende Ehrengräber befinden sich dort.
1976 wurden Dachreiter und Dach der Jakobikirche durch einen Sturm teilweise zerstört. Erste Pläne sahen daraufhin vor, das Dach komplett abzutragen und die Kirche als Ruine verfallen zu lassen. Letztlich entschloss man sich jedoch, das Gebäude zu sichern und künftig für das Heimatmuseum Wilsdruff zu nutzen, was jedoch durch die Wende nicht zur Umsetzung kam. 1984 wurde der umliegende Friedhof geschlossen und die Kirche an die Stadt übergeben. In diesem Zusammenhang erfolgte der Ausbau des Altars, des Gestühls und der Kanzel.
Nach 1990 konnten die Sanierungsarbeiten fortgesetzt werden, wobei die Finanzierung u. a. durch die Stadt Wilsdruff, die Stiftung „Leben und Arbeit“ und private Spender erfolgte. Seit dem 24. Juni 2005 ist die Kirche, wieder geweiht und die 30. ökumenische Autobahnkirche in Deutschland. Die Bundesautobahn 4 befindet sich gut 1 km nördlich.
Nach Abschluss des Ausbaus sollen hier neben Andachten Ausstellungen und Veranstaltungen stattfinden.
Sage
Laut einer gern erzählten Sage sollte die Kirche ursprünglich auf der nahe gelegenen Hühndorfer Höhe errichtet werden. Angeblich hat ein Hund mit glühenden Augen die verbauten Steine mit dem Maul zur Stelle der heutigen Kirche getragen. Schließlich entschied Bischof Benno die Kirche an dieser Stelle zu errichten. An der Nordwestseite befindet sich ein Eckstein, der u. a. einen Hund zeigt, wobei dieser Anlass zur Sage geboten haben könnte.
Literatur
- Lars-Arne Dannenberg, Vincenz Kaiser: Wilsdruff im Hochmittelalter. Überlegungen zur Besiedlung des Wilsdruffer Landes und zur Entstehung der Stadt unter besonderer Berücksichtigung der Jakobikirche. (= Neues Archiv für sächsische Geschichte. 80. Band). Verlagsdruckerei Schmidt, 2009, ISBN 978-3-87707-769-6.
- Jakobikirche Wilsdruff – Eine neue Autobahnkirche in alten Mauern. (Broschüre der Stadtverwaltung Wilsdruff und der Kirchgemeinde Wilsdruff, 2011).
- Rainer Thümmel: Glocken in Sachsen. Klang zwischen Himmel und Erde. Hrsg. vom Evangelischen Landeskirchenamt Sachsens. Mit einem Geleitwort von Jochen Bohl und Fotografien von Klaus-Peter Meißner. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2011, ISBN 978-3-374-02871-9,
Weblinks
Einzelnachweise
- Rainer Thümmel: Glocken in Sachsen; Evangelische Verlagsanstalt Leipzig: ISBN 978-3-374-02871-9: S. 108ff
- Rainer Thümmel: Glocken in Sachsen; Evangelische Verlagsanstalt Leipzig: ISBN 978-3-374-02871-9: S. 109ff