Jacques Bongars

Jacques Bongars (* 1554 i​n Orléans; † 29. Juni 1612 i​n Paris) w​ar ein französischer Diplomat u​nd Büchersammler.

Jacques Bongars

Leben und Werk

Der a​us einer Hugenotten-Familie stammende Bongars k​am 1564 n​ach Deutschland u​nd besuchte i​n Heidelberg 1565 d​ie Lateinschule. Es folgten philologische u​nd theologische Studien 1566–1567 i​n Marburg, 1568 i​n Jena,[1] u​nd 1569–1571 i​n Strassburg, sodann juristische i​n Orléans, d​ann in Bourges.[2] Eine Studienreise führte i​hn 1585 m​it einem Begleiter über Ungarn u​nd Siebenbürgen n​ach Konstantinopel u​nd hätte vielleicht Jerusalem z​um Ziele gehabt;[3] i​m gleichen Jahr t​rat Bongars a​ls Sekretär d​es französischen Botschafters i​n Frankfurt i​n den diplomatischen Dienst ein. 1593 w​urde er d​urch Heinrich IV. z​um Geschäftsträger a​m englischen u​nd dänischen Hof s​owie an deutschen Höfen ernannt.[4]

1581 erschien i​n Paris Bongars' textkritische Ausgabe v​on Justins Epitome d​er Historiae Philippicae d​es Pompeius Trogus. 1600 veröffentlichte e​r die Quellensammlung Rerum Hungaricum scriptores varii u​nd 1611 Gesta Dei p​er Francos m​it 20 chronikalen Texten z​ur Geschichte d​er Kreuzzüge.

Die Bongarsische Bibliothek

Bongars trug als humanistischer Gelehrter eine wertvolle Bibliothek zusammen. So erwarb er 1604 einen großen Teil der berühmten Handschriftensammlung des Sammlers und Herausgebers Pierre Daniel (1530–1603) von Orléans, zusammen mit seinem Cousin Paul Pétau (1568–1614). Pierre Daniel hatte Teile der berühmten Klosterbibliothek der Benediktinerabtei Fleury (Saint-Benoît-sur-Loire bei Orléans) vor der plündernden hugenottischen Soldateska 1562 bei sich in Sicherheit gebracht. In Bongars' Anteil gelangten etwa 70 früh- und hochmittelalterliche Handschriften aus Fleury in seinen Besitz. Auch von Strassburg aus und auf seinen Reisen konnte er wertvolle mittelalterliche Handschriften erwerben. Seine Bibliothek vermachte Bongars testamentarisch seinem Patensohn Jakob Graviseth (1598–1658), Sohn seines Strassburger Freundes und Bankiers René Graviseth (1560–1633), der 1615 das Schloss und die Herrschaft Liebegg im damals bernischen Aargau kaufte.[5][6] Jakob Graviseth erhielt 1624 nach seiner Heirat mit Salome von Erlach, Tochter des Berner Schultheißen Franz Ludwig von Erlach, das bernische Burgerrecht und vermachte im Gegenzug die Bongarsische Bibliothek 1631 der Stadt Bern. Diese Bestände bilden heute die auf die Burgerbibliothek (über 500 Handschriften) und die Universitätsbibliothek (gegen 3000 Druckbände) aufgeteilte Sammlung Bongarsiana.[7]

Literatur

  • Hans Bloesch (Hg.): Die Stadt- und Hochschulbibliothek Bern. Grunau, Bern 1932. (Digitalisat)
  • Hermann Hagen: Jacobus Bongarsius: Ein Beitrag zur Geschichte der gelehrten Studien des 16.–17. Jahrhunderts. Fischer, Bern 1874.(Digitalisat)
  • Ariane Huber Hernández: „Wegen bongarsischer arrestierter liberey“. Korrespondenz zum Wechsel der Bibliothek Jacques Bongars’ von Basel nach Bern. In: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, Bd. 110 (2010), S. 269–276.
  • Patrick Andrist: Strassburg – Basel – Bern. Bücher auf der Reise. Das Legat der Bibliothek von Jacques Bongars, die Schenkung von Jakob Graviseth und das weitere Schicksal der Sammlung in Bern. In: Berner Hans (Hg.): Scriptorium und Offizin: Festgabe für Martin Steinmann zum 70. Geburtstag, Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde Bd. 110 (2010), S. 249–268.
  • Gerlinde Huber-Rebenich (Hg.): Jacques Bongars (1554–1612). Gelehrter und Diplomat im Zeitalter des Konfessionalismus. Mohr Siebeck, Tübingen 2015, (Spätmittelalter, Humanismus, Reformation 87), ISBN 978-3-16-152724-1.
  • Ruth Kohlndorfer-Fries: Diplomatie und Gelehrtenrepublik. Die Kontakte des französischen Gesandten Jacques Bongars (1554–1612). Niemeyer, Tübingen 2009, ISBN 978-3-484-36637-4
  • Jacques Bongars, Humanist, Diplomat, Büchersammler. Burgerbibliothek, Bern 2012 (Passepartout), ISBN 978-3-7272-1237-6.
  • Thomas Klöti und Florian Mittenhuber: Bongars Quellenwerk zur Geschichte der Kreuzzüge. Murten 2014, (Volltext)

Einzelnachweise

  1. Einige seiner Vorlesungsmitschriften sind in der Burgerbibliothek Bern überliefert; publiziert ist eine solche aus Jena 1568, siehe Monika Michel-Rüegg: Vorlesungsmitschriften aus der Schulzeit, in: Jacques Bongars, Humanist, Diplomat, Büchersammler. Burgerbibliothek, Bern 2012 (Passepartout), ISBN 978-3-7272-1237-6, S. 44–45.
  2. Florian Mittenhuber: Jacques Bongars, Leben und Werk, in: Jacques Bongars, Humanist, Diplomat, Büchersammler. Burgerbibliothek, Bern 2012 (Passepartout), ISBN 978-3-7272-1237-6, S. 9–14, bes. S. 9–10.
  3. Nach Mutmassungen von Walther Ludwig: Die abgebrochene Orientreise von Jacques Bongars im Licht neuer Forschungen, in: Gerlinde Huber-Rebenich (Hg.): Jacques Bongars (1554–1612). Gelehrter und Diplomat im Zeitalter des Konfessionalismus. Mohr Siebeck, Tübingen 2015, ISBN 978-3-16-152724-1, S. 89–96.
  4. Florian Mittenhuber: Jacques Bongars, Leben und Werk, in: Jacques Bongars, Humanist, Diplomat, Büchersammler. Burgerbibliothek, Bern 2012 (Passepartout), ISBN 978-3-7272-1237-6, S. 9–14, bes. S. 11–13, mit Karte des Reiseweges nach Konstantinopel S. 12.
  5. Florian Mittenhuber: Die Handschriften der Bongarsiana, in: Jacques Bongars, Humanist, Diplomat, Büchersammler. - Burgerbibliothek, Bern 2012, (Passepartout), ISBN 978-3-7272-1237-6, S. 15–21, mit Karte S. 22–23.
  6. Sabine Schlüter: Die Drucke der Bongarsiana, in: Jacques Bongars, Humanist, Diplomat, Büchersammler. - Burgerbibliothek, Bern 2012, (Passepartout), ISBN 978-3-7272-1237-6, S. 24–28, und Karte S. 22–23.
  7. Claudia Engler: Arte et marte. Franz Ludwig von Erlach und die Bongarsiana. In: Im Auge des Hurrikans, eidgenössische Machteliten und der Dreissigjährige Krieg, hrsg. von André Holenstein, Georg von Erlach und Sarah Rindlisbacher (= Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 77, 2015 Nr. 3, Sonderausgabe), S. 34–50.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.