Israel Finkelstein
Israel Finkelstein (hebräisch ישראל פינקלשטיין; * 29. März 1949 in Tel Aviv) ist Direktor des Archäologischen Instituts der Universität von Tel Aviv. Er hat als Gastprofessor in Chicago, Harvard und an der Sorbonne gelehrt und zählt zu den führenden Archäologen in Israel. Seit 1992 leitet er zusammen mit David Ussishkin (* 1935) die Ausgrabungen in Megiddo.
Leben und wissenschaftliches Werk
Israel Finkelstein studierte von 1970 bis 1978 Archäologie an der Universität von Tel Aviv. Er war Grabungsleiter bei der Ausgrabung von Izbet Sartah, einer früheisenzeitlichen Siedlung in der Nähe von Tel Afek, deren Identifikation mit dem biblischen Eben-Eser (1 Sam 4,1-11 ) unter den Archäologen umstritten ist.[1] Er wurde 1983 mit einer Dissertation über die Ausgrabung von Izbet Sartah (The Izbet Sartah Excavations and the Israelite Settlement in the Hill Country) promoviert. Er war als Grabungsleiter unter anderem bei den Ausgrabungen der Überreste eines byzantinischen Klosters im Südsinai, des biblischen Bnei Berak (Jos 19,45 ), in Südsamaria und in Schilo beteiligt.[2]
Finkelsteins zusammen mit Neil A. Silberman verfasstes Buch „Keine Posaunen vor Jericho. Die archäologische Wahrheit über die Bibel“ stellt die Ergebnisse der Archäologie Palästinas in der Bronze- und Eisenzeit dar, aus der Finkelstein weitreichende Schlussfolgerungen zur jüdischen Geschichte des Altertums zieht. Finkelsteins Theorie widerspricht dabei in weiten Teilen der traditionellen, am Alten Testament orientierten Geschichtsschreibung. Das Buch, das großes Aufsehen erregte, schlägt eine neue Chronologie der Eisenzeit im östlichen Mittelmeerraum vor und ist von einer kritischen Revision der älteren Forschung geprägt, indem Finkelstein die Position vertritt, eine unvoreingenommene Interpretation des archäologischen Befundes widerlege weite Teile der Geschichtserzählungen im Alten Testament.
Einige dieser Untersuchungsergebnisse werden unter dem Lemma Landnahme der Israeliten dargestellt. Finkelsteins Thesen werden im Fach kontrovers diskutiert. Nach der von ihm vertretenen Low Chronology lebten David und Salomo noch in der dörflich geprägten Eisenzeit I; dies entziehe der Hypothese eines davidisch-salomonischen Großreichs die Grundlage. Die Grundlage für die biblische Schilderung eines solchen Großreiches erblickt Finkelstein vielmehr erst im Reich von Jerobeam II., der ihm zufolge das Nordreich Israel vorübergehend zu einer bedeutenden Regionalmacht gemacht haben soll.[3]
Veröffentlichungen (Auswahl)
- Israel Finkelstein, Neil Asher Silberman: Keine Posaunen vor Jericho. Die archäologische Wahrheit über die Bibel. (Original: The Bible Unearthed, Archaeology's New Vision of Ancient Israel and the Origins of its Sacred Texts, New York 2001) Beck, München 2002, dtv 2004, ISBN 3-423-34151-3
- Israel Finkelstein, Neil Asher Silberman: David und Salomo. Archäologen entschlüsseln einen Mythos. (Original: David and Solomon, In Search of the Bible's Sacred Kings and the Roots of the Western Tradition.) Beck, München 2006, ISBN 3-406-54676-5
- Israel Finkelstein: The Historical Reality behind the Genealogical Lists in 1 Chronicles. In: Journal of Biblical Literature 131, 1/2012, S. 65–83. (PDF)
- Israel Finkelstein: Das vergessene Königreich. Israel und die verborgenen Ursprünge der Bibel. (Original: The Forgotten Kingdom, The Archaeology and History of Northern Israel.) Beck, München 2014, ISBN 978-3-406-66960-6
- Israel Finkelstein: Hasmonean Realities behind Ezra, Nehemiah, and Chronicles: Archaeological and Historical Perspectives (= Ancient Israel and its literature. Band 34). SBL Press, Atlanta 2018.
Auszeichnungen und Ehrungen
- 2015 Mitglied der Israelischen Akademie der Wissenschaften
- 2019 Auswärtiges Mitglied der Académie des Inscriptions et Belles-Lettres
- 2021 Mitglied der American Academy of Arts and Sciences
- Ehrendoktor der Universität Lausanne
- Chevalier de l’Ordre des Arts et des Lettres
Literatur
- Thomas Pola: Was bleibt von der älteren Geschichte Israels? Methodische und sachliche Bemerkungen zu neueren minimalistischen Positionen. In: Theologische Beiträge (ThBeitr) 34 (2003), Heft 5, ISSN 0342-2372, S. 238–255
- Thomas L. Thompson: Archaeology and the Bible Revisited: A Review Article, in: Scandinavian Journal of the Old Testament (SJOT) Vol. 20 (2006), No. 2, ISSN 0901-8328, S. 286–313
- Dieter Vieweger: Rezension zu: Finkelstein, Silberman, Keine Posaunen vor Jericho, in: Theologische Literaturzeitung (ThLZ) 129 (2004), ISSN 0040-5671, S. 1182–1186
Weblinks
- Literatur von und über Israel Finkelstein im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Finkelstein Webseite
- Eintrag bei der Israelischen Akademie der Wissenschaften (mit Link zum CV)
- Eintrag bei der Académie des Inscriptions et Belles-Lettres (französisch)
- Christoph Bultmann: „Viele Könige in Israel“ – Buchbesprechung zu Posaunen in der Berliner Zeitung vom 6. Januar 2003
- Der Glanz der Vorväter Rezension von Wolfgang Zwickel zum David-Salomo-Buch Abenteuer Archäologie 05/2006
Einzelnachweise
- Israel Finkelstein und andere: hebräisch אבן העזר הישראלית ואפק הבנענית (Das israelitische Eben-Eser und das kanaanäische Aphek), 1982 (Digitalisat) auf der Webseite der Yad Ben-Zvi Library (YBZ) des Institute for Research on Eretz Israel (hebräisch), abgerufen am 12. Januar 2021.
- Israel Finkelstein – Curriculum Vitae, abgerufen am 12. Januar 2021.
- Ariel David: Meet the Real King David, the One the Bible Didn’t Want You to Know About. In: Haaretz. 27. März 2019 (haaretz.com [abgerufen am 10. Januar 2020]).