Internationale Wochen gegen Rassismus
Die Internationalen Wochen gegen Rassismus sind Aktionswochen der Solidarität mit den Gegnern und Opfern von Rassismus, die alljährlich um den 21. März, dem Internationalen Tag gegen Rassismus, stattfinden.
Hintergrund
Am 21. März 1960 demonstrierten rund 20.000 Menschen im südafrikanischen Sharpeville in der damaligen Provinz Transvaal nahe Johannesburg friedlich gegen die diskriminierenden Passgesetze (die Folgen des Native Urban Areas Act und andere Gesetze) des damaligen Apartheid-Regimes. Die Polizei erschoss bei den Protesten 69 Demonstrierende, mindestens 180 wurden verletzt. Dieses Blutbad ging als Massaker von Sharpeville in die Geschichte ein. Sechs Jahre später rief die Generalversammlung der Vereinten Nationen in der Resolution 2142 (XXI) „Elimination of all forms of racial discrimination“ den 21. März zum Internationalen Tag für die Beseitigung der Rassendiskriminierung aus. Rassistische Diskriminierung und Apartheid, so heißt es in der Resolution, seien eine Verleugnung der Menschenrechte und fundamentaler Freiheiten und Gerechtigkeit sowie ein Vergehen an der Menschenwürde.
1979 wurde dieser Gedenktag durch die Einladung der Vereinten Nationen an ihre Mitgliedsstaaten ergänzt, eine alljährliche Aktionswoche der Solidarität mit den Gegnern und Opfern von Rassismus zu organisieren (Beschluss der Generalversammlung (3424) im Rahmen der ersten UN-Dekade zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung (1973–1983)).
Aktivitäten in Deutschland
In Deutschland wurden die Aktivitäten um die Internationale Woche gegen Rassismus bzw. den Internationalen Tag gegen Rassismus seit seiner Gründung durch Jürgen Micksch 1994 vom Interkulturellen Rat in Deutschland e.V. koordiniert. Der Interkulturelle Rat gab Anregungen für Veranstaltungen und Themen, vernetzte Aktive und Interessierte, dokumentierte die deutschlandweit stattfindenden Veranstaltungen und machte durch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit das gesellschaftliche Engagement während der Aktionswochen sichtbar.
Bis zum Jahr 2007 wurden die Aktivitäten in Deutschland in einer Woche gebündelt. Auf Grund der Vielzahl der Veranstaltungen und der steigenden Beteiligung hat der Interkulturelle Rat erstmals im Jahr 2008 den Aktionszeitraum ausgeweitet und die Internationalen Wochen gegen Rassismus ausgerufen.[1]
Stiftung für die Internationalen Wochen gegen Rassismus
Der Interkulturelle Rat hat am 6. Mai 2014 die Stiftung für die Internationalen Wochen gegen Rassismus (kurz: Stiftung gegen Rassismus) eingerichtet. Sie plant und koordiniert seit 2016 die jährlichen UN-Wochen gegen Rassismus. Die Veranstaltungen werden online in einem Veranstaltungskalender zusammengestellt, ausgewertet und dokumentiert.[2] Zusätzlich führt die Stiftung Modellprojekte durch, die das Ziel haben, zur Überwindung von Antisemitismus, Antiziganismus, antimuslimischem Rassismus oder Rassismus gegenüber Menschen anderer Hautfarbe und Flüchtlingen beizutragen. Mit dem Projekt „Prominent gegen Rassismus“ wurden anerkannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gewonnen, um sich bei Veranstaltungen vor Ort zu engagieren und ein sichtbares Zeichen gegen Rassismus und Ausgrenzung zu setzen.[3] Weitere Projekte sind "Engagiert gegen Rassismus" und "Religionen laden ein. Solidarisch gegen Antisemitismus, Rassismus und Gewalt".[4] Ein abgeschlossenes Projekt ist der Videowettbewerb „Aus meiner Sicht“. Dafür wurden Geflüchtete dazu aufgerufen, in selbst produzierten Kurzvideos über ihr Leben und ihre Erfahrungen zu sprechen.[5][6]
Vorsitzende des Stiftungsrates ist Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth. Geschäftsführender Vorstand ist Jürgen Micksch[7] und Vorstandssprecherin Jagoda Marinić.[8]
Materialien
Die Stiftung gegen Rassismus erarbeitet jährlich für die Internationalen Wochen gegen Rassismus umfangreiche Informations- und Mobilisierungsmaterialien. Diese umfassen unter anderem Mobilisierungsflyer in verschiedenen Sprachen, Aktionsplakate, ein Materialheft mit zielgruppenorientierten Informationen und redaktionellen Fachartikeln, zielgruppenspezifische Handzettel sowie aktuelle Publikationen zu gesellschaftspolitisch relevanten Themen.
Veranstaltungen
Seit dem Jahr 2001 ist ein kontinuierlicher Anstieg der Veranstaltungen während der Internationalen Wochen gegen Rassismus zu verzeichnen. Im März 2019 gab es rund 1.850 Veranstaltungen.[9] Außerdem fanden 2019 über 1.700 Freitagsgebete zu den Aktionswochen statt. Mehr als zwei Drittel der Aktivitäten wurden im Rahmen von Veranstaltungsprogrammen der Städte und Kommunen durchgeführt. Darüber hinaus beteiligen sich vor allem Schulen, Volkshochschulen, Sportvereine, Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften, Betriebe, Wohlfahrtsverbände und lokale Initiativen an den Internationalen Wochen gegen Rassismus.
Durch die Corona-Pandemie konnten im Jahr 2020 nur wenige Veranstaltungen stattfinden. Im März 2021 gab es über 1.500 Veranstaltungen, davon etwa 2/3 digital.
Kooperationspartner und Unterstützer
Zu den über 70 Kooperationspartnern und Unterstützern der Internationalen Wochen gegen Rassismus zählen zahlreiche Kommunen und Religionsgemeinschaften, der Deutsche Fußball-Bund und der DOSB, Gewerkschaften und Unternehmen, die Volkshochschulen und viele weitere gesellschaftlich relevante Akteure: Über 100 Aktionsgruppen unterstützen die UN-Wochen sowie über 77 prominente Persönlichkeiten. Im Rahmen von "Engagiert gegen Rassismus" wirken über 150 Personen mit.
Finanzierung
Das Projekt finanziert sich aus öffentlichen, zivilgesellschaftlichen und gewerblichen Zuwendungen sowie aus privaten Spenden.
Aktivitäten in Europa
Die europaweiten Aktivitäten zu den Internationalen Wochen gegen Rassismus werden seit 1993 von dem pan-europäischen Netzwerk UNITED for Intercultural Action koordiniert.
Weblinks
- Die Internationalen Wochen gegen Rassismus in Deutschland
- Stiftung für die Internationalen Wochen gegen Rassismus
- UNITED for Intercultural Action
- Resolution 1904 (XVIII) der Generalversammlung der Vereinten Nationen: Erklärung der Vereinten Nationen über die Beseitigung aller Formen der Rassendiskriminierung, 20. November 1963 (PDF; 28 kB)
- Resolution 1905 (XVIII) der Generalversammlung der Vereinten Nationen: Publicity to be given to the United Nations Declaration on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination, 20. November 1963 (PDF)
- Resolution 2106 (XX) der Generalversammlung der Vereinten Nationen: International Convention on the Elimination of all Forms of Racial Discrimination, 21. Dezember 1965 (PDF)
- Resolution 2017 (XX) der Generalversammlung der Vereinten Nationen: Measures to implement the United Nations Declaration on the Elimination of All forms of Racial Discrimination, 1. November 1965 (PDF)
- Resolution 2142 (XXI) der Generalversammlung der Vereinten Nationen: Elimination of all forms of racial discrimination, 26. Oktober 1966 (PDF)
- Resolution 3424 der Generalversammlung der Vereinten Nationen: Durchführung des Programms für die Dekade zur Bekämpfung von Rassismus und rassistischer Diskriminierung (PDF; 1,4 MB)
- Resolution 2919 (XXVII) der Generalversammlung der Vereinten Nationen: Decace for Action to Combat Racism and Racial Discrimination, 15. November 1972 (PDF)
- Hintergrund, Website der Bundeszentrale für politische Bildung BpB, 2010
- Internationale Wochen gegen Rassismus auf dem Informationsportal zur politischen Bildung
Einzelnachweise
- 25 Jahre Internationale Wochen gegen Rassismus. Broschüre, Darmstadt 2019
- Internationale Woche gegen Rassismus. Abgerufen am 17. Oktober 2021.
- Prominent gegen Rassismus › Stiftung gegen Rassismus. Abgerufen am 17. August 2017.
- SCHULTER AN SCHULTER. Solidarisch gegen Antisemitismus, Rassismus und Gewalt.Broschüre, Darmstadt 2021
- Videowettbewerb › Stiftung gegen Rassismus. Abgerufen am 17. August 2017.
- Aus meiner Sicht – Videowettbewerb. Abgerufen am 17. August 2017.
- Heribert Prantl, Es gibt nichts Gutes. Außer man tut es. Eine Laudatio zum Tag gegen Rassismus. In: Süddeutsche Zeitung. 17. März 2019 (sueddeutsche.de).
- Mitarbeitende › Stiftung gegen Rassismus. Abgerufen am 17. Oktober 2021 (deutsch).
- Dokumentation – INTERNATIONALE WOCHEN GEGEN RASSISMUS 2019 (PDF; 8,3 MB).