International Centre for Higher Education Research Kassel
Das International Centre for Higher Education Research Kassel (INCHER-Kassel) ist eine interdisziplinäre Forschungseinrichtung der Universität Kassel auf dem Gebiet der Hochschulforschung, also der wissenschaftlichen Forschung über Hochschulen. Forscher des INCHER-Kassel untersuchen Aspekte von Hochschule, Studium und Wissenschaft, und sie arbeiten zu Themen an den Schnittstellen zwischen Hochschulsystem und anderen gesellschaftlichen Teilbereichen[1]. Es ist eine der wenigen Hochschulforschungsinstitutionen in Deutschland, die an einer Universität angesiedelt sind, und als einzige Forschungseinrichtung dieser Art seit mehr als drei Jahrzehnten erfolgreich tätig.[2] Es gilt darüber hinaus als eine der international bedeutsamsten Institutionen der Hochschulforschung.[3]
International Centre for Higher Education Research (INCHER-Kassel) | |
---|---|
Kategorie: | Forschungseinrichtung |
Standort der Einrichtung: | Universität Kassel |
Art der Forschung: | Grundlagenforschung, Anwendungsforschung |
Fachgebiete: | Hochschulforschung, Wissenschaftsforschung, Organisationsforschung, Innovationsforschung |
Leitung: | Georg Krücken |
Mitarbeiter: | ca. 40 |
Homepage: | INCHER-Kassel |
Geschichte
Das heutige INCHER-Kassel wurde 1978 als Wissenschaftliches Zentrum für Berufs- und Hochschulforschung (WZ I) als erste zentrale Einrichtung der Universität Kassel (damals: Gesamthochschule Kassel) eingerichtet. Es sollte eine kontinuierliche wissenschaftliche Reflexion über praktische Probleme der Hochschule sichern und wissenschaftliche Grundlagen zur Diskussion über Zielperspektiven des Studiums und über die Realisierungsbedingungen von Veränderungen im Hochschulwesen beisteuern.
Die offizielle Einrichtung erfolgte zeitgleich mit der Besetzung der für das Zentrum neu geschaffenen Professur für Berufs- und Hochschulforschung durch den Hochschulforscher Ulrich Teichler, dessen Arbeit für die nächsten 30 Jahre nicht nur das INCHER-Kassel, sondern auch die deutschsprachige Hochschulforschung insgesamt prägen sollte. 2005 wurde das Zentrum erstmals extern evaluiert. Die Mitglieder der Kommission (Jutta Allmendinger, Klaus Landfried, Björn Wittrock) empfahlen die Fortführung, den Ausbau und in einigen Aspekten Akzentverschiebungen im Aufgabenspektrum. Auf die sehr positive Evaluation hin beschloss die Leitung der Universität Kassel im März 2006, das Zentrum über den Zeitpunkt des Ausscheidens von Ulrich Teichler weiterzuführen und Wege des Ausbaus zu erkunden. Auf Antrag des Zentrums erhielt es im März 2006 auch seinen heutigen Namen.
2011 erfolgte ein Wechsel in der Leitung des INCHER-Kassel. Der Soziologe und Hochschulforscher Georg Krücken übernahm die Leitung des INCHER-Kassel. Verbunden mit dem Wechsel war eine stärkere Ausrichtung der Forschungsakzente auf die Beziehungen zwischen Hochschulsystem und anderen gesellschaftlichen Teilbereichen und eine deutlichere Ansiedlung der Forschung an Schnittstellen der Hochschulforschung zu angrenzenden Forschungsbereichen wie der Wissenschafts-, Organisations- und Innovationsforschung.[4] Stellvertretender Geschäftsführender Direktor ist seit 2016 Guido Bünstorf, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Kassel, der in der interdisziplinären Forschung des INCHER-Kassel die Wirtschaftswissenschaften vertritt.
Im Frühjahr 2016 wurde das INCHER-Kassel im Auftrag des Präsidiums der Universität Kassel erneut evaluiert. Die Gutachtergruppe (Ulrike Beisiegel, Georg Licht, Sabine Maasen, Christine Musselin und Uwe Schimank) kam in ihrem Bericht zu einer klar positiven Gesamteinschätzung. In der Folge wurde auf der Sitzung des Präsidiums der Universität Kassel am 28. September 2016 ein Beschluss über die Fortführung des INCHER-Kassel bis 2021 gefasst.
Forschungsschwerpunkte
Das INCHER-Kassel hat in seinen Forschungsprojekten Fragen der Beziehungen von Hochschule und Beruf als ein zentrales Thema sowie Fragen der Hochschulplanung und -organisation, Implementation von Hochschulreformen, der Entwicklung von Hochschulsystemen im internationalen Vergleich, der internationalen studentischen Mobilität, der Hochschulsteuerung, der Hochschulevaluation, der Internationalisierung von Hochschulen, des Studierverhaltens und der studentischen Identität sowie der Professionen innerhalb der Hochschulen untersucht. Seit 2011 dominieren in der Forschung des INCHER-Kassel Fragestellungen zu den übergreifenden Themen „Studierende und Absolventen“; „Wissenschaftlicher Wandel“, „Governance und Organisation“ sowie „Innovation und Transfer“. Darüber hinaus werden Querschnittsthemen wie Internationalisierung, soziale Ungleichheit oder Gender-Fragen aufgegriffen.[5]
Das INCHER-Kassel ist bekannt für seinen internationalen Schwerpunkt: Viele Forschungsprojekte sind international vergleichend angelegt und viele wurden und werden in internationalen Forschungs-Teams durchgeführt. Auf Kasseler Initiative wurde unter anderem das Consortium of Higher Education Researchers (der Weltverband der Hochschulforscher) gegründet. Das INCHER-Kassel ist Teil eines weit gespannten Netzwerks kooperierender internationaler Forschungseinrichtungen und hat regelmäßig ausländische Wissenschaftler zu Forschungsaufenthalten zu Gast.
Das bisher größte Forschungsprojekt des INCHER-Kassel war das „Kooperationsprojekt Absolventenstudien“ (KOAB), eine kontinuierliche Absolventenbefragung, die das INCHER-Kassel von 2007 bis 2017 in Kooperation mit 78 deutschen Hochschulen durchgeführt hat und in dessen Rahmen jährlich etwa 70.000 Absolventen ca. 1,5 Jahre nach ihrem Studienabschluss zum Studium und zum Berufsweg befragt wurden.[6] Es wird seit 2017 vom Institut für angewandte Statistik (ISTAT) durchgeführt.
Seit 2018 wird am INCHER-Kassel in einem interdisziplinären Graduiertenprogramm (ELBHA) der Zusammenhang zwischen Hochschulausbildung und Zugangschancen zu Elitepositionen in Politik, Wirtschaft und Verwaltung untersucht.[7]
Organisation
Der Geschäftsführende Direktor leitet das INCHER-Kassel und wird dabei von einem stellvertretenden Geschäftsführenden Direktor sowie von einem Geschäftsführer unterstützt. Ein Direktorium, dem alle Professoren, die dem INCHER-Kassel angehören, sowie Vertreter der wissenschaftlichen Bediensteten, der administrativ-technischen Bediensteten und der Studierenden angehören, entscheidet über die Forschungsplanung und die Organisation des INCHER-Kassel.
Ein externer Sachverständigenbeirat, dem Experten aus anderen Universitäten und Forschungsinstituten sowie der Wissenschaftsförderung angehören, berät das INCHER-Kassel in inhaltlichen und strategischen Fragen. Zurzeit gehören diesem Beirat Sabine Behrenbeck, Ulrike Beisiegel, Georg Licht, Sabine Maasen, Christine Musselin (stellv. Vorsitzende) und Uwe Schimank (Vorsitzender) an.
Am INCHER-Kassel forschen und arbeiten etwa 40 bis 45 Personen, viele davon sind Doktoranden. Regelmäßig halten sich auch Gastwissenschaftler, die zu einem Thema der Hochschulforschung forschen, für längere Zeit am INCHER-Kassel auf.
Publikationen
Die Arbeit des INCHER-Kassel hat sich in fast 2.000 Publikationen niedergeschlagen, die in wissenschaftlichen Fachzeitschriften und bei verschiedenen Verlagen erschienen sind. Ein Teil der zentralen Forschungsergebnisse erscheint in der Buchreihe „Hochschule und Gesellschaft“ beim Campus-Verlag und in der Online-Reihe INCHER-Kassel Working Papers.
Einzelnachweise
- Universität Kassel, Präsidium: 40 Jahre Universität Kassel. Kassel University Press, Kassel 2011, ISBN 978-3-86219-196-3, S. 196–197.
- Kehm, Barbara, M.; Schomburg, Harald; Teichler, Ulrich (Hrsg.): Funktionswandel der Universitäten. Differenzierung, Relevanzsteigerung, Internationalisierung. Campus, Frankfurt/New York 2012.
- O. Fuller: Higher Education Studies. In: The Encyclopedia of Higher Education 1992, S. 1815.
- Georg Krücken: Lernen kann man immer. In: Wissenschafts- und Hochschulforschung. Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, abgerufen am 12. März 2019.
- INCHER. In: Wissenschafts- und Hochschulforschung. Bundesministerium für Bildung und Forschung, abgerufen am 12. März 2019.
- Krücken Georg; Flöther, Choni (Hrsg.): Generation Hochschulabschluss: Vielfältige Perspektiven auf Studium und Berufseinstieg. Analysen aus der Absolventenforschung. Waxmann, Münster/New York 2015.
- INCHER-Kassel: Interdisziplinäres INCHER-Graduiertenprogramm. Abgerufen am 1. August 2018.