Ilja Wladimirowitsch Ponomarjow
Ilja Wladimirowitsch Ponomarjow (russisch Илья Владимирович Пономарёв; * 6. August 1975 in Moskau) ist ein russisch-ukrainischer IT-Unternehmer, Blogger[1] und Politiker.
Leben
Ponomarjow beschäftigte sich schon früh in seiner Kindheit mit Computern und wurde als Wunderkind angesehen. Bereits als 14-Jähriger organisierte er am Institut für die sichere Entwicklung der Atomenergie Computerkurse für Mitarbeiter. Mit 16 gründete Ponomarjow seine erste Firma, Russprofi Ltd.[2] Innerhalb von zwei Jahren setzte das IT-Unternehmen zehn Millionen US-Dollar um. Als 24-Jähriger wurde Ponomarjow zum jüngsten Vizepräsidenten des damals größten russischen Ölunternehmens Yukos bestellt. Die IT-Expertise des begeisterten Skifahrers wurde auch bei zahlreichen Regierungsprojekten zur Unterstützung von Innovation und Hochtechnologien geschätzt. Ponomarjow ist einer der Initiatoren der Innovationsstadt Skolkowo.
Politisch sozialisiert wurde Ponomarjow in der Kommunistischen Partei, deren Mitglied er von 2002 bis 2007 war.[3] Er verließ die Partei im Streit und warf den Kommunisten vor, Marionetten des Kremls zu sein. Ponomarjow war Mitorganisator der Proteste nach den russischen Parlamentswahlen 2011. Er gehörte bis 2013 dem Vorstand der sozialdemokratischen Partei Gerechtes Russland. Anfang 2014 beteiligte er sich an der Bildung der neuen politischen Partei „Bündnis der Grünen und Sozialdemokraten“. Danach vertrat er die Bürger von Nowosibirsk in der russischen Staatsduma als Abgeordneter in der Opposition. In einem fragwürdigen Verfahren wurde ihm 2015 die Immunität entzogen.[4] Ponomarjow war zuvor nach einem Aufenthalt in den USA aus Angst vor Repressionen nicht nach Russland zurückgekehrt. Im staatsnahen Sender NTW hatte man ihn im Herbst 2014 offen als Verräter diffamiert.[5] Im Juni 2016 wurde ihm wegen Abwesenheit das Duma-Mandat entzogen.
Am 25. März 2015 stellte der Generalstaatsanwalt in der Duma den Antrag, Ponomarjows Immunität aufzuheben. Der Vorwand zur Aufhebung der Immunität waren Unterschlagungsvorwürfe.[6] Ponomarjow und seine Unterstützer bezeichneten die Vorwürfe als politisch motiviert. Am 17. Juli 2015 stellte die zuständige russische Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Verhaftung von Ponomarjow bei Interpol. Ponomarjow erklärte, die Entscheidung der Justiz werde zu einem internationalen Verfahren führen, das ihm erlauben werde, sein Ansehen zu verteidigen. Er hoffe, dass die internationalen Gerichte „nach anderen Normen als jenen der Gerichte der Russischen Föderation arbeiten“.[7] Ponomarjow lebte 2017 im Exil in der Ukraine.
Ponomarjow ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Krise in der Ukraine
Ponomarjow schrieb in seinem Blog „Echo Moskwy“, dass nach seiner Ansicht die „Schauergeschichten vom faschistischen Umsturz in der Ukraine und die maßlose Übertreibung der Rolle des Rechten Sektors in Russland dazu dienen, die Bevölkerung zu erschrecken und das Denken zu manipulieren“.[8]
Er stimmte im März 2014 als einziger von 450 Duma-Abgeordneten gegen den Anschluss der Krim an Russland.[9] Kurz darauf äußerte er in einem Interview dazu: „Mit dieser Abstimmung haben wir die Ukraine verloren. Die Ukrainer haben angefangen, über die Russen als ihre Feinde zu denken. Dabei sind wir Brüder, unsere Sprache ist fast dieselbe, wir haben eine gemeinsame Kultur. Wir haben Jahrzehnte in einem Staat zusammengelebt. Die Grenzen zwischen uns sind künstlich, so wie die damals zwischen Ost- und Westdeutschland.“[10] Ponomarjow wurde nach der Abstimmung aus der Partei Gerechtes Russland ausgeschlossen.[7]
Am letzten Tag der Amtszeit von Petro Poroschenko gewährte dieser Ilja Ponomarjow die ukrainische Staatsbürgerschaft und verlautete dazu "Das Wohlergehen der Ukraine ist der Schlüssel zu Veränderungen in Russland".[11]
Weblinks
Einzelnachweise
- http://echo.msk.ru/blog/ilya_ponomarev/1310348-echo/
- crunchbase.com (Memento vom 29. Juli 2014 im Webarchiv archive.today)
- Ilja Ponomarjow: Letzter "Weißgardist" in der Duma. In: derStandard.at. 18. Oktober 2012, abgerufen am 14. Dezember 2017.
- Fragwürdiges Verfahren - Kreml-Kritiker verliert Immunität, ntv, 9. April 2015
- spiegel.de 8. September 2014: Propaganda im Ukraine-Konflikt: Intellektuelle fliehen aus Putins Russland (Der Kreml duldet keine Kritik: Russische Prominente, die sich gegen Putins Ukraine-Kurs aussprechen, werden im Staatsfernsehen diffamiert, im Netz kursieren Listen vermeintlicher „Nationalverräter“. Die ersten Intellektuellen verlassen das Land)
- Reuters: „Russian Deputy Who Opposed Crimea Seizure Stripped of Immunity“ NYT vom 7. April 2015, gesichtet am 7. April 2015
- Einziger Abgeordneter gegen Krim-Annektion: Russland lässt Ponomarjow suchen. tagesschau.de, 17. Juli 2015, archiviert vom Original am 19. Juli 2015; abgerufen am 17. Juli 2015.
- Ein Abgeordneter der Russischen Staatsduma sieht keine „Faschisten“ in der Ukraine, Eurasisches Magazin, 21. März 2014
- FAZ.net 21. März 2014: Allein gegen Putin
- Die Zeit 26. März 2014: „Das politische System in unserem Land ist nicht gesund“
- Der ehemalige Abgeordnete der Staatsduma Ilja Ponomarjow erhielt die ukrainische Staatsbürgerschaft, Nowaja Gaseta, 17. Mai 2019