IT-Grundschutz
Als IT-Grundschutz bezeichnet die Bundesverwaltung eine vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) entwickelte Vorgehensweise zum Identifizieren und Umsetzen von Sicherheitsmaßnahmen der unternehmenseigenen Informationstechnik (IT). Das Ziel des Grundschutzes ist das Erreichen eines mittleren, angemessenen und ausreichenden Schutzniveaus für IT-Systeme. Zum Erreichen des Ziels empfiehlt das IT-Grundschutz-Kompendium (vormals: IT-Grundschutz-Kataloge) technische Sicherheitsmaßnahmen und infrastrukturelle, organisatorische und personelle Schutzmaßnahmen.
Wie auch im Bundesdatenschutzgesetz werden die Begriffe Sicherheit und Schutz bunt vermengt. Der IT-Grundschutz ist ein griffiger Titel für eine Zusammenstellung von grundlegenden Sicherheitsmaßnahmen und dazu ergänzenden Schutzprogrammen für Behörden und Unternehmen. Damit werden auch technische Maßnahmen für Datenschutz umgesetzt, aber aufgrund eines anderen Schutzobjekts, nämlich den einzelnen Betroffenen, kann IT-Grundschutz die operativen Anforderungen des Datenschutzes nicht erfüllen. In methodischer Analogie zum IT-Grundschutz ist dafür das Standard-Datenschutzmodell (SDM) entwickelt worden, das auch die Basis für ein entwickeltes Datenschutz-Management ist.
Unternehmen und Behörden können ihr systematisches Vorgehen bei der Absicherung ihrer IT-Systeme (Informationssicherheits-Managementsystem (ISMS)) gegen Gefährdungen der IT-Sicherheit mit Hilfe des ISO/IEC 27001-Zertifikats auf Basis von IT-Grundschutz nachweisen.
BSI-Standards und IT-Grundschutz-Kataloge
Durch die Umstrukturierung und Erweiterung des IT-Grundschutzhandbuchs im Jahr 2006 durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) wurden die Methodik und die IT-Grundschutz-Kataloge getrennt. Seit diesem Zeitpunkt gleicht das BSI seine eigenen Standards regelmäßig an internationale Normen wie der ISO/IEC 27001 an.
Die frei verfügbaren BSI-Standards enthalten Angaben zum Aufbau eines Informationssicherheitsmanagementsystems (ISMS) und zur Umsetzung des IT-Grundschutzes. Im Oktober 2017 lösten die BSI-Standards 200-1, 200-2 und 200-3 die BSI-Standards der Reihe 100-x weitgehend ab[1]. Nur der 2008 veröffentlichte BSI-Standard 100-4 ist weiterhin gültig, er vereint Elemente aus dem BS 25999 sowie dem ITIL Service Continuity Management mit den relevanten Bausteinen der IT-Grundschutz-Kataloge. Mit Umsetzung dieses Standards ist eine Zertifizierung gemäß BS 25999-2 möglich. Der designierte Nachfolger BSI-Standard 200-4 („Business Continuity Management“) liegt Stand 23. Februar 2022 als Community Draft vor.
Übersicht der BSI-Standards Stand 23. Februar 2022:
- BSI-Standard 200-1[2] (Titel: „Managementsysteme für Informationssicherheit“): Erläutert den Aufbau eines Informationssicherheitsmanagementsystems (ISMS)
- BSI-Standard 200-2[3] (Titel: „IT-Grundschutz-Methodik“): Beschreibt die grundlegenden Vorgehensweisen nach IT-Grundschutz
- BSI-Standard 200-3[4] (Titel: „Risikomanagement“): Erstellung einer Risikoanalyse für hohen und sehr hohen Schutzbedarf aufbauend auf einer durchgeführten IT-Grundschutzerhebung
- BSI-Standard 100-4[5] (Titel: „Notfallmanagement“): Wesentliche Aspekte für ein angemessenes Business Continuity Management (BCM)
- BSI-Standard 200-4[6] (Titel: „Business Continuity Management“): Befindet sich in Arbeit, ein Community Draft ist verfügbar
Die IT-Grundschutz-Kataloge sind eine Sammlung von Dokumenten, welche die schrittweise Einführung und Umsetzung eines ISMS erläutern. Dazu sind beispielhaft Bausteine, Gefährdungen und Maßnahmen definiert. Der IT-Grundschutz gilt als praxisnahe Ableitung von Methoden mit reduziertem Arbeitsaufwand.[7]
Konzept
Basis eines IT-Grundschutzkonzepts ist der initiale Verzicht auf eine detaillierte Risikoanalyse. Es wird von pauschalen Gefährdungen ausgegangen und dabei auf die differenzierte Einteilung nach Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit verzichtet. Es werden drei Schutzbedarfskategorien gebildet, mit deren Hilfe man den Schutzbedarf des Untersuchungsgegenstandes feststellt und darauf basierend die entsprechenden personellen, technischen, organisatorischen und infrastrukturellen Sicherheitsmaßnahmen aus den IT-Grundschutz-Katalogen auswählt.
Basierend auf den IT-Grundschutz-Katalogen des deutschen BSI bietet der BSI-Standard 100-2 (vor 2006 IT-Grundschutzhandbuch) ein „Kochrezept“ für ein normales Schutzniveau. Dabei werden neben Eintrittswahrscheinlichkeiten und potenzieller Schadenshöhe auch die Kosten der Umsetzung berücksichtigt. Durch die Verwendung der IT-Grundschutz-Kataloge entfällt eine aufwändige Sicherheitsanalyse, die Expertenwissen erfordert, da anfangs mit pauschalisierten Gefährdungen gearbeitet wird. Es ist möglich, auch als relativer Laie die zu ergreifenden Maßnahmen zu identifizieren und in Zusammenarbeit mit Fachleuten umzusetzen.
Als Bestätigung für das erfolgreiche Umsetzen des Grundschutzes zusammen mit dem Etablieren eines Informationssicherheitsmanagementsystems (ISMS) wird vom BSI ein Zertifikat ISO/IEC 27001 auf Basis von IT-Grundschutz vergeben. In den Stufen 1 und 2 basiert es auf Selbsterklärungen, in der Stufe 3 erfolgt eine Überprüfung durch einen unabhängigen, vom BSI lizenzierten Auditor. Basis dieses Verfahrens sind die neuen BSI-Sicherheitsstandards. Dieses Verfahren trägt einer Entwicklung Rechnung, die bereits seit einiger Zeit vorherrscht. Unternehmen, die sich nach dem ISO/IEC 27001-Standard zertifizieren lassen, sind zur Risikoanalyse verpflichtet. Um es sich komfortabler zu gestalten, wird meist auf die Schutzbedarfsfeststellung gemäß IT-Grundschutz-Katalogen ausgewichen. Der Vorteil ist sowohl das Erreichen der Zertifizierung nach ISO/IEC 27001, als auch eine Konformität zu den strengen Richtlinien des BSI. Darüber hinaus bietet das BSI einige Hilfsmittel wie Musterrichtlinien an. Früher wurde auch ein GSTOOL angeboten, dessen Vertrieb und Support jedoch eingestellt wurde.
Es liegt auch ein Baustein für den Datenschutz vor, der von dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in Zusammenarbeit mit den Datenschutzbehörden der Länder erarbeitet und in die IT-Grundschutz-Kataloge integriert wurde. Dieser Baustein findet jedoch als nationale Ausprägung im Zertifizierungsverfahren für eine internationale Norm keine Berücksichtigung.
IT-Grundschutzvorgehensweise
Gemäß IT-Grundschutzvorgehensweise werden die folgende Schritte durchlaufen:
- Definition des Informationsverbundes
- Durchführung einer Strukturanalyse
- Durchführung einer Schutzbedarfsfeststellung
- Modellierung
- Durchführung des IT-Grundschutz-Checks
- Risikoanalyse
- Konsolidierung der Maßnahmen
- Umsetzung der IT-Grundschutzmaßnahmen
Informationsverbund
Unter einem Informationsverbund ist die Gesamtheit von infrastrukturellen, organisatorischen, personellen und technischen Komponenten zu verstehen, die der Aufgabenerfüllung in einem bestimmten Anwendungsbereich der Informationsverarbeitung dienen. Ein Informationsverbund kann dabei als Ausprägung die gesamte IT einer Institution oder auch einzelne Bereiche umfassen, die durch organisatorische Strukturen (z. B. Abteilungsnetz) oder gemeinsame IT-Anwendungen (z. B. Personalinformationssystem) gegliedert sind.
Strukturanalyse
Für die Erstellung eines IT-Sicherheitskonzepts und insbesondere für die Anwendung des IT-Grundschutz-Kompendiums ist es erforderlich, die Struktur der vorliegenden Informationstechnik zu analysieren und zu dokumentieren. Aufgrund der heute üblichen starken Vernetzung von IT-Systemen bietet sich ein Netztopologieplan als Ausgangsbasis für die Analyse an. Die folgenden Aspekte müssen berücksichtigt werden:
- die vorhandene Infrastruktur,
- die organisatorischen und personellen Rahmenbedingungen für den Informationsverbund,
- im Informationsverbund eingesetzte vernetzte und nicht-vernetzte IT-Systeme,
- die Kommunikationsverbindungen zwischen den IT-Systemen und nach außen,
- im Informationsverbund betriebene IT-Anwendungen.
Schutzbedarfsfeststellung
Zweck der Schutzbedarfsfeststellung ist es zu ermitteln, welcher Schutz für die Informationen und die eingesetzte Informationstechnik ausreichend und angemessen ist. Hierzu werden für jede Anwendung und die verarbeiteten Informationen die zu erwartenden Schäden betrachtet, die bei einer Beeinträchtigung von Vertraulichkeit, Integrität oder Verfügbarkeit entstehen können. Wichtig ist dabei auch eine realistische Einschätzung der möglichen Folgeschäden. Bewährt hat sich eine Einteilung in die drei Schutzbedarfskategorien „normal“, „hoch“ und „sehr hoch“[8]. Bei der Vertraulichkeit wird häufig auch „öffentlich“, „intern“ und „geheim“ verwendet.
Der Schutzbedarf für einen Server richtet sich nach den Anwendungen, die auf ihm laufen. Hierbei ist zu beachten, dass auf einem IT-System mehrere IT-Anwendungen laufen können, wobei die Anwendung mit dem höchsten Schutzbedarf die Schutzbedarfskategorie des IT-Systems bestimmt (sogenanntes Maximumprinzip).
Es kann sein, dass mehrere Anwendungen auf einem Server laufen, die einen niedrigen Schutzbedarf haben – mehr oder weniger unwichtige Anwendungen. In ihrer Summe sind diese Anwendungen jedoch mit einem höheren Schutz zu versehen (Kumulationseffekt).
Umgekehrt ist es denkbar, dass eine IT-Anwendung mit hohem Schutzbedarf diesen nicht automatisch auf das IT-System überträgt, da dieses redundant ausgelegt ist oder da auf diesem nur unwesentliche Teile laufen (Verteilungseffekt). Dies ist z. B. bei Clustern der Fall.
Modellierung
Die Informationstechnik in Behörden und Unternehmen ist heute üblicherweise durch stark vernetzte IT-Systeme geprägt. In der Regel ist es daher zweckmäßig, im Rahmen einer IT-Sicherheitsanalyse bzw. IT-Sicherheitskonzeption die gesamte IT und nicht einzelne IT-Systeme zu betrachten. Um diese Aufgabe bewältigen zu können, ist es sinnvoll, die gesamte IT in logisch getrennte Teile zu zerlegen und jeweils einen Teil, eben einen Informationsverbund, getrennt zu betrachten. Voraussetzung für die Anwendung der IT-Grundschutz-Kataloge auf einen Informationsverbund sind detaillierte Unterlagen über seine Struktur. Diese können beispielsweise über die oben beschriebene IT-Strukturanalyse gewonnen werden. Anschließend müssen die Bausteine der IT-Grundschutz-Kataloge in einem Modellierungsschritt auf die Komponenten des vorliegenden Informationsverbunds abgebildet werden.
IT-Grundschutz-Check
Basis für den IT-Grundschutz-Check sind die Anforderungen aus dem IT-Grundschutz-Kompendium. Aus der Strukturanalyse und der anschließenden Modellierung geht ein Modell des Informationsverbunds hervor, das alle relevanten Objekte mit den zugehörigen Bausteinen des IT-Grundschutz-Kompendiums enthält. Aufgrund der nun vorliegenden Bausteine wird für jedes Objekt ermittelt wie hoch der Erfüllungsgrad der in den Bausteinen enthaltenen Anforderungen ist. Dies geschieht großenteils durch Interviews mit den Verantwortlichen der jeweiligen Bereiche. Der IT-Grundschutz-Check ist somit ein Organisationsinstrument, welches einen gebündelten Überblick über das vorhandene IT-Sicherheitsniveau bietet. Als Ergebnis liegt ein Katalog vor, in dem für jede relevante Anforderung der Umsetzungsstatus „entbehrlich“, „ja“, „teilweise“ oder „nein“ erfasst ist. Durch die Identifizierung von noch nicht oder nur teilweise umgesetzten Maßnahmen werden Verbesserungsmöglichkeiten für die Sicherheit der betrachteten Informationstechnik aufgezeigt.
Der IT-Grundschutz-Check gibt Auskunft über die noch fehlenden Maßnahmen (Soll/Ist-Abgleich). Daraus folgt was noch zu tun ist, um das angestrebte Maß an Sicherheit zu erlangen. Die Grundschutz-Methodik unterscheidet hier die Basis-, Standard- oder Kernabsicherung. Die Anforderungen des Kompendiums sind für die jeweilige Absicherungsmethode gekennzeichnet (Basis, Standard und für erhöhten Schutzbedarf).
Für Systeme mit hohem/sehr hohem Schutzbedarf werden mitunter auch auf einer Risikoanalyse basierende Informationssicherheits-Konzepte, wie zum Beispiel nach ISO/IEC 27001 angewandt.
Risikoanalyse
Im Anschluss an den IT-Grundschutz-Check folgt eine Risikoanalyse. (Mit der Neuauflage der Grundschutz-Methodik (BSI Standard 200-2) wurde der Zwischenschritt einer "ergänzenden Sicherheitsanalyse" gestrichen.) Die Risikoanalyse kann mit Hilfe des BSI-Standards 200-3 durchgeführt werden.
Konsolidierung der Maßnahmen
Identifikation von eventuell doppelt modellierten Maßnahmen.
Literatur
- Norbert Pohlmann, Hartmut F. Blumberg: Der IT-Sicherheitsleitfaden. (Das Pflichtenheft zur Implementierung von IT-Sicherheitsstandards im Unternehmen. Planung und Umsetzung von IT-Sicherheitslösungen. IT-Sicherheit als kontinuierlichen Geschäftsprozess gestalten. Abbildung und Adaptierung der Normen ISO 13335 und BS 7799). mitp, Bonn 2004, ISBN 3-8266-0940-9.
- Felix Freiling, Rüdiger Grimm, Karl-Erwin Großpietsch, Hubert B. Keller, Jürgen Mottok, Isabel Münch, Kai Rannenberg, Francesca Saglietti: Technische Sicherheit und Informationssicherheit – Unterschiede und Gemeinsamkeiten. In: Informatik Spektrum. Februar 2014, Volume 37, Issue 1, S. 14–24 doi:10.1007/s00287-013-0748-2
- Isabel Münch: IT-Grundschutz zum Bewältigen von IT-Risiken in Unternehmen. In: Torsten Gründer: Managementhandbuch IT-Sicherheit. Risiken, Basel II, Recht Erich Schmidt Verlag, 2007, S. 285–308 ISBN 978-3-503-10002-6
Weblinks
Einzelnachweise
- BSI-Standards
- BSI-Standard 200-1: Managementsysteme für Informationssicherheit
- BSI-Standard 200-2: IT-Grundschutz-Methodik
- BSI-Standard 200-3: Risikomanagement
- BSI-Standard 100-4: Notfallmanagement
- BSI-Standard 200-4: Business Continuity Management (Community Draft)
- Olof Leps: Hybride Testumgebungen in der Informationssicherheit: Effiziente Sicherheitsanalysen für Industrieanlagen. In: Hybride Testumgebungen für Kritische Infrastrukturen. Springer Vieweg, Wiesbaden, 2018, ISBN 978-3-658-22613-8, S. 41–68, doi:10.1007/978-3-658-22614-5_4 (springer.com [abgerufen am 30. Dezember 2018]).
- https://www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Publikationen/ITGrundschutzstandards/BSI-Standard_1003.pdf?__blob=publicationFile