Hubert Haderthauer
Hubert Haderthauer (* 24. Dezember 1956 in Weißenburg in Bayern; † 27. Mai 2021[1]) war ein deutscher forensischer Psychiater.
Leben und Beruf
Hubert Haderthauer studierte in Würzburg Medizin und machte anschließend am Bezirkskrankenhaus Ansbach seinen Facharzt für Psychiatrie und Neurologie. Im Jahr 1991 übernahm er die Leitung der landgerichtsärztlichen Dienststelle am Landgericht Ingolstadt.[2] Zu seinem Aufgabenbereich gehörte die Begutachtung von Straftätern im Rahmen der Feststellung der Schuldfähigkeit sowie die forensische Erstuntersuchung der Todesumstände am Tatort in Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei und der Staatsanwaltschaft.[2] Als Medizinaldirektor und Spezialist für forensische Psychiatrie gutachtete er in vielen überregional aufsehenerregenden Gerichtsprozessen.[3][4] 2016 wechselte er beruflich zur Regierung von Oberbayern.
Haderthauer war der Ehemann der ehemaligen CSU-Politikerin Christine Haderthauer. Das Ehepaar war von 1985 bis zu seinem Tod verheiratet und lebte in Ingolstadt. Aus der Ehe gingen zwei inzwischen erwachsene Kinder hervor, eine Tochter (* 1985) und ein Sohn (* 1988).[5][6]
Öffentliche Wahrnehmung
Modellbau-Affäre
2014 war Haderthauer in die Modellauto-Affäre involviert. Er hatte ab 2004 bis 2008 als geschäftsführender Gesellschafter für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Sapor Modelltechnik fungiert, deren Geschäfte 2014 Gegenstand juristischer Ermittlungen wurden.
Am 4. November 2015 erhob die Staatsanwaltschaft München II wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung und Betrug Anklage gegen Haderthauer. Haderthauer wehrte sich im Prozess gegen den Betrugsvorwurf, während er bezüglich der zur Last gelegten Steuerhinterziehung in Höhe von 44.000 € zumindest teilweise ein Fehlverhalten einräumte, insofern er zugestand, Provisionszahlungen in Höhe von 14.000 € nicht korrekt angegeben zu haben.[7] Während des Prozesses entkräftete ein Steuerfahnder die medial behaupteten Millionengewinne:[8] Nach 19 Jahren habe der Betrieb 107.000 € Verluste gemacht.[9] Am 25. Februar 2016 wurde Haderthauer zur Zahlung von 270 Tagessätzen à 70 € verurteilt. Das Gericht sah in seinem Urteil die teilweise eingeräumte Steuerhinterziehung als erwiesen, den Betrug nicht als vollendet, dennoch als versucht an.[10]
Der vom Bayerischen Landtag eingesetzte Untersuchungsausschuss „Modellbau“ kam im Februar 2017 zu seinem Ende. Der Schlussbericht der CSU-Mehrheit im Ausschuss sprach sowohl Christine als auch Hubert Haderthauer von Vorwürfen frei.[11] CSU-Obmann Florian Hermann wurde in Medien dazu zitiert: „Dass sich Dr. Haderthauer bereichert hätte, dieser Kurzschluss, den kann man so nicht ziehen.“[11] Die Oppositionsparteien kamen dagegen in einem Minderheitenbericht zu anderen Ergebnissen.[11]
Klage des Freistaats
Kurz vor Bekanntwerden der Affäre wurde gegen den Amtsträger Hubert Haderthauer im Juli 2014 ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Grund dafür war eine Klage des Freistaats Bayern gegen Haderthauer. Dabei ging es um Honorare, die Haderthauer für Drogen-Screening-Untersuchungen im Auftrag des Freistaates abgerechnet hatte. Haderthauer hatte im Auftrag des Freistaats Bayern Drogen-Screenings durchgeführt. Die Honorare, die so seit 1991 zustande gekommen waren, forderte der Freistaat mit der Argumentation zurück, Haderthauer sei kein Laborarzt, sondern Facharzt für Psychiatrie, und habe deshalb nicht nach der Gebührenordnung für Laborleistungen abrechnen dürfen.[12] Der Staat Bayern verklagte Haderthauer auf Rückzahlung der Honorare in Höhe von 89.000 €.[13]
Am 17. Februar 2016 wies das Landgericht München I die Klage des Freistaats gegen Haderthauer ab (Az. O 20894/14).[13] Haderthauer habe die fraglichen Leistungen auf gerichtliches und staatsanwaltschaftliches Ersuchen hin erbracht. Zudem stand ihm, wie das Gericht feststellte, der Honoraranspruch für seine Gutachterleistungen unabhängig von seiner fachärztlichen Ausrichtung zu. Weil dem Freistaat von Anfang an all diese Fakten bekannt gewesen seien, die zur Ablehnung der Klage führten, bezeichnete das Gericht die Honorarrückforderung des Freistaats als „treuwidrig“.[13]
Der Freistaat Bayern ging daraufhin in Berufung. Am 21. Juli 2016 wurde auch im Berufungsverfahren zugunsten Haderthauers entschieden.[12]
Diskussion der Dissertation
Bereits ein Jahr zuvor, im Sommer 2013, berichtete die Presse über Kritik an Haderthauers Dissertation aus dem Jahr 1986, die mit zehn Seiten selbst für den Fachbereich Medizin außergewöhnlich kurz ausgefallen sei.[14] Außerdem wurde ein Plagiatsverdacht geäußert. Die Universität Würzburg kam nach einer Untersuchung der Doktorarbeit jedoch zu dem Ergebnis, dass der Verdacht unbegründet sei.[15] Laut des Gutachtens der Universität zum Plagiatsvorwurf habe die Doktorarbeit im Gegenteil sogar zu den wissenschaftlich besonders erfolgreichen Arbeiten gezählt.[15] Es habe sich um eine aufwändige, experimentelle Doktorarbeit unter Verwendung histochemischer und biochemischer Methoden gehandelt. Der experimentelle Zeitaufwand für die Arbeit betrug nach Aussage des Doktorvaters etwa 1,5 bis 2 Jahre.[15]
Weblinks
- Portrait über Hubert Haderthauer anlässlich des 20jährigen Jubiläums als Landgerichtsarzt in Ingolstadt. Donaukurier, 22. Januar 2012
- Hubert Haderthauer im Gespräch über die Faszination von Verbrechen vor der Haustüre. Donaukurier, 2. Oktober 2019
- Schlussbericht des Untersuchungsausschusses vom 23. Februar 2017 (PDF, 198 Seiten)
- Minderheitenbericht der Oppositionsparteien im Ausschuss vom 4. Mai 2017 (PDF, 85 Seiten)
- CSU wäscht Haderthauer rein (Memento vom 28. März 2017 im Internet Archive) Rudolf Erhard mit Dalia Antar im BR am 20. Februar 2017
Einzelnachweise
- Traueranzeige. In: Donaukurier. 5. Juni 2021, abgerufen am 17. Juni 2021.
- Christian Rehberger: „Wir suchen Störfaktoren, nicht die Wahrheit“. In: Donaukurier. 22. Dezember 2012, abgerufen am 22. Mai 2021.
- Horst Richter: „Man könnte eventuell der nächste sein“. In: Donaukurier. 2. Oktober 2019, abgerufen am 22. Mai 2021.
- Luzia Riedhammer: „Ein Blick in die menschlichen Abgründe“. In: Augsburger Allgemeine Zeitung. 22. September 2011, abgerufen am 22. Mai 2021.
- Ralf Müller: „Die Männer werden sich noch wundern“. In: rundschau-online.de. 22. Oktober 2007, abgerufen am 13. Juni 2021.
- „Wir sind ein geniales Team“. In: Bunte. 18. August 2010, abgerufen am 12. August 2014.
- Haderthauer will aus Rücksicht auf seine Frau gehandelt haben , Süddeutsche Zeitung , am 8. Januar 2016 (Seite nicht mehr abrufbar am 22. Februar 2016)
- Rudolf Erhard: Ponton bekräftigt Vorwürfe gegen Haderthauers. In: Bayerischer Rundfunk. 11. Juni 2015, archiviert vom Original am 23. August 2015; abgerufen am 22. Februar 2016.
- Stefan Küpper: Der Haderthauer-Prozess geht in Runde sechs. In: Augsburger Allgemeine Zeitung. 22. Januar 2016, abgerufen am 22. Februar 2016.
- Uli Bachmeier: Hubert Haderthauer kommt mit einer Geldstrafe davon. In: Augsburger Allgemeine Zeitung. 25. Februar 2016, abgerufen am 25. Februar 2016.
- Rudolf Erhard: CSU wäscht Haderthauer rein , Bayerischer Rundfunk , am 20. Februar 2017 (Seite nicht mehr abrufbar am 27. Dezember 2018)
- John Schneider: „Das Honorar des Hubert Haderthauer“. In: Abendzeitung. 21. Juli 2016, abgerufen am 22. Juli 2016.
- Dietrich Mittler: Hubert Haderthauer muss kein Geld an Freistaat zurückzahlen , Süddeutsche Zeitung , am 17. Februar 2016 (Seite nicht mehr abrufbar am 21. Februar 2016)
- Hubert Haderthauer: Peptidasenhisto- und -biochemie in der Niere weiblicher Ratten nach Kastration und Behandlung mit Geschlechtshormonen. Dissertation, Würzburg 1986.
- Universität Würzburg :Plagiatsverdacht untersucht , am 28. Juni 2013, abgerufen am 20. August 2014 , archiviert vom Original