Hubert Charles
Hubert Charles genannt „von Riaz“ (* 2. November 1793 in Marsens; † 28. März 1882 in Freiburg) war ein Schweizer Politiker und Staatsrat des Kantons Freiburg.
Er war katholisch und stammte aus einer bürgerlichen Familie von Echarlens, die sich im Jahr 1800 in Riaz niederließ, als Charles' Vater dort ein großes Landgut erwarb. Seine Eltern waren Pierre-Joseph-Nicolas Charles und Marie-Françoise geb. Dupasquier. Sein Vater war ein wohlhabender Grundbesitzer, Eigentümer des großen Landguts, das später durch Legat in den Besitz des Spitals von Riaz überging. Er war Richter am Bezirksgericht in Bulle, Großrat und stellvertretender kantonaler Appellationsrichter.
Leben
Charles besuchte von 1807 bis 1813 das Kollegium St. Michael, das er mit der Matura abschloss. Im Jahr 1814 begab er sich nach Paris, um dort Rechts- und Griechischstudien zu betreiben. Zudem besuchte er 1815 Chemiekurse bei Professor Langier im Jardin des Plantes. Er begab sich nach Wien, wo er Sekretär des Herzogs von Württemberg, eines Verwandten des russischen Zars Alexander I., wurde. Er begleitete den Herzog auf dessen Reisen, insbesondere nach St. Petersburg. Allein bereiste er Italien, um seine literarischen und künstlerischen Kenntnisse zu vertiefen. Als sachkundiger Intellektueller und Autodidakt beherrschte er neben dem Französischen Latein, Griechisch, Italienisch, Deutsch und Englisch und las die entsprechenden Schriftsteller in der Originalsprache.
Im Jahr 1819 nach Freiburg zurückgekehrt, wurde er zum Bezirksrichter in Bulle (1819–1820) ernannt, bevor er weitere Studienreisen nach Deutschland (1820–1823) unternahm. Von 1825 bis 1830 hielt er sich erneut in Bulle auf, wo er den großen Familienbesitz verwaltete. Ledig geblieben, führte er das Leben eines Gentleman Farmer, der seinen Schwestern eng verbunden blieb.
1824 bis 1825 hielt sich Charles im Wallis auf, um Flussverbauungen zu studieren. Zurück im Greyerzerland, wurde er vom Staatsrat zum Direktor der Wasserkraftanlagen ernannt, die von den betroffenen Gemeinden zwischen den Brücken von Montbovon und Thusy errichtet wurden. Dieses erfolgsgekrönte Unternehmen machte ihn im ganzen Greyerzerland bekannt.
Politische Karriere
Im Jahr 1829 hätte Charles eine politische Karriere beginnen können. Er wäre zum Großrat ernannt worden, wenn er im Sinne des Staatsrats abstimmte. Als Liberaler lehnte er dies ab, indem er erklärte, er stimme so ab, wie ihm dies sein Gewissen gebiete. Das Regime der Restauration (1814–1830) entfernte ihn aus dem Großen Rat, und er ging offen in die Opposition. Wenig später nahm er am Aufstand vom Dezember 1830 teil, in dem die Oligarchie der privilegierten Bürgerschaft der Hauptstadt gestürzt wurde.
Nun begann für Charles der erste, sehr aktive Teil seines politischen Lebens auf kantonaler Ebene: Verfassungsrat, Großrat des Greyerzbezirks (1831–1846) und Staatsrat (1831–1846). Er beteiligte sich aktiv am Kommissionssystem der Regierung und präsidierte den Polizeirat (1831–1841), der das umfassende Programm der geteerten Kantonsstraßen lancierte, den Rat des Innern (1831–1839), den Gesundheitsrat (1831–1837) und den Regiebetrieb der Kantonspost (1832–1841). Als gläubiger Katholik und politischer Liberaler folgte er nicht der extremen Minderheit der Liberalen, die sich dem Radikalismus annähern. Als Anhänger des «Juste-Milieu» blieb er aber auch den Konservativen fern, die nach 1837 an Bedeutung gewannen. Sein Einfluss in der Regierung schwand. 1846 trat er zurück, nachdem er vergeblich den Beitritt des Kantons zum Sonderbund bekämpft hatte. Er nahm dieselbe Haltung ein wie sein Freund und künftiger Kollege Romain Werro: Beide waren bestürzt über die Zunahme des politischen Extremismus.
Nach dem Beginn des radikalen Regimes (1847) kehrte er in die Politik zurück, um die Exzesse der Schaller’schen Regierung zu bekämpfen. Bei Wahlen, die in Form von Volksversammlungen abgehalten wurden, riskierte er seine Gesundheit und sein Leben, blieb jedoch der Champion des gesetzlichen Widerstands und gewann die gemäßigten Konservativen für seine Sache. Charles war einer der Organisatoren der Volksversammlung von Posieux. 1852 wurde er in den Nationalrat gewählt, in dem er bis 1863 blieb, und von 1853 bis 1871 war er Großrat. Er gab Broschüren heraus und organisierte Petitionen, die das radikale Regime ins Wanken brachten, bis es im Dezember 1856 gestürzt wurde.
Am 4. Juni 1857 begann Charles’ zweite politische Karriere, als ihn der Große Rat mit 70 von 73 Stimmen in den Staatsrat wählte. Er nahm die Wahl unter der Bedingung an, dass das Parlament auch seinen Freund Romain Werro zum Staatsrat ernannte, was denn auch geschah. Charles wurde der starke Mann der Exekutive, die er 1857, 1859, 1861, 1862, 1864, 1866 (Juni bis Dezember), 1867, 1869 und 1871 präsidierte. Fünfzehn Jahre lang (1857–1871) war er Erziehungsdirektor. Er führte den klassischen Unterricht am Kollegium St. Michael (1857) wieder ein, organisierte das Lehrerseminar in Hauterive (1868) und reformierte die Primarschule (1870). Der Politiker, dem es gelang, die den radikalen Exzessen feindlichen Liberalen mit den gemäßigten Konservativen zu vereinen, setzte sich zwischen 1857 und 1865 als inoffizieller Regierungschef durch. Danach verloren die gemäßigten Kräfte an Einfluss, und das liberal-konservative Bündnis begann zu bröckeln. Spannungen tauchten auf, die Charles bewogen, im Dezember 1871 im Alter von 78 Jahren der Politik den Rücken zu kehren. Er ging erneut auf Reisen und hielt sich häufig in Montpellier auf, um seiner literarischen Leidenschaft zu frönen. Am 28. März 1882 starb er im Alter von 89 Jahren.
Charles liebte die Literatur und die Naturwissenschaften. Mit seiner Prosa und seinen Dichtungen war er mit für den Erfolg der im Jahr 1841 gegründeten Zeitschrift L’Emulation verantwortlich. Er verfasste zahlreiche politische Broschüren und eine bemerkenswerte Course dans la Gruyère (1827).
Literatur
- Georges Andrey, John Clerc, Jean-Pierre Dorand et Nicolas Gex: Der Freiburger Staatsrat: 1848–2011. Geschichte, Organisation, Mitglieder. Editions La Sarine, Freiburg 2012, ISBN 978-2-88355-153-4.