Hubarbeitsbühne
Eine Hubarbeitsbühne (auch Arbeitsbühne, Hubsteiger oder Steiger[1]; HAB abgekürzt) ist ein Gerät mit einer Aufenthaltsbühne und einem hydraulischen oder elektromechanischen Antrieb; sie ist eine Arbeitsplattform mit einem Ein- und Ausstieg, meist im Bodenbereich. Die Bühnen arbeiten mit unterschiedlicher Mechanik je nach Zielsetzung z. B. über einen bewegbaren Arm, eine Scherenkonstruktion oder einen senkrechten Mast. Bühnen mit ausschließlich vertikaler Bewegung werden Hebebühnen genannt.
Einsatzgebiete
Eingesetzt werden z. B.:
- Gelenkarmbühnen, um Straßenlampen, Bäume, Oberleitungen oder niedrige Hochspannungsleitungen zu erreichen, an denen meist kurzfristig Arbeiten vorgenommen werden müssen,
- Scherenbühnen oftmals für den Einsatz im Hallenbereich für Montagearbeiten unterhalb von Decken oder
- mastgeführte Kletterbühnen für längerfristige und großflächige Einsätze mit Materialtransport wie z. B. Glasfassadenmontage,
- Brandbekämpfungs-, Rettungs- und technische Einsätze bei Feuerwehren.
Bauformen
Hubarbeitsbühnen können nach verschiedenen Kriterien unterschieden werden:
- verankert oder verfahrbar
- fest mit einer Konstruktion verbundene Arbeitsbühnen oder
- frei verfahrbaren Arbeitsbühnen.
- Art der Hubkonstruktion
- Scherenbühnen,
- Boomlifter,
- Gelenk-Teleskopbühnen,
- an einem Mast wie bei Mastgeführten Kletterbühnen (EN 1495)
- Art des Hubantriebs
- Hydraulik
- Seilmechanik
- Zahnrad- oder Schneckenantrieb
- Verfahrbarkeit
- Montiert auf LKW-Rahmen, gespeist über Nebenantrieb
- Montiert auf Schienenfahrzeug
- Montiert auf langsam fahrendem Rahmen mit Rädern
- Montiert auf Raupenfahrwerk
- Montiert auf Spreizrahmen
- Montiert auf Anhängern, fremd (elektrisch) gespeist
- Tragfähigkeit
- Tragfähigkeit bis 200 kg
- Tragfähigkeit bis 1.000 kg
- Tragfähigkeit bis 8.000 kg.
- Höhe
- Geringe Höhen bis ca. 12 m
- Mittlere Höhen bis ca. 30 m
- Große Höhen bis 100 m und darüber
- Hubgeschwindigkeit
- Geringe Hubgeschwindigkeit
- große Hubgeschwindigkeit
Viele Hubarbeitsbühnen sind auf einem LKW-Fahrgestell aufgebaut.
Es gibt LKW-Arbeitsbühnen mit Einsatzhöhen von über 100 m bzw. Reichweiten bis 40 m. Einsatzgebiete für diese Giganten sind Windkraftanlagen, Industrieanlagen wie hohe Kamine, Kühltürme, Tankanlagen und Richtfunkmasten. Auch für Arbeiten in der Gebäudesanierung oder bei Film- und Fernsehaufnahmen, Konzerten oder Sportveranstaltungen sind diese LKW-Bühnen prädestiniert. Sollten die Arbeiten größere Arbeitsflächen erfordern oder Materialtransport in größerem Umfang finden Kletterbühnen ihren Einsatz. Dies z. B. bei Windkraftanlagenmontagen bis zu einem unteren Durchmesser von 13 m mit sogenannten Scanclimbern.
Neben diesen „Giganten“ werden aber auch für die täglichen Arbeiten von Handwerksunternehmen, Kommunalbetrieben und Energieversorgern vielfach hydraulische LKW-Arbeitsbühnen eingesetzt. Werden bei Kommunalbetrieben beispielsweise zur Wartung von Beleuchtungen häufig Hubarbeitsbühnen mit einer Höhe von 11–20 m benötigt, so sind etwa im Baumschnitt oder bei der Gebäude- und Fassadenreinigung und für Maler- oder Dachdeckerarbeiten Geräte bis 30 m Arbeitshöhe oder mehr im Einsatz.
Für die notwendige Standsicherheit beim Arbeitseinsatz sorgen in den meisten Fällen vier hydraulische Stützen, die je nach Modellvariante einzeln, paarweise oder komplett ausgefahren werden können und am Fahrzeugrahmen montiert sind.
Die Hubarbeitsbühnen können auf die verschiedensten Trägerfahrzeuge aufgebaut werden. Ob es sich um ein 3,5-t-, 7,5-t- oder 18-t-Chassis, einen 2- oder 3-Achser handelt, hängt vornehmlich von der Arbeitshöhe der aufzubauenden Hubarbeitsbühne ab. In Deutschland gelten sie als selbstfahrendes Arbeitsgerät und unterliegen anderen Zulassungsvorschriften für den Straßenverkehr als das Fahrzeug auf dem sie aufgebaut sind.
Als Sondersystem können u. a. sogenannte Teleskopgabelstapler mit einer Arbeitsplattform ausgestattet werden und so zu einer Hubarbeitsbühne umfunktioniert werden. Die Tragfähigkeiten und Arbeitshöhen sind lediglich an die Möglichkeiten des Teleskopstaplers gebunden.
Das Auslegersystem
Von entscheidender Bedeutung für Leistungsfähigkeit und Beweglichkeit der LKW-Arbeitsbühne ist das Auslegersystem, das je nach Modellvariante aus Unterarmteleskopausleger, teleskopierbarem Oberarm und beweglichem Korbarm bestehen kann.
Je beweglicher das Auslegersystem der Bühne, desto problemloser können schwer zugängliche Einsatzorte, z. B. in Bäumen, Hallen und an Leitungen, erreicht werden.
Bei Teleskop-Auslegersystemen mit Rundprofiltechnik in Belastungsrichtung (wie beim Autokran) kann zwar das Teleskoparm-System leichter ausgelegt werden als beim herkömmlichen „Polygon“-Profil. Statische Berechnungen ergeben aber eine starke Durchbiegung („Fishrod Effect“, vergleichbar einer Angelrute), die insbesondere das Wiedereinfahren der Teleskope erschwert.
Sonderbauarten der Schwenkvorrichtung (z. B. „Kurbelschwenktisch“, „Variabler Turm“) dienen zum einen der Einsparung von Baulänge am Trägerfahrzeug, zum anderen wird ein seitlicher Überhang beim Schwenken vermieden.
Führen Arbeitseinsätze in unwegsames Gelände – wie z. B. auf Baustellen, Friedhöfe oder Parkanlagen, sind robuste und kompakte Arbeitsbühnen auf Raupenfahrgestell das richtige Arbeitswerkzeug, denn sie passen sich den gegebenen Bodenverhältnissen an. Aber auch auf genau gegenteiligem Terrain, nämlich auf empfindlichen Böden wie Fliesen oder in Turnhallen, werden Raupenbühnen mit Kunststoffketten bevorzugt eingesetzt. Die Raupenketten verteilen das Gewicht der Arbeitsbühne optimal auf eine breite Fläche und schonen so den Untergrund.
Arbeitskorb
Im Arbeitskorb der Bühne befindet sich das Bedienungspult. Von hier aus können sämtliche Bewegungen der Arbeitsbühne gesteuert werden.
Die Arbeitskörbe verfügen je nach Hubarbeitsbühnenmodell über Tragfähigkeiten von 100–1000 kg. Man unterscheidet zwischen Kunststoff- und Aluminiumarbeitskörben. Für Arbeiten unter spannungsführenden Elektroleitungen ist eine doppelte Isolation gegen 1.000 Volt vorgeschrieben, was aber meist zur Serienausstattung gehört.
Im Baustellenbereich werden meist selbstfahrende dieselgetriebene Teleskop- und Gelenkteleskopbühnen eingesetzt die eine Arbeitshöhe zwischen 12 und 44 m erreichen.
Alternativ wird in solchen Bereichen auch oft mit Scherenarbeitsbühnen gearbeitet. Diese bieten zwar meist eine größere Aufenthaltsfläche, können aber nur senkrecht ausgefahren werden, und erreichen geringe Höhen (6–33 m Arbeitshöhe). Diesem Nachteil gegenüber stehen meist weitaus höhere Tragfähigkeiten für Personal und Material. Mastgeführte Kletterbühnen wiederum sind bis zu Höhen von 250 m und mehr einsetzbar.
Verwandt mit den Hubarbeitsbühnen sind die Hubrettungsfahrzeuge wie Drehleiter und Teleskopmast mit Rettungskorb. Diese sind konstruktiv besser für Löscharbeiten und die Höhenrettung geeignet. Hersteller von Teleskopmasten sind dabei meist bekannte Hersteller von Hubarbeitsbühnen wie WUMAG elevant und Bronto-Skylift.
Sicherheit
Bei gewerblich eingesetzten Hubarbeitsbühnen in Deutschland ist eine jährliche Sicherheitsüberprüfung nach BGG 945 und 945-1 Prüfbuch für Hebebühnen (auch als UVV-Prüfung bekannt) (nach den Richtlinien der Berufsgenossenschaften wie TRBS 1203) in Verbindung mit den Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) Vorschriften und DIN-Normen vorgeschrieben.
Das Tragen einer PSA (persönliche Schutzausrüstung) wie Schutzschuhe, Schutzhelm bzw. Warnkleidung ist für jeden gewerblichen Betrieb von der jeweils zuständigen Berufsgenossenschaft geregelt. Dies gilt für die gesamte Dauer der Ausübung der Arbeitstätigkeit, dazu gehört natürlich auch während eine Arbeitsbühne bedient wird. Eine allgemeine Vorschrift bezüglich des Tragens einer PSA, insbesondere eines Gurtes/Absturzsicherung gibt es gemäß aktueller Gesetzeslage, anders als z. B. in Großbritannien Holland oder Italien, in Deutschland nicht. Das Anlegen einer PSA kann jedoch neben der jeweiligen Berufsgenossenschaft, z. B. auch durch den Arbeitgeber, oder auf Privat-, Werks-, Messegelände durch den Geländeinhaber vorgeschrieben werden. Durch Änderungen im Gesetz muss ab Sommer 2009 jede Arbeitsbühne einen Anschlag- bzw. Befestigungspunkt zum Einklinken einer Schutzausrüstung gegen Absturz haben. Alte Bühnen sind nachzurüsten.
Die horizontale Ausrichtung der Basis erfolgt manuell über eine Dosenlibelle oder automatisiert über Lage- bzw. Drucksensoren in der Hydraulik.
In den Berufsgenossenschaftlichen Regeln für das Betreiben von Hebebühnen (BGR 500, Kapitel 2.10) ist unter anderem auch die Beschäftigungsbeschränkung geregelt. Darin heißt es: „Mit der selbstständigen Bedienung von Hebebühnen dürfen nur Personen beschäftigt werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, in der Bedienung der Hebebühne unterwiesen sind und ihre Befähigung hierzu gegenüber dem Unternehmer nachgewiesen haben. Sie müssen vom Unternehmer ausdrücklich mit dem Bedienen der Hebebühne beauftragt sein. Der Auftrag zum Bedienen von Hubarbeitsbühnen muss schriftlich erteilt werden.“[2]
Die vorgeschriebene Unterweisung ist vom Unternehmer, also dem Arbeitgeber, gemäß Unfallverhütungsvorschrift BGV A1 „Grundsätze der Prävention“ jährlich durchzuführen. Die Inhalte einer solchen Unterweisung sind in Deutschland seit April 2010 durch den BGG 966 bzw. GUV-G 966[3] geregelt. Da darin auch Praxis-Übungen mit verschiedenen Typen von Hubarbeitsbühnen vorgesehen sind, die nicht jeder Unternehmer vorhalten kann, werden die Unterweisungen vielfach von externen Schulungszentren durchgeführt. So haben Unternehmer die Gewähr, dass ihre Mitarbeiter umfassend und gemäß den Anforderungen der Berufsgenossenschaften in der Bedienung von Hubarbeitsbühnen unterwiesen sind.
Diese Unterweisung ist nur für die gewerbliche Nutzung vorgeschrieben, Privatleute sind davon nicht betroffen. Einen Führerschein, wie man ihn z. B. für PKW kennt und der ausnahmslos für jeden Pflicht ist, gibt es daher für Hubarbeitsbühnen nicht. Umgangssprachlich wird die Bescheinigung für die Teilnahme an der Unterweisung gerne als Führerschein, Bedienerausweis oder Lizenz bezeichnet.
Beispiele
- einfache mobile Hubarbeitsbühne
- LKW-Hubarbeitsbühne zum Fahrleitungsbau
- Hubarbeitsbühne auf einem Zweiwegefahrzeug zur Fahrleitungsmontage
- Boomlifter im Einsatz am alten Drehkran im Innenbecken des Arsenale in Venedig.
- Hubrettungsbühne als LKW-Aufbau in einer engen Gasse in Italien
Einzelnachweise
- Steiger ist ein rechtlich geschützter Begriff/Produktname des Arbeitsbühnenherstellers Ruthmann. Das Wort hat sich im Sprachgebrauch als Synonym für Arbeitsbühne etabliert.
- Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 6. Juni 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Kapitel 2.10, Absatz 2.1 Beschäftigungsbeschränkung.
- http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/g-966.pdf.
Weblinks
- Vorschriften und Merkregeln für den sicheren Umgang mit Hubarbeitsbühnen (PDF-Datei; 928 kB)