Hortus conclusus
Der Hortus conclusus (deutsch „geschlossener oder verschlossener Garten“) ist ein Bildthema oder ein immanentes Bildmotiv der Bildenden Kunst und spielt eine besondere Rolle in der Mariensymbolik.
Ursprünge
Das Bildmotiv des Hortus conclusus geht zurück auf eine Interpretation des Hohenliedes des Alten Testamentes. Dort heißt es:
- Meine Schwester, liebe Braut, du bist ein verschlossener Garten, eine verschlossene Quelle, ein versiegelter Born (Hld 4,12 ).
Auch in verschiedenen Visionen von Mystikern taucht diese Symbolik auf, so beispielsweise im Mariale des Abts von Perseigne, in der die Jungfrau Maria mit einem verschlossenen Garten verglichen wird. Dort symbolisieren weiße Madonnen-Lilien ihre Jungfräulichkeit und die dornenlose Rose ihre unerschöpfliche Barmherzigkeit.
Ikonographie
So findet sich auf vielen Mariengemälden ein eingefriedeter Garten, mit dem der Hortus conclusus angedeutet ist. In diesem Garten sind regelmäßig Pflanzen dargestellt, die – wie die Madonnen-Lilie und die dornenlose Rose – gleichfalls in Bezug zu Maria stehen:
Bilder
Der Hortus conclusus ist häufig nur angedeutet. Bei Jan van Eycks Madonna des Kanzlers Nicholas Rolin deutet nur die im Hintergrund befindliche Mauer und das davor befindliche Gärtlein mit Rosen, Iris und Lilien auf das Bildmotiv des Hortus conclusus hin. Bei der Stuppacher Madonna des Matthias Grünewald ist es das verschlossene Gartentor, das den Bezug dazu schafft. Auch bei Stefan Lochners Madonna im Rosenhag sind Bezüge zum Hortus conclusus offensichtlich.
Die Chordecke in der als „hortus conclusus“ auffassbaren Vierung der Kirche St. Nikolaus und Mariä Heimsuchung in Arnstein-Büchold zeigt auf 50 Pflanzenfeldern 180 Pflanzen und an liturgisch oder architektonisch bedeutsamen Stellen solche mit eindeutigem Bezug zu Maria.[1][2][3]
Kirchenpatrozinium
Im Wallfahrtsort Warfhuizen in den Niederlanden ist der Jungfrau Maria die Einsiedelei Unserer Lieben Frau vom verschlossenen Garten geweiht.
Zeitgenössische Interpretationen
Der Pavillon der Serpentine Gallery im Jahr 2011 wurde von dem Schweizer Architekten Peter Zumthor zu einer Interpretation des Themas Hortus conclusus. Abgeschlossen von der Außenwelt gestaltete er einen Garten, der zum kontemplativen Verweilen aufforderte. Die Bildhauerin Nele Ströbel zeigte im Jahr 2007 im Diözesanmuseum Paderborn eine Ausstellung mit dem Titel „Hortus conclusus – ein geistiger Raum wird zum Bild“ und die Künstlerin Claudia Starkloff widmet sich seit 2014 in unterschiedlichen zeitbasierenden Arbeiten dem Bildmotiv.
Weblinks
- „Hortus conclusus“, das Janusgesicht des Gartens im Mittelalter, von Christina Steinmetzer (aus der Ringvorlesung der Uni Salzburg im WS 2001/2002; PDF-Datei; 257 kB)
- Zur Bedeutung der "Hortus conclusus"-Symbolik in der Kulturgeschichte
Einzelnachweise
- Wolfgang Schiedermair, Franz-Christian Czygan, Gundolf Keil: Gedanken zur Pflanzensymbolik in einer unterfränkischen Kirche. Der Chor der Bücholder Pfarrkirche St. Nikolaus und Mariae Heimsuchung als eigenständiger Teil des ikonographischen Konzeptes der Kirche. In: Mainfränkisches Jahrbuch. Band 60, 2008, S. 99–115.
- Wolfgang Schiedermair: Die „Meelbyrn, Paliurus“ in Adam Lonitzers „Kreuterbuch“ (1679). Zur Kenntnis von X Sorbopyrus auricularis (Kroop.) Schneid. – Hagebuttenbirne. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 34, 2015 (2016), S. 87–96, hier: S. 87 f.
- Vgl. auch Werner Dressendörfer: Der Himmelsgarten an der Decke von St. Michael mit einem Lageplan für 100 Pflanzen. Führer. 2. Auflage. Bamberg 1995.