Higuchi-Gleichung

Die Higuchi-Gleichung, a​uch als Quadratwurzelgesetz n​ach Higuchi bezeichnet[1], beschreibt d​ie Freisetzung e​ines in e​iner unlöslichen Matrix gleichmäßig suspendierten Stoffes d​urch Diffusion. Takeru Higuchi veröffentlichte s​ie 1961 u​m die Freisetzung v​on Arzneistoffen a​us Suspensionssalben z​u charakterisieren.[2] Sie i​st darüber hinaus a​uch zur Beschreibung d​er Freisetzung a​us anderen Matrices anwendbar, e​twa festen a​us Polymeren gebildeten Arzneiformen, i​n die d​er Arzneistoff eingebettet ist.

Die Higuchi-Gleichung beschreibt die Freisetzung eines in einer unlöslichen Matrix (hellbraun) suspendierten Stoffes (braune Partikel) durch Diffusion als freigesetzte Menge in Abhängigkeit von der Zeit, t. Die freigesetzte Menge wird vom Akzeptormedium (hellblau) aufgenommen. Im Modell ist die Stoffkonzentration c in der Matrix (Donator) im Zustand der Sättigung c = cS, diejenige im Akzeptor c = 0 („perfect sink“-Bedingung). Durch die Zunahme der Diffusionsstrecke h über die Zeit sinkt der Konzentrationsgradient dc/dh und infolgedessen die Freisetzungsgeschwindigkeit.

In i​hrer vereinfachten („klassischen“[3]) Form lautet d​ie Higuchi-Gleichung:

Darin ist die zu einem Zeitpunkt freigesetzte Arzneistoffmenge, die die effektive Diffusionsoberfläche, der Diffusionskoeffizient, die Ausgangskonzentration in der Trägermatrix und die Sättigungskonzentration im Matrixmaterial.

Für halbfeste u​nd feste Suspensionsarzneiformen stellt d​ie Higuchi-Gleichung s​omit eine einfache mathematische Beziehung h​er zwischen d​er freigesetzten Arzneistoffmenge u​nd der Zeit, z​u deren Quadratwurzel s​ie direkt proportional i​st („Quadratwurzelgesetz“).

Herleitung

Higuchis Ansatz basiert auf der Überlegung, dass im Verlauf der Freisetzung aus einer unlöslichen Trägermatrix die durch den Stoff zurückzulegende Diffusionsstrecke durch die Matrix nicht konstant bleibt, sondern stetig zunimmt, da die Matrix zum Rande hin zunehmend an Stoff verarmt. Durch die Zunahme der Diffusionsstrecke sinkt der Konzentrationsgradient und infolgedessen die Freisetzungsgeschwindigkeit.

Higuchi l​egte folgenden Zusammenhang zugrunde:

Die mathematische Lösung für die Diffusionsstrecke führt nach Einsetzen in das Erste Ficksches Gesetz zur Higuchi-Gleichung in der folgenden Form:

Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Higuchi-Gleichung sind, dass der Arzneistoff gut wasserlöslich und die Stoffkonzentration im Akzeptormedium sehr gering ist („Sink-Bedingung“), die Matrix hingegen wasserunlöslich und nicht abbaubar ist und eine porenfreie, planare Oberfläche hat. Der suspendierte Stoff muss sehr feinkörnig sein, so dass der Partikeldurchmesser deutlich kleiner ist als die Schichtdicke der Arzneiform. Ferner muss die Menge an initial in der Matrix inkorporiertem Stoff größer sein als dessen Sättigungskonzentration im Material der Matrix (). Sobald diese letzte Bedingung nicht mehr gegeben ist, das Reservoir also erschöpft ist, gilt die Gleichung nicht mehr.

Für den häufig vorkommenden Fall, dass die Menge an initial in der Matrix inkorporiertem Stoff sogar sehr viel größer ist als die Sättigungskonzentration () vereinfacht sich die Higuchi-Gleichung zu der eingangs genannten Form.

Varianten

Ausgehend von seiner ersten Gleichung entwickelte Higuchi verschiedene Varianten. Eine weitere etwa beschreibt die Freisetzung aus porösen Matrices. In die Gleichung gehen die Porosität der Trägermatrix (d. h. der Volumenanteil, der durch Poren und Kapillaren entsteht) und die Tortuosität der Kapillaren ein:

Siehe auch

Quellen

Einzelnachweise

  1. Voigt, Rudolf,: Voigt Pharmazeutische Technologie für Studium und Beruf. 12., völlig neu bearbeitete Auflage. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-7692-6194-3.
  2. T. Higuchi: Rate of release of medicaments from ointment bases containing drugs in suspension. In: J Pharm Sci. 1961 50:874–875. PMID 13907269; doi:10.1002/jps.2600501018.
  3. J. Siepmann, N. A. Peppas: Higuchi equation: Derivation, applications, use and misuse In: Int J Pharm. Vol. 418, 2011, S. 6–2. DOI:10.1016/j.ijpharm.2011.03.051.

Literatur

  • Claus-Dieter Herzfeldt, Jörg Kreuter: Grundlagen Der Arzneiformenlehre. Springer Berlin Heidelberg, 1999, ISBN 978364258448-0, S. 400.
  • A. N. Martin, J. Swarbrick und A. Cammarata, hrsg. u. vollst. überarb. von H. Stricker: Physikalische Pharmazie. Pharmazeutisch angewandte physikalisch-chemische Grundlagen. Martin · Swarbrick · Cammarata. WVG Stuttgart, 1987, S. 309.
  • P. Costa, J. M. Sousa Lobo: Modeling and comparison of dissolution profiles. In: European Journal of Pharmaceutical Sciences 13 (2001), S. 123–133.
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