Hedwigsbecher
Als Hedwigsbecher oder Hedwigsglas bezeichnet man eine kleine Gruppe von dickwandigen Glasbechern mit stilisiertem Reliefdekor, die in der Glaskunst des Mittelalters eine Besonderheit darstellen.[1] Vermutlich wurden sie in Syrien oder Ägypten im 10. oder frühen 11. Jahrhundert gefertigt.[2] Ihr Name geht auf eine Legende über die Hl. Hedwig, der Herzogin und Landespatronin von Schlesien und Polen, zurück: In ihrer Gegenwart habe sich in einem solchen Glas Wasser zu Wein gewandelt.
Exemplare
Ein Exemplar befindet sich in den Kunstsammlungen der Veste Coburg auf der Veste Coburg in Oberfranken.[3] Es ist 10,3 cm hoch und besteht aus farblosem, leicht rauchtopasstichigem Glas, das in der Gravurtechnik des Hochschnitts verziert wurde. Das Glas gehörte nach alter Überlieferung der Elisabeth von Thüringen, der Nichte der Hl. Hedwig. Eine Zeichnung von Lucas Cranach dem Älteren von 1507 belegt, dass das Glas zu diesem Zeitpunkt Teil des kostbaren Wittenberger Heiltumschatzes von Kurfürst Friedrich dem Weisen war, wo es als Andenken an die geheiligte Vorfahrin sicher besondere Verehrung genoss. Nachweislich befand sich das Glas 1541 in Besitz von Martin Luther.[4] Im Jahre 1910 wurde es auf der Veste Coburg wiederentdeckt. Heute ist es einer der 100 Heimatschätze Bayerns.[5][6]
Ein weiteres Exemplar befindet sich im Besitz des British Museum (Inventarnummer 1959,0414.1). Dieses Stück wurde ab 2010 im Rahmen des Radioprojektes A History of the World in 100 Objects, des daraus hervorgegangenen Buches sowie der dazugehörigen Wanderausstellung präsentiert.[7]
Weblinks
- https://www.bavarikon.de/object/bav:BSB-CMS-0000000000001251
- Gloria Ehret: Stilkunde: Syrische Glaskunst des Mittelalters auf weltkunst.de
Literatur
- Rosemarie Lierke: Die Hedwigsbecher. Das normannisch-sizilische Erbe der staufischen Kaiser. Mit einem Beitrag von Rudolf Distelberger. Verlag Franz Philipp Rutzen, Ruhpolding / Mainz 2005, ISBN 3-938646-04-7 (Rezensionen: KunstbuchAnzeiger.de, Journal für Kunstgeschichte).
Einzelnachweise
- Rosemarie Lierke: Die Hedwigsbecher. Das normannisch-sizilianische Erbe der staufischen Kaiser. Mit einem Beitrag von Rudolf Distelberger. Verlag Franz Philipp Rutzen, Ruhpolding / Mainz 2005, ISBN 3-938646-04-7, S. 66–78.
- http://www.wandern-und-geschichte.de/hilpoltstein/hedwigsbecher.htm
- https://veste.kunstsammlungen-coburg.de/veste-coburg/luther-staette-veste-coburg/
- Sven Hauschke: Das Coburger Hedwigsglas. Zum Funktionswandel einer Reliquie zur Zeit der Reformation. In: Wolfgang Augustyn, Ulrich Söding (Hrsg.): Dialog - Transfer - Konflikt. Künstlerische Wechselbeziehungen im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Veröff. des ZI für Kunstgeschichte. Band 33. Passau 2014, S. 141–152.
- https://www.infranken.de/regional/coburg/das-coburger-hedwigsglas-gehoert-zu-den-100-heimatschaetzen-bayerns;art214,3557146
- Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat (Hrsg.): 100 Heimatschätze. Verborgene Einblicke in bayerische Museen. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg im Allgäu 2019, ISBN 978-3-95976-208-3, S. 124–125.
- Eintrag zum Hedwigsbecher BM 1959,0414.1 auf der Website des Britischen Museums, abgerufen am 20. Januar 2020.