Hazar (Musiker)
Hazar (* 18. Juni 1977 als Ulaş Hazar in Malatya; seit 2020 Künstlername Hazar) ist ein Jazzgitarrist und Saz-Spieler.
Leben und Wirken
Erstkarriere
Hazar, der nicht aus einer Musikerfamilie stammt, spielte bereits mit 13 Jahren als Autodidakt anspruchsvolle Meisterwerke auf der Langhals- und Kurzhalslaute. Die Initialzündung für sein Spiel kam beim Besuch eines Konzertes von Paco de Lucia. Neben Kompositionsunterricht nahm Hazar in den darauf folgenden Jahren Unterricht in Harmonielehre und Kontrapunkt bei Tibor Yusti von Arth, dem letzten Schüler Sergei Wassiljewitsch Rachmaninows.
Hazar komponierte 2007 eine neue Live-Musik für den von Paramount Pictures produzierten Dokumentarfilmklassiker Grass der Regisseure Merian C. Cooper und Ernest B. Schoedsack.[1]
In seinem Studium am Conservatorium Maastricht beschäftigte er sich mit der Spielweise der Saz, um neben der traditionellen Spielweise auch westliche Musikrichtungen wie Klassik, Jazz und Flamenco auf die Saz übertragen zu können und beschäftigte sich intensiv mit mikrotonaler Musik, Maqam und Polyrhythmik sowie deren Anwendungen in Jazzimprovisationen. Im Jahr 2011 erhielt er seinen Master Degree.
Hazars Musik ist geprägt durch verschiedene Genres des Jazz mit Einflüssen aus Fusion, Bebop und Flamenco, wobei er sich auch mit mikrotonaler Musik und Polyrhythmik beschäftigte. Sein Stil ist geprägt durch einerseits harmonisch komplexe Improvisationen in sehr schnellen Tempi sowie andererseits berührende Melodien und Kompositionen. Musikkritiker Karsten Rube befand: „Der einzige Vergleich findet sich noch in seinem großen Vorbild Paco de Lucia.“[2]
2009 veröffentlichte Hazar zusammen mit dem Bassisten Carles Benavent sein erstes Album namens Virtuoso.[3] Mit Werken von Chick Corea, Johann Sebastian Bach, Wolfgang Amadeus Mozart und Niccolò Paganini, damals auf der dreisaitigen Laute Saz, fusionierte Hazar Jazz, Klassik, Flamenco und traditionelle Klängen. Insbesondere die Capricen 5, 16 und 24 von Niccolò Paganini auf der Saz zu spielen überraschte Experten der Saiteninstrumente: „Was Hazar auf seiner Saz spielt, ist eigentlich unspielbar, aber er spielt es trotzdem.“[4]
Seine Spieltechnik bei dem Werk Caprice No. 16 verhalf ihm zum Lob: „Der Paganini der Saz.“[4]
Mit der Übertragung der selbst für Elitegeiger als eine Herausforderung darstellenden, für die Geige komponierten Capricen von Nicolo Paganini auf die Langhalslaute stellte er das technische Niveau der Saz auf die höchste Ebene und holte sie aus ihrer Rolle des traditionellen Begleitinstruments heraus.[4] Sazlegende Talip Özkan bezeichnet Hazar als „besten Sazspieler aller Zeiten“.
Birger Gesthuisen pointierte im Folker die integrative Dimension seiner Arbeit mit den Worten: „Wir brauchen mehr Musiker wie Ulaş Hazar, der die Langhalslaute aus dem ethnischen Ghetto führt und aus dem musikalischen [Ghetto] in den Konzertsaal.“[5]
Im Jahr 2010 veröffentlichte Hazar nach einer Entwicklungs- und Forschungsphase von zehn Jahren eine auf seinen Namen patentierte Saz mit einem asymmetrischen Korpus aus Karbon. Im selben Jahr ging er unter dem Projekt Hazar & 100 Saz auf Tour, in der er auch als Dirigent seines Orchesters bestehend aus 100 seiner Sazschülern tätig war.
Als erster Musiker bekam Hazar durch die einstimmige Entscheidung des Hochschulgremiums am Conservatorium Maastricht die Möglichkeit, seinen Master im Jazzstudium mit der Saz zu machen. Er beschäftigte sich intensiv mit der Spielweise der Saz, um neben der traditionellen Spielweise auch westliche Musikrichtungen wie Klassik, Jazz und Flamenco auf die Saz übertragen zu können und mit mikrotonaler Musik, Maqam und Polyrhythmik sowie deren Anwendungen in Jazzimprovisationen. Im Jahr 2011 erhielt er seinen Master Degree.
Unter dem Motto „Masters of Saz“ ging Hazar im Jahr 2012 mit Sazlegende Arif Sağ auf Tour und erhielt einen Ehrenpreis. Arif Sag sagte über ihn vor ausverkauftem Publikum im Mozartsaal in der Liederhalle Stuttgart: „Nachdem ich Hazar auf der Saz gehört habe, kann ich in Ruhe sterben.“[6] Im folgenden Jahr gab Hazar unter dem Projekt Earthy Smelling Tones of Anatolia gemeinsam mit Erkan Oğur mehrere Konzerte unterstützt vom Kulturamt.
Zweitkarriere
Mitten in seiner musikalischen Karriere wechselte Hazar das Instrument und begann akustische Gitarre zu spielen. Sein Wechsel zur Gitarre wurde unter anderem vom Gitarristen John McLaughlin beeinflusst. Bei einem Gespräch mit John McLaughlin nach einem Konzert in Köln sagte dieser über Hazars Album: ‚Wenn du deine Fähigkeiten zeigen möchtest, solltest du Gitarre spielen.’
Für die Aufnahmen seines Albums „Reincarnated“, das 2020 erschien, begab sich Hazar gemeinsam mit Al Di Meola ins Studio. „Er beherrscht ein kongeniales Zusammenspiel im Wechsel mit klangvollen Melodien, virtuosen Passagen, rasanten Läufen und spektakulärer Technik, während er immer neue Gefühlstiefe in sein Spiel einfließen lässt. Bemerkenswert ist hierbei, dass er auch bei schnellem Tempo immer einen sehr kräftigen und sauberen Ton bewahrt.“[7]
Das Albumrepertoire reicht vom Bossa Nova „Made For Wesley“, Stücken wie dem hitzigen „Bossa Dorado“ sowie Biréli Lagrènes Walzer „Made in France“ über Charlie Parkers fingerbrecherischen Bebop-Klassiker „Donna Lee“ bis hin zum feurigen „Spain“ von Chick Corea. Bei den Aufnahmen wirkte Michael Sagmeister als Supervisor an seiner Seite mit. Aufgenommen wurden die Songs in einem Tonstudio, in dem Jazzlegende Miles Davis zu Lebzeiten seine Aufnahmen machte und gemastert in berühmten Abbey Road Studios in London.
Weitere Tätigkeit
Um sein Wissen an die nächste Generation weiterzugeben, gründete Hazar 2008 eine Saz-Akademie. In vielen Ländern unterrichtete Hazar Hunderte von Schülern – ehrenamtlich Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Verhältnissen und aus Familien mit Migrationshintergrund. 2014 gründete er einen großen Volksmusikchor und gab im Hegelsaal mit über 200 Musikern ein Konzert.
Neben zahlreichen Jury-Mitgliedschaften war Hazar im Jahr 2018 und 2019 in der Bundesjury beim 55. und 56. Bundesmusikwettbewerb Jugend musiziert tätig.[8]
Diskografie
- 2009: Virtuoso mit Carles Benavent und Rafael Cortes, Acoustic Music, GTIN/EAN: 4013429114094
- 2020: Reincarnated mit Al Di Meola, Recordjet, GTIN/EAN: 4050215970755
Literatur
- SAZ: Das neue Konzept mit Tabulaturen, inkl. CD (Deutsch) Taschenbuch, 20. November 2015, Acoustic Music GmbH & Co. KG, ISBN 978-3945190074
Weblinks
- Offizielle Webseite (englisch). Abgerufen am 15. Juni 2020.
Einzelnachweise
- 15. Kaleidoskop OpenAirKino 2006 entfernt und gefährlich... Abgerufen am 18. Juni 2020.
- Karsten Rube: Folk World CD Kritiken. Abgerufen am 15. Juni 2020.
- Paganini auf Türkisch, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Besprechung von 18. August 2009. In: FAZ. Abgerufen am 15. Juni 2020.
- Ulas Hazar, CD: Virtuoso. In: Acoustic Music. Abgerufen am 15. Juni 2020.
- Birger Gesthuisen: ULAS HAZAR - Virtuoso. In: Folker. Abgerufen am 15. Juni 2020.
- Arif Sag: Bizim Aachen, Aachen ve cevresi icin türkce dergi. S. Ausgabe 2. Seite 12–13.
- HAZAR feat. AL DI MEOLA – Reincarnated. Abgerufen am 19. Juni 2020.
- Baglama spielen, m. Audio-CD. Abgerufen am 19. Juni 2020.