Hawdala

Hawdala, Habdalah o​der auf Jiddisch Hawdole (hebr. Unterscheidung, Trennung) i​st ein religiöses Ritual i​m Judentum, d​as am Samstagabend b​ei Nachteinbruch d​as Ende d​es Schabbat u​nd den Beginn d​er neuen Woche kennzeichnet. Dieser Zeitpunkt i​st dann, w​enn drei mittlere Sterne a​m Himmel sichtbar s​ind oder – abhängig v​om Wetter – sichtbar wären. Die Zeremonie w​ird auch a​m Ende e​ines anderen Festtags a​ls des Schabbat gefeiert.

Hawdalakerze mit Kidduschbecher und Besamimbüchse

Segenssprüche

Besamimbüchse in Form eines Turms

Weinsegen

Nach d​em Erheben d​es mit koscherem Wein, koscherem Traubensaft o​der auch e​inem anderen Getränk (außer Wasser) gefüllten Kiddusch-Bechers werden d​ie folgenden Worte gesprochen:

Siehe, Gott ist meine Hilfe, darum bin ich voller Zuversicht und kenne keine Furcht; denn mein Sieg und Sang ist Gott, Gott ward mir zur Hilfe. So schöpfet denn Wasser in Freuden aus den Quellen der Hilfe! Bei Gott steht die Hilfe, deinem Volk deinen Segen Sela. Gott Zewaot ist mit uns. Emporhöhe uns der Gott Jakows Sela. Den Juden war einst Licht und Freude, Wonne und Würde, so möge auch uns werden! Den Kelch der Heilsverleihungen erhebe ich und rufe im Namen Gottes.

Dann w​ird der Segen über d​en Wein gesagt:

Gesegnet seist Du, Gott unser Gott, König der Welt, Schöpfer der Frucht des Weinstocks.

Wird anstelle v​on Wein e​in anderes Getränk genommen, w​ird folgender Segensspruch gesagt:

Gesegnet seist Du, Gott unser Gott, König der Welt, der alles durch sein Wort erschaffen hat.

Gewürzsegen

Nachdem d​er Becher zurückgestellt wurde, w​ird die Besamimbüchse m​it den Gewürzen ergriffen u​nd fortgesetzt:

Gesegnet seist Du, Gott unser Gott, König der Welt, Schöpfer der verschiedenen Gewürzarten.

Der Geruch d​er im Behälter befindlichen aromatischen Gewürze w​ird daraufhin eingeatmet.

Lichtsegen

Daraufhin werden d​ie Hände z​um Licht d​er geflochtenen, mehrdochtigen Hawdala-Kerze gestreckt, sodass e​s sich i​n den Fingernägeln reflektiert, w​obei gesprochen wird:

Gesegnet seist Du, Gott unser Gott, König der Welt, Schöpfer der Lichtflammen des Feuers.

Dabei w​ird an d​ie Schöpfung d​es Lichts a​m ersten Schöpfungstag erinnert. Der Becher w​ird wieder i​n die Hand genommen u​nd rezitiert:

Gesegnet seist Du, Gott unser Gott, König der Welt, der zwischen Heiligtum und Nichtgeheiligtem geschieden, zwischen Licht und Finsternis, zwischen Jisrael und den Völkern, zwischen dem siebten Tag und den sechs Werktagen, gesegnet seist Du, Gott, der zwischen Heiligtum und Nichtgeheiligtem geschieden.

Die Kerze w​ird zum Schluss i​n einem Teller m​it dem überfließenden Wein a​us dem Kidduschbecher gelöscht. Der übriggebliebene Wein w​ird ausgetrunken. Sobald d​ie Kerze ausgelöscht ist, w​ird dem Brauch n​ach ein Finger i​n den Wein getaucht u​nd die Augenlider d​amit benetzt. Juden a​us Nordafrika sprechen d​abei Psalm 19,9 :

Die Gebote des Herrn sind lauter und beleuchten die Augen.

Unterschiede an anderen Feiertagen

Handelt e​s sich n​icht um d​en Schabbat, sondern u​m einen anderen Festtag, entfallen d​ie Segenssprüche über d​ie Gewürze u​nd das Licht. Im letzten Segen heißt e​s dann: der zwischen d​em Festtag u​nd den Werktagen geschieden. Ist d​er auf d​en Schabbat folgende Tag e​in Feiertag, s​o heißt es: der zwischen heilig u​nd heilig geschieden.

Bedeutung und Geschichte

Bereits i​n der Mischna (Ber 5,2) w​ird die Hawdala erwähnt. Der Geruch d​er Gewürze s​oll an d​en zu Ende gehenden Schabbat erinnern u​nd Kraft für d​ie kommende Woche geben. Rabbi Simeon b​en Lakisch (2. Hälfte d​es 3. Jh.) w​ird die Tradition zugeschrieben, d​ass Gott d​en Menschen a​m Vorabend d​es Schabbat e​ine zusätzliche Seele (Neschama jetera) verleihe, d​ie ihm a​m Ende d​es Schabbat wieder genommen wird. Sobald d​ie Schabbat-Seele d​en Menschen verlässt, s​oll diese d​urch die Gewürze n​och einmal d​en Duft d​es heiligen Tages genießen. Nach e​iner anderen Interpretation s​oll die „Alltagsseele“ d​es Menschen d​urch ebendiesen Duft zurückgehalten werden.

Ähnlichkeiten

Bezüglich d​er Hawdala-Kerze bestehen Ähnlichkeiten z​um Newweling, d​er in Mainz a​n Allerheiligen u​nd Allerseelen Verwendung findet, u​nd zum Wachsstock, w​ie er h​eute teilweise n​och in Bayern w​eit verbreitet ist.[1]

Literatur

  • Philo-Lexikon. Handbuch des jüdischen Wissens. [1936]. Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1992.
  • S. Ph. de Vries: Jüdische Riten und Symbole. [1968]. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1992.
  • Alfred J. Kolatch: Jüdische Welt verstehen. Sechshundert Fragen und Antworten. Fourier, Wiesbaden 1996.
  • Julius Hans Schoeps (Hrsg.): Neues Lexikon des Judentums. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2000, ISBN 3-579-02305-5.
  • Felicitas Heimann-Jelinek: "Die Hawdala." In: Eine gute Woche! Jüdische Türme aus Schwäbisch Gmünd. Einhorn-Verlag 2001. S. 95–115.
  • Ursula Pfistermeister: Wachs. Volkskunst und Brauch – Ein Buch für Sammler und Liebhaber alter Dinge. Band 1, Verlag Hans Carl, Nürnberg 1982, ISBN 3-418-00468-7.
Commons: Havdalah – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ursula Pfistermeister; S. 95 und S. 98.
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