Hartmut Hoffmann (Historiker)
Hartmut Hoffmann (* 4. Mai 1930 in Berlin; † 16. April 2016 in Göttingen[1]) war ein deutscher Historiker. Hartmut Hoffmann wurde als Zweitältester von insgesamt fünf Söhnen und einer Tochter geboren. Hoffmann besuchte Humanistische Gymnasien in Braunschweig, Torgau und in Frankfurt am Main. Er legte Ende 1946 in Frankfurt das Abitur ab. Sein Vater war Amtsgerichtsrat und geriet bei Kriegsende in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Die beiden ältesten Söhne mussten daraufhin die Familie ernähren. Hoffmann begann deshalb 1946 eine Ausbildung zum Dolmetscher für Englisch. Als solcher war er zwei Jahre für die Amerikaner tätig. Ab dem Wintersemester 1948/49 studierte er Philosophie, Kunstgeschichte, Germanistik, Geschichte und lateinische Philologie an den Universitäten Frankfurt am Main, Marburg und Köln. Im Jahr 1954 wurde er in Marburg mit der von Helmut Beumann betreuten Arbeit Untersuchungen zur karolingischen Annalistik promoviert. An der Universität Bonn übernahm er 1957 eine Assistentenstelle.
Zur Vorbereitung der Habilitation ging Hoffmann als Stipendiat der französischen Regierung nach Paris. Seine Habilitation erfolgte 1961 in Bonn wiederum bei Beumann mit der Arbeit Gottesfriede und Treuga Dei. Die Arbeit wurde grundlegend zu den kirchlichen Friedensbemühungen in der hochmittelalterlichen Feudalgesellschaft Frankreichs. Als Nachfolger von Hermann Heimpel lehrte Hoffmann von 1967 bis zu seiner Emeritierung als Professor für mittlere und neuere Geschichte an der Universität Göttingen. Er war 1982/1983 Forschungsstipendiat des Historischen Kollegs München. Zu seinen bedeutendsten akademischen Schülern gehörten unter anderem Heinrich Dormeier, Stefan Petersen, Eva Schlotheuber und Ulrich Rasche. In seinen letzten Lebensjahren litt Hoffmann an Parkinson.[2]
Hoffmann legte 13 Monographien bzw. Editionen und über achtzig Aufsätze vorwiegend zur mittelalterlichen Geistes- und Kulturgeschichte vor. Thematisch erstreckten sich seine Forschungen von der Herrschaftsbildung der Normannen in Unteritalien bis zum Braunschweiger Umland in der Agrarkrise des 14. Jahrhunderts. Im Jahr 1980 hat er in der Reihe Scriptores der MGH eine neue Ausgabe der Chronik von Montecassino vorgelegt, der zahlreiche Aufsätze zur Geschichte und Historiographie Süditaliens in langobardischer und normannischer Zeit vorausgegangen waren, darunter zu den Anfängen der Normannen und zur Legitimation von Herrschaft in Süditalien und zur Rolle, die dabei die Päpste spielten. Seit 1982 gehörte Hoffmann der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica (MGH) an. Von 1982 bis 1989 war er ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen.[3] Als sein Hauptwerk gilt die zweibändige Darstellung Buchkunst und Königtum in ottonischer und frühsalischer Zeit (1986). Seine Studien zu Königtum und Buchkunst in ottonischer und salischer Zeit bereiteten den Weg für die 2000 veröffentlichte Edition der Chronik des Richer von Reims.
Schriften (Auswahl)
Ein Schriftenverzeichnis zusammengestellt von Enno Bünz und Christian Schuffels in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters Bd. 73 (2017), S. 239–250 (online).
- Schreibschulen und Buchmalerei. Handschriften und Texte des 9.–11. Jahrhunderts (= Monumenta Germaniae historica. Schriften. Bd. 65). Hahn, Hannover 2012, ISBN 978-3-7752-5765-7.
- Die Würzburger Paulinenkommentare der Ottonenzeit (= Monumenta Germaniae Historica. Studien und Texte. Bd. 47). Hahn, Hannover 2009, ISBN 978-3-7752-5707-7.
- Mönchskönig und „rex idiota“. Studien zur Kirchenpolitik Heinrichs II. und Konrads II. (= Monumenta Germaniae historica. Studien und Texte. Bd. 8). Hahn, Hannover 1993, ISBN 3-7752-5408-0.
- Gottesfriede und Treuga Dei (= Monumenta Germaniae historica. Schriften Bd. 20). Hiersemann, Stuttgart 1964 (Zugleich: Bonn, Universität, Habilitations-Schrift, 1960).
- Untersuchungen zur karolingischen Annalistik (= Bonner historische Forschungen. Bd. 10). Röhrscheid, Bonn 1958.
Editionen
- Die Chronik von Montecassino (= Monumenta Germaniae Historica, Scriptores (in Folio). Bd. 34). Hahn, Hannover 1980 (Digitalisat der MGH).
- Richer von Saint-Remi: Historiae (= Monumenta Germaniae Historica, Scriptores (in Folio). Bd. 38). Hahn, Hannover 2000 (Digitalisat der MGH).
Literatur
- Verleihung des Preises des Historischen Kollegs. 1: Erste Verleihung des Preises des Historischen Kollegs: Aufgaben, Stipendiaten, Schriften des Historischen Kollegs (= Schriften des Historischen Kollegs. Dokumentationen. Bd. 1). Historisches Kolleg, München 1984, S. 60–61.
- Rudolf Schieffer: Hartmut Hoffmann (1930–2016). In: Historische Zeitschrift. Bd. 303, 2016, S. 459–463.
- Eva Schlotheuber: Nachruf Hartmut Hoffmann. In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters. Jg. 72, 2016, S. 207–212 (online).
Weblinks
- Literatur von und über Hartmut Hoffmann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Schriften von Hartmut Hoffmann im Opac der Regesta Imperii
Anmerkungen
- Monumenta Germaniae Historica: Wir trauern um Herrn Prof. Dr. Hartmut Hoffmann, 22. April 2016.
- Eva Schlotheuber: Nachruf Hartmut Hoffmann. In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters. Jg. 72, 2016, S. 207–212, hier: S. 212 (online).
- Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 116.