Handlungsformen der Verwaltung
Unter den Handlungsformen der Verwaltung ist das Instrumentarium zu verstehen, das der öffentlichen Verwaltung zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung steht und nach dem ihr Handeln rechtlich einzuordnen ist. Von dieser Einordnung hängen sowohl der im Einzelfall eröffnete Rechtsweg zu den ordentlichen oder den Verwaltungsgerichten als auch die statthafte Klageart ab.
Allgemeines
Die Verwaltung nimmt öffentliche Aufgaben wahr. Das geschieht durch (sichtbare) Verwaltungsleistung, indem die Verwaltung Zahlungen leistet, Warnungen, Sanktionen, Gebote („sollen“), Verbote („nicht dürfen“) oder Erlaubnisse ausspricht oder Rechtsnormen setzt.[1] Diese Verwaltungsleistungen erbringt sie gegenüber Rechtssubjekten, also natürlichen Personen (Bürger), Personenvereinigungen oder juristischen Personen. Diese Verwaltungsleistungen stellen meist Verwaltungsakte dar, gegen die durch ein Rechtsmittel vorgegangen werden kann.
Arten
Verwaltungsleistungen können sich in zwei Arten der Handlungsform äußern, und zwar in der Tathandlung (Realakt) und der Verwaltungsentscheidung.[2] Tathandlung ist jede Tätigkeit, die einen tatsächlichen Erfolg herbeiführt und dadurch die Wirklichkeit faktisch verändert. Das ist der Fall, wenn ein Beamter einem Bürger ein auszufüllendes Formular aushändigt, die Polizei im Streifenwagen zum Polizeieinsatz fährt oder die Müllabfuhr den Müll abholt. Diesen Realakten fehlt die Regelungswirkung, die aber einer Verwaltungsentscheidung zugrunde liegt. Sie ist das Ergebnis eines behördeninternen Willensbildungsprozesses (unsichtbare Verwaltungsleistung), der die Wirklichkeit zunächst nicht unmittelbar verändert. So ändert eine behördliche Baugenehmigung die Wirklichkeit noch nicht unmittelbar, sondern erst der spätere Baubeginn.
Bekannteste und häufigste Handlungsform gerade im Bereich der Eingriffsverwaltung ist im Rahmen der Verwaltungsentscheidung der in § 35 Abs. 1 VwVfG definierte Verwaltungsakt. Der Verwaltungsträger bzw. seine Behörde wird dabei einseitig-hoheitlich tätig, d. h. ein Verwaltungsakt hängt nicht von der Zustimmung des Normadressaten ab (Eingriffsrecht). Im Unterschied dazu steht der öffentlich-rechtliche Vertrag, der einen Konsens zwischen den Vertragsparteien voraussetzt.
Während beide vorstehenden Handlungsformen zur Regelung von Einzelfällen dienen, steht der Verwaltung mit der Rechtsverordnung sowie im Bereich der Selbstverwaltung außerdem der Satzung auch die Möglichkeit zur Schaffung generell-abstrakter Regelungen im Wege der Normsetzung zur Verfügung.
Keine Rechtsnormen stellen dagegen mangels Außenwirkung Verwaltungsvorschriften sowie interne Einzelweisungen oder Dienstanweisungen an nachgeordnete Stellen dar.
schlichtes Verwaltungshandeln / Realakte | Verwaltungsakt | Allgemeinverfügung | Rechtsverordnung | Satzung | öffentlich-rechtlicher Vertrag | privatrechtliches Handeln | |
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Wirkung | faktische Auswirkungen | konkret-individuell | konkret-generell | abstrakt-generell | abstrakt-generell | rechtlich zwischen Parteien | rechtlich zwischen Parteien |
mögliche
Rechtsgrundlagen |
divers | § 35 I 1 VwVfG | § 35 I 2 VwVfG | Art. 80 I GG
gleichlautende Vorschriften der Landesverfassungen Polizeigesetze |
§ 10 BauGB | §§ 54 ff. VwVfG | v. a. BGB |
Definitionen, Fallgruppen | Handlung ohne Rechtserfolg
z. B. unmittelbarer Zwang |
Befehlend
Gestaltend
Feststellend Begünstigend Belastend |
Var. 1: Adressatenbezogen (Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet)
Sachbezogen (Verwaltungsakt, der die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache regelt)
Benutzungsregelung (Verwaltungsakt, der die Benutzung einer Sache regelt) |
von Exekutivorgan erlassene Rechtsnormen | von Exekutivorgan erlassene Rechtsnorm
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kommt durch Einvernehmen der Parteien zustande | |
Voraussetzungen | Zuständigkeit
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einzelne Voraussetzungen des § 35 S. 1 VwVfG | einzelne Voraussetzungen des § 35 S. 1 und 2 VwVfG | gesetzliche Ermächtigungsgrundlage erfüllt Folgendes[3]:
genügt Bestimmtheitsgebot (Prinzip der Spezialermächtigung) gemäß Rechtsstaatsprinzip in Verwirklichung der Erkennbarkeit für den Bürger
zum Zeitpunkt des Verordnungserlasses in Kraft
verstößt nicht gegen Parlamentsvorbehalt formelle Voraussetzungen des Art. 80 I GG werden erfüllt materiell besteht eine Übereinstimmung mit Gesetzen und Grundgesetz |
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Beispiel | öffentliche Warnungen durch die Verwaltung | Baugenehmigung | Widmung einer Straße (Var. 2)
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Corona-Bekämpfungsverordnung | Bebauungsplan | ||
Rechtsschutz | Leistungsklage (auf Unterlassen oder Beseitigung der Folgen), Feststellungsklage | Anfechtungsklage | Anfechtungsklage | Normenkontrollantrag, Feststellungsklage | Normenkontrollantrag, Feststellungsklage | ordentliche Gerichtsbarkeit |
Kritik der Handlungsformen
Im Rahmen des Neuen Steuerungsmodells wird die Handlungsform "Erlass von Verwaltungsakten" aus Gründen der Haushaltskonsolidierung zunehmend in Frage gestellt. Der Staat bedient sich auch andernorts verstärkt privatrechtlicher Handlungsformen, überträgt sogar im Wege der Privatisierung klassisch hoheitliche Aufgaben auf ein Privatunternehmen wie die Privatisierung der Flugsicherung nach einer Grundgesetzänderung 1992. Der Staat sucht verstärkt die Kooperation mit den Bürgern und handelt in Public Private Partnership, verzichtet auf Regulierung und/oder eigene Kontrolle zu Gunsten privater Fachleute, die die Befugnis zur Zertifizierung erhalten haben, z. B. im Umweltschutz beim Öko-Audit und sucht auch bei Planungsaufgaben den Konsens mit den gesellschaftlichen Akteuren wie beim vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Er überlässt ihnen Verantwortung oder bindet sie in seine Entscheidungsfindung ein, so im Rahmen von Good Governance und nach dem Leitbild des aktivierenden Staates.[4]
Weblinks
Einzelnachweise
- Dirk Ehlers/Martin Burgi, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2010, S. 586
- Walter Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, 1984, S. 28
- Maurer, Hartmut: Allgemeines Verwaltungsrecht. 18. Auflage. Beck, C H, München 2011, ISBN 978-3-406-61452-1, S. 360.
- Verwaltungsakt Online-Verwaltungslexikon olev.de, Version 2.11, abgerufen am 24. Mai 2018