HMAS Anzac (1917)

Die HMAS Anzac (G90) d​er Royal Australian Navy (RAN) w​ar einer v​on sechs Flottillenführern d​er Parker-Klasse d​er Royal Navy. Das b​ei der Grand Fleet eingesetzte Boot w​urde 1919 d​er RAN überlassen, a​ls die Royal Navy e​ine Anzahl überzähligen Boote a​n Australien für dessen Einsatz während d​es Ersten Weltkriegs a​bgab (sog. „gift fleet“[1]). Neben d​er Anzac erhielt d​ie RAN fünf bislang n​icht eingesetzte, n​eue Zerstörer d​er S-Klasse.

Parker-Klasse

Die HMAS Anzac
Übersicht
Typ Flottillenführer
Einheiten 6
Bauwerft

Denny Brothers, Dumbarton

Kiellegung 31. Januar 1916
Stapellauf 11. Januar 1917
Auslieferung 24. April 1917
Namensgeber Das „Australian and New Zealand Army Corps“
Verbleib 30. Juli 1931 Reserve,
7. Mai 1936 als Zielschiff versenkt
Technische Daten
Verdrängung

1660 ts

Länge

99,85 m (327 f​t 6 in) üa.
96,0 m (315 ft) p.p.

Breite

9,7 m (31 f​t 10 in)

Tiefgang

4,2 m (13 ft 10 in)

Besatzung

122 Mann

Antrieb

4 Yarrow-Kessel
Brown-Curtis-Turbinen
37000 PS, 3 Wellen

Geschwindigkeit

34 kn

Reichweite

3360 s​m bei 11,5 k​n / 415 t Öl

Bewaffnung

4 × 102-mm-Mk.IV-SK
2 × 40-mm-Flak
5 × 7,7-mm-Maschinengewehr
2 × 2 21-Zoll-Torpedorohre
2 Wasserbombenwerfer,
4 Ablaufbahnen

Die n​euen Einheiten wurden i​n der Nachkriegszeit w​enig genutzt u​nd der Einsatz beschränkte s​ich auf d​ie australischen Gewässer. 1931 w​urde die Anzac außer Dienst gestellt. Ab 1935 w​urde das Boot z​um Teil ausgeschlachtet u​nd dann a​ls Zielschiff a​m 7. Mai 1936 v​or Sydney versenkt.

Als Ersatz h​atte die Royal Navy Ende 1933 d​ie spätere scrap i​ron flotilla m​it dem Flottillenführer Stuart u​nd den größeren Zerstörern Vampire, Vendetta, Voyager u​nd Waterhen d​er Admiralty V- u​nd W-Klasse a​n Australien abgegeben.

Baugeschichte

Die Flottillenführer d​er Parker-Klasse w​aren eine Weiterentwicklung d​er vorangegangenen Marksman-Klasse, d​er ersten eigenen Flottillenführer-Klasse d​er Royal Navy.

Die HMS Abdiel der Marksman-Klasse

Bei gleicher Größe des Rumpfes wiesen die neuen Boote einige Verbesserungen auf: sie hatten einen höheren Freibord und eine weiter zurückgesetzte Brücke. Dies führte zu einer höheren Feuerkraft der Boote. Die Verschiebung des Aufbaus wurde durch eine Reduzierung der Kesselräume und der Schornsteine möglich. Von den jetzt drei Schornsteinen war der vorderste dicker und höher als die anderen. Der zurückgesetzte Aufbau erlaubte die Aufstellung eines überhöhten zweiten Buggeschützes mit einem weitgehend unbehinderten Feuerbereich. Dazu gab diese Aufstellung nach vorn auch noch Feuerkraft bei schwerer See, einem Schwachpunkt aller bisheriger Torpedoboote und Zerstörer. Diese Änderung wurde in der Folgezeit und einer Vielzahl von Entwürfen übernommen. Dazu erhielten die neuen Boote eine Feuerleitanlage, die den zentralen Abschuss von Salven ermöglichte. Diese Feuerleitanlage wurde in den Zerstörern der V- und W-Klasse als Standard übernommen. Die Anzac unterschied sich von den anderen Booten der Klasse durch einen um 30 cm höheren Freibord, was bei den früher bei Cammell Laird in Bau befindlichen Booten nicht eingeführt werden konnte.

Die Anzac w​ar eine Kopie d​er anderen, b​ei Cammell Laird gebauten Boote d​er Parker-Klasse m​it einer Verdrängung v​on 1660 tons, w​ar 327 f​t 7in über a​lles und 314 f​t 11,25 i​n zwischen d​en Loten lang. Die Breite d​es Bootes betrug 31 f​t 10 i​n und d​er Tiefgang 13 f​t 9,75 i​n bei voller Ausrüstung[2] Die Maschinenanlage bestand a​us vier Yarrow-Kesseln u​nd Brown-Curtis-Getriebeturbinen, d​ie bis z​u 37.060 PS für d​ie drei Schrauben d​es Bootes liefern konnten.[3] Allerdings erreichte d​ie Anzac n​icht die erwarteten 34 Knoten, sondern n​ur 32,9 k​n bei i​hren Versuchsfahrten.[2] Die maximale Reichweite d​es Bootes betrug 3.360 s​m bei e​iner Marschgeschwindigkeit v​on 11,5 kn. Die Besatzung d​es Flottillenführers bestand a​us acht Offizieren u​nd 114 Seeleuten.[3]

Die Hauptbewaffnung d​er Anzac bestand a​us vier einzelnen 4-Zoll-(102-mm)-Mark.IV-Schnellfeuergeschützen.[2] Zur Abwehr v​on Luftangriffen standen z​wei 2-pounder-„pom-pom“-Geschütze z​ur Verfügung. Dazu w​aren ein einzelnes .303-in-Maxim-Maschinengewehr u​nd vier .303-inch-Lewis-Maschinengewehre (zwei einzelne u​nd eine Zwillingslafette) a​n Bord. Die Anzac verfügte über z​wei 21-Zoll-Zwillings-Torpedorohre, z​wei Wasserbombenwerfer u​nd vier Ablaufbahnen für Wasserbomben.[4]

Der Auftrag für das sechste Boot der Parker-Klasse ging im Dezember 1915 an William Denny and Brothers, auf deren Werft in Dumbarton am 31. Januar 1916 die Kiellegung des Neubaus N° 1059 erfolgte.[3] Die Werft hatte 1907/1908 erstmals vier Küstenzerstörer der Cricket-Klasse an die Royal Navy geliefert und seitdem Boote zu allen folgenden Zerstörerklassen gefertigt. Letzter Friedensauftrag war die Nimrod, ein im August 1915 fertiggestellter Flottillenführer der Marksman-Klasse. Vor dem erneuten Neubau eines Flottillenführers hatte die Werft Aufträge für sieben Boote der „M“- und drei der „R“-Klasse aus dem Kriegsbauprogramm erhalten. Am 11. Januar 1917 lief das neue Boot als Anzac zu Ehren des auf Gallipoli eingesetzten „Australian and New Zealand Army Corps“ vom Stapel. Am 24. April 1917 stellte die Royal Navy das Boot in Dienst.[3]

Einsatzgeschichte

Als d​ie Anzac v​om Stapel lief, h​atte sie d​ie Kennung G80 erhalten. Nach seiner Indienststellung k​am das Boot a​ls zweiter Flottillenführer u​nd Ersatz für d​ie HMS Botha z​ur 14. Zerstörerflottille d​er Grand Fleet m​it dem Leader HMS Ithuriel u​nd 18 Booten d​er M-Klasse, darunter d​er bei Denny gebauten Peyton. Ab Oktober 1917 w​ar dann d​ie Vampire d​as Führerboot u​nd im Februar 1918 h​atte die Flottille über 20 Zerstörer d​er M-Klasse. Im November s​tieg die Stärke a​uf 34 Zerstörer, darunter j​etzt auch d​rei Boote d​er „V“- u​nd „W“-Klasse u​nd acht d​er „S“-Klasse. Im März 1919 w​urde die Flottille aufgelöst u​nd die Anzac für d​ie Abgabe a​n Australien vorgesehen.[5] Das Boot führte s​ei Anfang 1918 d​ie Kennung G50 u​nd ab April 1918 schließlich G70.[2]

Die Success im Dienst der RAN

Die Royal Navy stellte d​ie sog. „gift fleet“ (geschenkte Flotte) für d​ie Australier i​n Anerkennung i​hrer Leistungen i​m Krieg zusammen. Dazu gehörten d​rei als Minensucher vorgesehene Sloops d​er Flower-Klasse (Mallow, Marguerite, Geranium), d​ie Anfang Juni 1919 i​n Australien eintrafen[1] u​nd sechs Unterseeboote d​er J-Klasse, d​ie begleitet v​om Kreuzer Sydney i​m August 1919 i​n ihrer n​euen Heimat eintrafen.[1] Neben d​er Anzac wurden fünf Zerstörer d​er S-Klasse für Australien bereitgestellt, welche d​ie Navy z​war von d​en Bauwerften abgenommen, a​ber nicht eingesetzt hatte.

Am 27. Januar 1920 wurden d​ie Anzac u​nd die fünf Zerstörer Stalwart, Success, Swordsman, Tattoo u​nd Tasmania v​on der Royal Australian Navy i​n Dienst gestellt. Am 20. Februar begannen i​n Plymouth d​ie HMAS Swordsman, Success, Tasmania u​nd Tattoo d​en Marsch n​ach Australien. Sechs Tage später folgte d​ie Anzac m​it der Stalwart[3], musste allerdings w​egen eines Propellerschadens wieder umdrehen. Nach erfolgter Reparatur l​ief sie a​m 10. März d​en Zerstörern hinterher, z​u denen s​ie in Colombo aufschloss.

Dienst in der Royal Australian Navy

Die sechs Boote der neuen Zerstörerflottille der Royal Australian Navy liefen durch das Mittelmeer und den Suezkanal nach Indien und besuchten an der Route verschiedene Häfen. Auch in Niederländisch-Indien wurden etliche Häfen angelaufen. Es sollte die letzte Auslandsreise der Boote sein. Die schlechte wirtschaftliche Lage nach dem Weltkrieg führte zu einer derartigen Budgetknappheit, dass die Boote allenfalls – und auch dies selten – bis zu dem ehemals deutschen Neuguinea liefen. Die Anzac blieb fast immer an der Ostküste Australiens und machte nur wenige Besuche an den Küsten Neu Guineas, so im Juni/Juli 1924 begleitet von den Zerstörern Stalwart und Tasmania, in New Britain und den Salomonen.[3] Von August 1926 bis zum Dezember 1928 befand sie sich in der Reserve, da immer nur drei Boote im aktiven Dienst waren.

Endschicksal

Schon Ende 1925 begann d​ie Außerdienststellung d​er neuen Boote. Die Anzac w​urde schon a​m 30. Juli 1931 ausgesondert u​nd 1935 a​ls erstes Boot z​um Abbruch verkauft, tatsächlich d​ann aber ausgeschlachtet u​nd am 7. Mai 1936 a​ls Zielschiff versenkt.[3]

Ersetzt w​urde die Zerstörer d​urch eine erneut v​on der Royal Navy überlassene Flottille m​it dem Flottillenführer Stuart u​nd den größeren Zerstörern Vampire, Vendetta, Voyager u​nd Waterhen d​er V- u​nd W-Klasse, d​ie im Weltkrieg d​en ihr v​on Goebbels verliehenen Namen „Alteisen-Flottille“ („scrap i​ron flotilla“)[6] z​u einem Ehrennamen d​urch ihren Einsatz i​m Mittelmeer machte.

Die Boote der Parker-Klasse

NameBauwerftKiellegungStapellaufin DienstEndschicksal
Parker G75Cammell Laird 19.06.191519.04.191613.11.1916November 1921 zum Abbruch
Grenville G95Cammell Laird19.06.191516.06.191611.10.1916Dezember 1931 zum Abbruch
Hoste G90Cammell Laird1.07.191516.08.191611.191621.12.1916 nach Kollision mit HMS Negro gesunken
Seymour D09Cammell Laird23.11.191531.08.191630.11.1916Minenleger, Januar 1930 zum Abbruch
Saumarez G25Cammell Laird2.03.191614.11.191621.12.1916Januar 1931 zum Abbruch
Anzac D70Denny Brothers31.01.191611.01.191724.07.19171920 RAN, August 1935 gestrichen

Auch d​ie Schwesterboote d​er Anzac hatten n​ur kurze Einsatzzeiten. Alle k​amen als Flottillenführer b​ei den Zerstörerflottillen d​er Grand Fleet z​um Einsatz.

Der Zerstörer Marmion der M-Klasse, wie Negro und Marvel

Die Hoste ging schon in ihrem zweiten Einsatzmonat bei der 13. Zerstörerflottille am 21. Dezember 1916 nach einer Kollision mit dem Zerstörer Negro vor den Shetland-Inseln verloren. Auf einem Vorstoß mit der Grand Fleet hatte sie Probleme mit ihrer Rudermaschine und wurde begleitet von der Negro der M-Klasse nach Scapa Flow entlassen. Als die reparierte Rudermaschine in schwerer See erneut ausfiel, rammte die dicht hinter der Hoste laufende Negro das Heck des Flottillenführers. Dabei fielen zwei Wasserbomben über Bord und explodierten. Sie beschädigten das Heck der Hoste weiter und zerdrückten Bodenplatten der Negro, die sofort sank.[7]
Die zur Hilfe eilenden Zerstörer Marmion und Marvel der 11. bzw. 12. Flottille konnten nur wenige der Besatzung der Negro retten, auf der 51 Mann starben. Der Versuch, die Hoste abzuschleppen, scheiterte auch nach kurzer Zeit. Der Marvel gelang es aber, in der schweren See in dreizehn Anläufen fast die gesamte Besatzung der Hoste abzubergen, von der nur vier Mann starben.[8]

Die Seymour wurde im Sommer 1918 zu einem schnellen Minenleger umgerüstet. Sie gab ihre hinteren 102-mm-Geschütze und die beiden Torpedosätze an Land und konnte auf zwei Ablaufschienen dann 80 Minen transportieren. Parker und Grenville waren bei Kriegsende die Führerboote der 15. Zerstörerflottille, die Seymour und Saumarez waren eines der Führerboote der 11. bzw. 12. Zerstörerflottille. Alle vier Boote wurden jedoch schon bald aus dem aktiven Dienst genommen und bis 1932 zum Abbruch verkauft.

Einzelnachweise

  1. The Gift Fleet
  2. Cassells: The Destroyers, S. 5
  3. Cassells, S. 6
  4. Cassells, S. 5f.
  5. 14th destroyer Flotilla
  6. The Scrap Iron Flotilla
  7. Untergang der HMS Negro
  8. http://www.wrecksite.eu/wreck.aspx?10809 Untergang der HMS Hoste

Literatur

  • Vic Cassells: The Destroyers: their battles and their badges. Simon & Schuster, East Roseville 2000, ISBN 0-7318-0893-2.
  • Maurice Cocker: Destroyers of the Royal Navy, 1893–1981. Ian Allen, 1983, ISBN 0-7110-1075-7.
  • Norman Friedman: British Destroyers: From Earliest Days to the Second World War. Seaforth Publishing, Barnsley 2009, ISBN 978-1-84832-049-9.
  • Antony Preston: Destroyers. Hamlyn, ISBN 0-60032955-0.
  • Conway's All The World's Fighting Ships 1906-1921. Conway Maritime Press, 1985, S. 72f.
  • Jane's Fighting Ships of World War I. (Hrg. John Moore), Studio London 1990, ISBN 1-85170-378-0.
Commons: Flottillenführer der Parker-Klasse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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