Gustave Trouvé
Gustave Trouvé (* 2. Januar 1839 in La Haye-Descartes;[1] † 27. Juli 1902 in Paris) war ein französischer Erfinder, Elektroingenieur und Chemiker.
Jugend
Trouvés Vater Jacques war Viehhändler.[2] Im Jahr 1850 begann er eine Berufsausbildung als Schlosser am Chinon College, die er von 1854 bis 1855 an der École des Arts et Métiers in Angers fortsetzte.[3] Aufgrund gesundheitlicher Probleme schloss er seine Ausbildung nicht ab und zog nach Paris, wo er Beschäftigung bei einem Uhrmacher fand.[4]
Paris
Ab 1865 betrieb Trouvé eine Werkstatt im Zentrum von Paris, wo er eine Reihe von elektrischen Geräten für unterschiedlichste Anwendungen entwickelte und auch patentierte, über die regelmäßig in populärwissenschaftlichen Zeitschriften, wie La Nature berichtet wurde.[5] Er erfand eine Zink-Kohle-Batterie im Taschenformat, um seine Miniatur-Elektro Automaten zu betreiben, die bald sehr populär wurde.[6] Eine ähnliche Batterie wurde von Georges Leclanché entwickelt und breit kommerzialisiert.
Die 1870er
Gustave Trouvé war in den 1870ern an Verbesserung der Kommunikationssysteme mit mehreren bemerkenswerten Innovationen beteiligt. Im Jahr 1872 entwickelte er einen portablen Telegraphen für das Militär, der eine schnelle Kommunikation zur Übermittlung von Befehlen zur Front und von Berichten zurück bis zu einer Entfernung von einem Kilometer ermöglichte.[7] Im Jahr 1874, entwickelte er eine Vorrichtung zum Detektieren und Extrahieren von metallischen Partikeln z. B. aus menschlichen Körpern, die der Prototyp der heutigen Metalldetektoren war.[8] Im Jahre 1878 verbesserte er die Schallintensität von Bell-Telefonsystem durch den Einbau eines Doppelmembran. Im selben Jahr erfand er ein hochempfindliches, tragbares Mikrofon. Mit diesen Erfindungen wurde Trouvé sehr bald bekannt und sein Talent für Miniaturisierungen wurde gewürdigt. Auch im Jahre 1878 erfand er mit dem „Polyscope“ den Prototyp des heutigen Endoskops, das mit einer Batterie von Gaston Planté und einer kleinen luftdichten Glühlampe arbeitete.[9]
Die 1880er
Im Jahr 1880 verbesserte Trouvé den Wirkungsgrad eines von Siemens entwickelten kleinen Elektromotors, den er dann zusammen mit einem neu entwickelten Akku in ein vom Engländer James Starley entwickeltes Dreirad integrierte und mit dem Trouvé Tricycle das weltweit erste Elektrofahrzeug baute.[10] Obwohl dieses elektrische Dreirad am 19. April 1881 entlang der Rue Valois im Zentrum von Paris erfolgreich getestet wurde, konnte er seine Erfindung nicht patentieren.[11] Trouvé hat aber dann sehr schnell seinen elektrischen Antrieb für Boote angepasst. Um einen einfachen Transport des Aggregats von seiner Werkstatt zur nahe gelegenen Seine zu ermöglichen, machte er es tragbar und leicht ausbaubar und erfand damit den Außenbordmotor.[12] Am 26. Mai 1881 erreichte Trouvés Boot-Prototyp, die 5 m “Le Téléphone” stromaufwärts eine Geschwindigkeit von 1 m/s (3,6 km/h) und stromabwärts von 2,5 m/s (9 km/h).[13]
Trouvé stellte sein Boot (aber nicht sein Dreirad) und eine Reihe seiner elektromedizinischen Instrumente auf der Internationalen Elektrizitätsausstellung 1881 in Paris aus und bald darauf wurde er mit dem renommierten Verdienstorden der Ehrenlegion ausgezeichnet.[14] Durch weitere Miniaturisierung seines Elektromotors konnte er ein Modell-Luftschiff, ein Zahnbohrer, ein Nähmaschine und einen Rasierer elektrisch betreiben.[15][16] Als nächstes entwickelte Gustave Trouvé eine "Photophore", eine batteriebetriebene Stirnlampe für Dr. Paul Helot, einen Hals-Nasen-Ohrenarzt aus Rouen. Der Fokus dieses tragbaren Beleuchtungssystems konnte durch Kopfbewegungen ausgerichtet werden und man konnte so mit beiden Händen arbeiten. Auf Basis des Briefwechsels zwischen Trouvé und Hélot lässt sich diese Erfindung auf das Jahr 1883 datieren. Trouvé modifizierte bald die Kopflampe für Bergleute, Rettungskräfte und später auch für Höhlenforscher. Durch Tönung des Lichts mit verschiedenen Farben fand die Erfindung auch Eingang in Pariser und europäische Theater. Unter dem Namen „leuchtende elektrische Juwelen“ war diese Erfindung der Vorläufer heutiger tragbaren Technologien.[17] Im Jahr 1884 montierte Trouvé sowohl eine elektrische Hupe als auch einen Frontscheinwerfer auf einem Elektroboot. Das war das erste Mal, dass solch Elektro-Zubehör auf einem Verkehrsträger eingesetzt wurden.[18] Dann entwickelte er eine tragbare elektrische Sicherheitslampe[19] und im Jahr 1887 sein „Auxanoscope“, ein elektrischer Diaprojektor für Wanderlehrer mit dem Markennamen Eureka (griech. εὕρηκα = "Ich habe festgestellt", in Französisch übersetzt "J'ai trouvé). Etwa zur gleichen Zeit orientierte sich Trouvé, ein an Kommerzialisierung uninteressierter Junggeselle, himmelwärts, überzeugt, dass in der Luft mit „heavier-the-air“-Maschinen die Zukunft lag. So entwickelte er einen angeleinten Modell Elektro-Hubschrauber.
Als Nächstes baute er einen mechanischen Vogel, dessen Flügel mit Hilfe einer raschen Zündfolge von Revolverpatronen bewegt wurden.
Damit wurde ein lauter Flug von damals unglaublichen 80 Metern möglich.[20] Im Jahr 1889 montierte er auf ein von ihm im Jahr 1866 entwickeltes batterieelektrische Gewehr einen Scheinwerfer, der eine nächtliche Jagd ermöglichte. Weiterhin hat er auch ein batterieelektrisches Alarmsystem zum Nachtfischen entwickelt.
Die 1890er
Im Jahre 1891 entwickelte Trouvé mehrfarbige elektrische Brunnen für Innen- und Außenbereiche. Er sah frühzeitig die Grenzen einer Stromversorgung ohne eine zuverlässige nationale Netzgesellschaft. Im Jahre 1895 machte er die gerade erfolgte Entdeckung des Acetylens schnell für die häusliche Beleuchtung nutzbar.[21] Unter seinen 75 Erfindungen sind auch u. a. eine elektrische Massagemaschine, ein elektrischer Tasteninstrument auf Basis des Rads von Félix Savart, eine batteriebetriebene tragbare Rettungsweste, ein wasserstrahlgetriebenes Boot und einen stromlinienförmiges Fahrrad sowie mehrere Kinderspielzeuge zu finden. Im Jahr 1902 arbeitete Trouvé an seiner neuesten Innovation, einem kleinen tragbaren UV-Gerät zur Behandlung von Hauterkrankungen, dem Prototyp der PUVA-Therapie, als er versehentlich einen Teil des Daumens und des Zeigefingers verlor. Er vernachlässigte die Wunden, wodurch es zu einer Blutvergiftung kam. Auch eine Amputation am Saint-Louis Hospital in Paris half nicht mehr und Trouvé starb 63-jährig am 27. Juli 1902.
Vergessen und Rehabilitation
Als die obligatorische Konzession für sein Grab auf dem Friedhof seiner Geburtsstadt La Haye-Descartes nicht verlängert wurde, erfolgte eine Umbettung seiner Gebeine in ein Gemeinschaftsgrab. Seine Archive wurden im Februar 1980 während eines Feuers im Rathaus von La Haye-Descartes zerstört. Im Jahr 2012 wurde jedoch nach dem Erscheinen einer französischen Trouvé-Biographie des englischen Verkehrshistorikers Kevin Desmond eine Gedenktafel in seiner Geburtsstadt enthüllt. Drei Jahre später, im Jahr 2015, wurde im Anschluss an eine erweiterte englischsprachige Trouvè Biographie, auch eine Gedenktafel an seiner ehemaligen Werkstatt in der Rue Vivienne 14 im 2. Pariser Arrondissement enthüllt.
Erfindungen und Innovationen in chronologischer Reihenfolge
- 1864: Elektrosphärischer Geisslerscher Röhren-Motor
- 1865: Verschlossene Mini-Batterie
- 1865: Elektromedizinische Geräte
- 1865: Mobiler Elektroschmuck
- 1865: Elektrogyroskop
- 1866: Elektrogewehr
- 1867: Elektromedizinischer Bausatz
- 1869: Flüssigkeitsgefüllte Panoramakamera
- 1870: Gerät zur Vogelflugimitation
- 1872: Tragbarer militärischer Telegraph
- 1873: Verbesserte Zn-Kohle Batterie mit Dichromat als Kathode
- 1874: Detektor und Extraktor von Gewehrkugeln
- 1857: Elektrisches Jahrbuch und Kalender
- 1875: Tragbare elektromechanische Maschine
- 1875: Sauerstoffraumanzug für Ballonfahrer
- 1877: Simulator für Muskelkontraktion
- 1877: Elektrischer Briefbeschwerer
- 1878: Polyscope zur Sondierung von Hohlräumen in menschlichen Körpern
- 1878: Telefone und verbesserte Mikrophone
- 1880: Verbesserter Siemens Elektromotor
- 1881: Herstellung von Magneten
- 1881: Leuchtender elektrischer Schmuck
- 1881: Elektroboot
- 1881: Miniaturisierte Dentalbohrer
- 1881: Außenbordmotor
- 1881: Elektro-Dreirad
- 1883: Unterwasserbeleuchtung
- 1883: Trouvé-Héliot Kopflampe
- 1883: Elektrofahrzeug Scheinwerfer
- 1884: elektrische Sicherheitslampe
- 1885: Elektrische Betriebsmittel zur Beleuchtung von Physiologie- und Chemie-Laboratorien
- 1885: Unterwasserbeleuchtung für Suez-Kanal
- 1886: Neues System für die Konstruktion von Propellern
- 1886: Elektrische Sirene als Alarmsignal
- 1887: Arbeitsmodell eines elektrischen Hubschraubers (angeleint)
- 1887: Elektrisches Auxanoscope (Bildprojektor)
- 1889: Elektrisches Zählwerk
- 1889: Dynamo elektrischer Demonstrator
- 1889: Verbesserung des elektrischen Gewehrs
- 1889: System zum Transport von Glasplatten
- 1890: Universal Dynamometer
- 1890: Elektrische Beleuchtung für Pferdekutschen
- 1890: Elektrisches Orygmatoscope für die Inspektion geologischer Schichten
- 1890: Mobile elektropneumatische Straßenlaterne
- 1891: 2. Mechanischer Vogel
- 1891: Verbesserungen von leuchtenden elektrischen Brunnen
- 1892: Elektrische Auslöser für die Zeitraffer-Fotografie
- 1892: Portables medizinisches Dynamometer
- 1892: Batterie-elektrisches Massagegerät gegen Hernie
- 1893: Elektrisches Industrie-Belüftungssystem
- 1894: System für automatisches Nachtfischen
- 1894: Elektrische Lanze für die Jagd
- 1894: Leuchtendes Elektroschmuckband
- 1894: Elektrische Tasteninstrument auf Basis von Savarts Rad
- 1894: Leuchtendes Elektrospringseil
- 1895: Acetylen Beleuchtung in privaten Haushalten
- 1895: Universeller AC/DC Motor
- 1895: Verbessertes Fahrrad
- 1895: Manuell/elektrisches Hybrid Massage Gerät
- 1897: Vorrichtung zur automatischen Abfüllung von Acetylen
- 1897: Vorrichtung zum hermetischen Versiegeln von Acetylenbehältern
- 1897: Windmühl-Spielzeug für Hüte und Stöcke
- 1898:
- 1899: Vergaser für Verbrennungsmotoren
- 1900: Tragbare batterieelektrische aufblasbare Rettungsweste
- 1901: Gerät zur Phototherapie
- 1902: Feder-Harpunen Spielzeug
- 1902: Antrieb von Modell- oder U-Booten mit Acetylen
Einzelnachweise
- Geschichte der Stadt Ville de Descartes - Indre-et-Loire - FRANCE. In: ville-descartes.fr. 6. August 2014, abgerufen am 6. Juli 2015.
- George Barral, "L’histoire d’un inventeur: Exposé des découvertes et des travaux de M. Gustave Trouve dans le domaine de l’électricité" (Paris: Georges Carré, 1891)
- Reference ETP 812, Departmental Archives of Maine-et-Loire
- Archives de la Ville de Paris
- Alf. Naudet: Télégraphie militaire : Systèmes Gustave Trouvé. In: La Nature, Revue des sciences et de leurs applications aux arts et à l’industrie. 20. Mai 1876, S. 392–394, abgerufen am 6. Juli 2015 (französisch, veröffentlicht vom Cnum – Conservatoire numérique des Arts et Métiers).
- Bijoux électriques lumineux. In: La Nature. 13. September 1879, S. 229–230, abgerufen am 6. Juli 2015 (französisch, veröffentlicht vom Cnum – Conservatoire numérique des Arts et Métiers).
Abbé Moigno, in: Les Mondes, Heft 14, 40. Jg., 1. August 1878. - La Telephone de Trouvé,'La Nature', 1878. In: Cnum - Conservatoire numérique des Arts et Métiers. Abgerufen am 6. Juli 2015.
- Le XIXe Siècle 12. August 1874
- Ségal,Alain, «Place de l’Ingénieur Gustave Trouve dans l’histoire de l’endoscopie», TOME XXIX, Histoire des Sciences Médicales, Organe Officiel de la Société Française d’Histoire de la Médecine, n° 2, 1995
- Ernest Henry Wakefield, History of the Electric Automobile, 540 pp, Society of Automobile Engineers, USA, 1993
- Un Vélocipède électrique, 'La Nature', 1881
- Desmond, “A Century of Outboard Racing”, Van de Velde Maritime. 2000
- Communication made by Trouvé to the Académie des Sciences de Paris, 1881
- Pantheon of the Legion d’Honneur, Januar 1882
- Exposition Internationale de l’Electricité 1881, Administration-jury-rapports, Tome Premier, 1883, Paris
- Publicity, « Overview of the prices of Trouvé luminous electric jewels, the sole inventor patented in France and abroad », in "L'Électricité au théâtre, bijoux électro-mobiles, nouveaux bijoux électriques lumineux, par G. Trouvé", 1885
- “Overview of the prices of Trouvé luminous electric jewels, the sole inventor patented in France and abroad”, in "L'Électricité au théâtre, bijoux électro-mobiles, nouveaux bijoux électriques lumineux, par G. Trouvé", 1885
- Letter from G Trouvé to Paul Hélot, 25. Juli 1883
- Trouvé, Lampes électriques portatives, communication to the Académie des Sciences, November 10, 1884
- Mémoire presented by G. Trouvé, on 24. August 1891. Conserved at the Académie des Sciences, Paris, reference arch-2007/26
- Journal mensuel de l’Académie nationale de l’Industrie agricole manufacturière et commerciale, Dezember 1895