Guillén Fernández
Guillén Santiago Eusebio Fernández (* 12. August 1964 in Bonn) ist ein europäischer Neurowissenschaftler und Neurologe.
Leben
Fernández studierte Medizin an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn. 1994 erhielt er seine Approbation. Ein Jahr später promovierte er, bevor er im Jahre 2001 bei Christian E. Elger habilitierte. Nach klinischer Ausbildung zum Neurologen und wissenschaftlicher Tätigkeit am Universitätsklinikum Bonn (Elger, Wolfgang Maier) und Magdeburg (Hans-Jochen Heinze) sowie an der Stanford University (John Gabrieli) wurde er 2002 Forschungsgruppenleiter am Donders Institute for Brain, Cognition and Behaviour an der Medizinischen Fakultät (Radboud Universitair Medisch Centrum) der Radboud-Universität in Nijmegen (Niederlande).
Vier Jahre später wurde Fernández zum Professor für kognitive Neurowissenschaften und im Jahre 2010 zum Direktor des Donders Instituts ernannt.[1] Fernández wurde 2007 zum Mitglied der Memory Disorder Research Society (MDRS) gewählt und im Jahre 2014 wurde er zudem in die Academia Europaea aufgenommen. Im Jahr 2010 wurde er als Advanced Investigator in den Europäischen Forschungsrat (ERC) aufgenommen.[2] 2018 wurde Fernández in die Königlich Niederländische Akademie der Wissenschaften gewählt.
Werk
Fernández erforscht die neuronalen Grundlagen von Gedächtnisprozessen. Dabei kombiniert er kognitive Paradigmen mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI), verschiedene EEG-Techniken und gelegentlich pharmakologische Interventionen oder genetische Analysen. Er befasste sich vor allem mit der Gedächtnisbildung und -stabilisierung und untersuchte insbesondere, wie bereits vorhandenes Wissen oder Emotionen diese Prozesse beeinflussen.
Mit Mitarbeitern zeigte er, wie innerhalb der ersten zwei Sekunden zwei unterschiedliche neuronale Prozesse im medialen Temporallappensystem dazu beitragen, dass gelesene Wörter später erinnert werden können.[3][4] Bei Studien zur anschließenden Gedächtnisstabilisierung im Schlaf konnte er zeigen, wie der Beitrag des medialen Temporallappensystems von einer spezifischen Region im präfrontalen Cortex übernommen wird.[5][6] Diese Region ist besonders involviert bei der Integration von neuem Wissen mit bereits bestehendem Wissen.[7][8] Diese Mechanismen haben Bedeutung für den Wissenserwerb und haben daher Eingang in die pädagogische Forschung gefunden.
Bei der Untersuchung zur Wechselwirkung zwischen Gedächtnis und Emotion haben Fernández und Mitarbeiter eine Verschiebung von Netzwerkaktivität, die fast das gesamte Gehirn beeinflusst, entdeckt, die auftritt, wenn Individuen sich bedroht fühlen.[9] Diese Verschiebung wird durch den Neurotransmitter Noradrenalin verursacht und durch das Stresshormon Cortison limitiert beziehungsweise terminiert.[10][11] Sie führt zu weitreichenden Veränderungen von kognitiven Prozessen einschließlich Gedächtnis, Gefahrenwahrnehmung und Arbeitsgedächtnis.[12][13] Die Aktivitätsbalance dieser Netzwerke ist genetisch und durch frühere Erlebnisse von signifikanten Gefahren determiniert.[14][15] Diese Entdeckungen haben zu einem mechanistischen Modell der Gefahrenantwort geführt,[16] das weitreichende Beachtung in der biologisch-psychiatrischen Forschung gefunden hat.
Auszeichnungen
Fernández erhielt 2002 den Richard-Jung-Preis der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie (DGKN)[17] und 2005 den Vici-Preis der Niederländischen Forschungsgemeinschaft (NWO).[18] 2016 erhielt er den International Hermesdorf Award.[19]
Einzelnachweise
- Professor Guillén Fernández. Donders Institute, abgerufen am 11. September 2017 (englisch).
- Guillén Fernandez, ERC Advanced grant 2010. Donders Institute, abgerufen am 11. September 2017 (englisch).
- Fernández G, Effern A, Grunwald T, Pezer N, Lehnertz K, Dümpelmann M, Van Roost D, Elger CE. Real-time tracking of memory formation in the human rhinal cortex and hippocampus. Science 1999; 285: 1582–1585
- Fell J, Klaver P, Lehnertz K, Grunwald T, Schaller C, Elger CE, Fernández G. Human memory formation is accompanied by rhinal-hippocampal coupling and decoupling. Nature Neuroscience 2001; 4: 1259–1264
- Takashima A, Petersson KM, Rutters F, Tendolkar I, Jensen O, Zwarts MJ, McNaughton BL, Fernández G. Declarative memory consolidation in humans: a prospective functional magnetic resonance imaging study. (Proceedings of the National Academy of Sciences USA 2006; 103): 756–761
- van Dongen EV, Takashima A, Barth M, Zapp J, Schad LR, Paller KA, Fernández G. Memory stabilization with targeted reactivation during human slow-wave sleep. Proceedings of the National Academy of Sciences USA 2012; 109: 10575–10580
- van Kesteren MTR, Rijpkema M, Ruiter DJ, Morris RGM, Fernández G. Building on prior knowledge: Schema-dependent encoding processes relate to academic performance. Journal of Cognitive Neuroscience 2014; 26: 2250–2261
- Wagner IC, van Buuren M, Kroes MCW, Gutteling TP, van der Linden M, Morris RG, Fernández G. Schematic memory components converge within angular gyrus during retrieval. eLIFE 2015; 10.7554/eLife.09668
- Hermans EJ, van Marle HJ, Ossewaarde L, Henckens MJAG, Qin S, van Kesteren MT, Schoots VC, Cousijn H, Rijpkema M, Oostenveld R, Fernández G. Stress-related noradrenergic activity prompts large-scale neural network reconfiguration. Science 2011; 334: 1151–1153
- Henckens MJAG, van Wingen GA, Joëls M, Fernández G. Time-dependent effects of corticosteroids on human amygdala processing. Journal of Neuroscience 2010; 30: 12725–12732
- Henckens MJAG, van Wingen GA, Joëls M, Fernández G. Time-dependent corticosteroid modulation of prefrontal working memory processing. Proceedings of the National Academy of Sciences USA 2011; 108: 5801–5806
- Qin S, Hermans EJ, van Marle HJF, Luo J, Fernández G. Acute psychological stress reduces working memory-related activity in the dorsolateral prefrontal cortex. Biological Psychiatry 2009; 66: 25–32
- van Marle HJF, Hermans EJ, Qin S, Fernández G. From specificity to sensitivity: How acute stress affects amygdala processing of biologically salient stimuli. Biological Psychiatry 2009; 66: 649–655
- Cousijn H, Rijpkema M, Qin S, van Marle HJF, Franke B, Hermans EJ, van Wingen G, Fernández G. Acute stress modulates genotype effects on amygdala processing in humans. Proceedings of the National Academy of Sciences USA 2010; 107: 9867–9872
- van Wingen GA, Geuze E, Vermetten E, Fernández G. Perceived threat predicts the neural sequelae of combat stress. Molecular Psychiatry 2011; 16: 664–671
- Hermans EJ, Henckens MJAG, Joëls M, Fernández G. Dynamic adaptation of large-scale brain networks in response to acute stressors. Trends in Neurosciences 2014; 37: 304–314
- Preise und Preisträger. Deutsche Gesellschaft für klinische Neurophysiologie, abgerufen am 11. September 2017.
- Toekenningen Vici 2005. Niederländische Forschungsgemeinschaft (NWO), abgerufen am 11. September 2017 (niederländisch).
- 2016 Hermesdorf Awards for Van Houtum, Van Galen, and Fernandez – International Alumni