Geschichte der Juden in Czernowitz

Die Geschichte d​er Juden i​n Czernowitz i​st eine Beschreibung jüdischen Lebens i​m heutigen Tscherniwzi i​n der Ukraine. In Czernowitz wurden u. a. d​ie jüdischen Schriftsteller Itzig Manger, Rose Ausländer u​nd Paul Celan geboren.

Grabsteine auf dem Jüdischen Friedhof, einem der größten erhaltenen in Mittel- und Osteuropa

Kaiserreich Österreich

Seit 1775 gehörte Czernowitz zur Habsburger Monarchie. 1787 gab es 74 Juden (Häuser).

1849 wurde Czernowitz Hauptstadt des Kronlandes Bukowina. 1866 wurde der neue jüdische Friedhof angelegt. Seit 1867 waren Juden völlig gleichberechtigt in der Stadt. Sie stellten in den folgenden Jahrzehnten Bürgermeister, Rektoren und andere wichtige Persönlichkeiten der Stadt. 1875 wurde die Franz-Josephs-Universität eröffnet, an der es auch jüdische Studenten und neun Studentenverbindungen sowie Lehrkräfte und Rektoren gab. 1877 wurde die große Synagoge eingeweiht.

Die meisten Juden sprachen deutsch, teilweise auch jiddisch als Umgangssprache. 1908 fand die Czernowitz-Konferenz statt, die die jiddische Sprache fördern sollte. 1910 wurde der jüdische Sportverein Hakoah Czernowitz gegründet.

Rumänien

Seit 1919 gehörte Czernowitz z​u Rumänien. In dieser Zeit erblühte d​as kulturelle jüdische Leben i​n Czernowitz.

1940 w​urde die Stadt v​on der Sowjetunion besetzt. Viele Juden wurden n​ach Sibirien deportiert.

1941 w​urde die Stadt v​on Rumänien erobert. Es w​urde das Ghetto Czernowitz eingerichtet m​it 50.000 Juden a​us der gesamten Bukowina. Zwei Drittel wurden n​ach Transnistrien deportiert u​nd dort getötet. 20.000 Juden konnten gerettet werden.

Ukrainische SSR

Nach 1944 w​urde Czernowitz e​in Ort, v​on dem v​iele Juden n​ach Palästina emigrierten.

1989 w​aren 5,9 % d​er Bevölkerung Juden. Nach d​er politischen Wende i​n Europa emigrierte e​in weiteres Mal e​in Großteil d​avon nach Israel o​der in d​ie USA.

Ukraine

2001 konnte eine Synagoge an der Sadowa uliza eingeweiht werden. 2010 wurde das Museum für jüdische Geschichte und Kultur der Bukowina im ehemaligen Jüdischen Nationalhaus eröffnet.

Bevölkerungsentwicklung

Jüdische Bevölkerung[1]
Jahr Ges.-Bev. Juden Anteil
185722.00004.67821,6 %
186934.00009.55228,2 %
188046.00014.44931,7 %
189054.00017.35932,0 %
190068.00021.58731,9 %
191087.00028.61332,8 %

Persönlichkeiten

Siehe auch

Literatur

  • Gregor Gatscher-Riedl: k. u. k. Sehnsuchtsort Czernowitz: "Klein-Wien" am Ostrand der Monarchie. Kral-Verlag, Berndorf 2017, ISBN 978-3990246900.
  • Gregor Gatscher-Riedl: Studentisches Leben in "Jerusalem am Pruth". Die jüdischen Hochschulverbindungen in Czernowitz. In: DAVID. Jüdische Kulturzeitschrift, 29. Jg., Nr. 114, Rosch Haschanah 5778 (Wien, September 2017), 72–76.
  • Andrei Corbea-Hoișie (Hrsg.): Jüdisches Städtebild Czernowitz. Frankfurt 1998.
  • Gertrud Ranner; Axel Halling; Anja Fiedler (Hrsg.): …„und das Herz wird mir schwer dabei“. Czernowitzer Juden erinnern sich. Deutsches Kulturforum östliches Europa e. V., Potsdam 2009, ISBN 978-3-936168-28-0.
  • Marianne Hirsch, Leo Spitzer: Ghosts of Home: The Afterlife of Czernowitz in Jewish Memory. University of California Press, 2010
  • Hermann Sternberg: Zur Geschichte der Juden in Czernowitz, Tel Aviv 1962. Teilabdruck aus: Hugo Gold (Hrsg.): Geschichte der Juden in der Bukowina. Ein Sammelwerk, 2 Bände. Olamenu, Tel Aviv 1958/1962 (Bd. 1, bis 1919, mit 172 S.; Bd. 2 1919–1944 mit 230 S.)

Anmerkungen

  1. Ergebnisse der Volkszählungen der K. K. Statistischen Central-Kommission u. a., in: Anson Rabinbach: The Migration of Galician Jews to Vienna. Austrian History Yearbook, Volume XI, Berghahn Books/Rice University Press, Houston 1975, S. 46/47 (Table III)
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