Gesamtschule (Schweiz)
Folgende Verbesserungen wären gut:
Die Gesamtschule, oder integrierte Gesamtschule, ist das Modell einer auf Horst Mastmann, Werner Correll und Heinz-Rolf Lückert basierenden Schulreformidee, welche die Chancengleichheit unter Schülern aus psychologischen Gründen vorsieht. Der Begriff stammt "von den ländlichen 'Zwergschulen', wo ein Lehrer oft in der gleichen Stube sämtliche Jahrgänge zusammen" unterrichtet,[1] wurde aber seit der Europäischen Erziehungsdirektorenkonferenz von 1968 unter anderem auf eine städtische, Curriculumreform, Begabtenförderung, Koedukation und Berufswahlklassen umfassende Idee nach dem Vorbild von High Schools ausgeweitet.[2]
Geschichte
Bern
Bis 1971 verlangten in der Stadt Bern unter anderem folgende Motionen, Postulate und Interpellationen eine Reform im Sinne eines "demokratischeren Gesamtschulwesens": zwei Postulate Schrade von der sozialdemokratischen Berner Stadtratsfraktion (1969); ein Postulat Christen von freisinnigen, evangelischen und Bürgerpartei (1969); Motion Theiler der LdU. Die Bewegung berief sich auf "Gesamtschul-Erfolgsmodelle" in Bülach, Dulliken, Genf (Cycle d’orientation), Lausanne und Tessin (verwandtes Modell Scuola media unica), deren schweizweite Durchsetzung jedoch Änderungen in der Lehrerausbildung erforderte. In der Deutschschweiz entwarf die Arbeitsgruppe für interkantonale Schulkoordination ein Modell des additiven Gesamtschulsystems. Luzern plante für 1974 einen Gesamtschulversuch.[3]
Das Thema wurde besonders durch Urs Haeberlin, der Interkantonalen Studiengruppe "Gesamtschule" sowie in den Zeitschriften Schweizerischen Lehrerzeitung (SLZ) und Schweizer Schule diskutiert.
In den 1970er Jahren gab es eine zunehmende Links-rechts-Polarisierung in der Debatte.
Landesweit
Seit die UNESCO die Anwendung der Gesamtschule in Entwicklungsregionen fördert, „und mehrere westliche Länder, darunter Frankreich und die USA, [versucht haben], dieses pädagogische Modell in ihr Schulsystem zu integrieren“, wird die Gesamtschule auch in der Schweiz wieder als Zukunftsmodell gehandelt.[4] Dass dem so ist, gründet gemäss Olivier Maulini selten „auf einem klaren pädagogischen Willen … und noch seltener auf einem politischen“.[4]
Beispiele
Gesamtschulen finden sich heute u. a. in Habsburg[5], im Zürcher Quartier Unterstrass, in Erlen, in Lindenthal, in Winterthur, in Splügen und in Barberêche.[4] In Mont-Tramelan wurde eine geschlossen, wie SF DRS berichtete.[6]
Literatur der 1970er Jahre
- Alter, Urs. "Comprehensive Schools – Ausdruck einer neuen Gesellschaft". Schweizerische Lehrerzeitung (SLZ) Nr. 25. Aarau, 1970. S. 895–897.
- Arbeitsgemeinschaft für die Koordination der kantonalen Schulsysteme in der deutschsprachigen Schweiz. Schulmodelle. Dokumentation der 7. Arbeitstagung in Frauenfeld, 28. September 1968.
- Arbeitsgruppe für die Totalrevision des Schulgesetzes. Zwischenbericht vom 1. März 1970. Erziehungsdepartement Basel-Stadt, 1970.
- Correll, Werner. Pädagogische Verhaltenspsychologie: Grundlagen, Methoden und Ergebnisse der neueren verhaltenspsychologischen Forschung. München: E. Reinhardt, 1965.
- Egger, Hans. "Integrierte Gesamtschule – Schulaufbau der Zukunft?" Schweizerische Lehrerzeitung (SLZ). Aarau, 1969. S. 1505–1509.
- Haeberlin, Urs. Schweizer Gesamtschulmodelle: eine Zusammenstellung von Berichten über neue Volksschuloberstufenmodelle mit gesamtschulartigen Merkmalen. Beiträge zum Thema Gesamtschule. Basel: Beltz Verlag, 1972. ISBN 9783407182890
- Haeberlin, Urs. Der Weg zur Gesamtschule. Interkantonale Studiengruppe Gesamtschule. 1971.
- Haeberlin, Urs. "Schulreform – Weg zur Gesamtschule?" Schweizer Erziehungsrundschau, Nr. 1. Zürich, 1970. S. 1–11.
- Haeberlin, Urs. "Wird die 'Gesamtschule' zur Schule unseres Zeitalters? Eine Analyse der Gründe für die heutige Durchschlagskraft der Gesamtschulidee." Zeitschrift Schweizer Schule, Nr. 4. Basel: Reinhardt Verlag, 1970. S. 156–162.
- Haeberlin, Urs. "Gesamtschule – Hoffnung oder Illusion?" Neue Zürcher Zeitung, Nr. 71, 12. Februar 1970.
- Interkantonale Studiengruppe "Gesamtschule". Empfehlungen für eine Terminologie". Schweizerische Lehrerzeitung (SLZ) Nr. 18. Aarau, 1970. S. 587.
- Jenzer, Carlo. "Die Gesamtschule zwischen Pädagogik und Gesellschaftstheorie". Schweizerische Lehrerzeitung (SLZ) Nr. 18. Aarau, 1970. S. 576–577.
- Jenzer, Carlo. "Schulversuch: Gesamtschule Dulliken". 1. Bericht vom 15. April 1970. Erziehungsdepartement des Kantons Solothurn.
- Kugler, Rolf. "Die Hibernia-Schule – Modell einer Gesamtschule". Schweizerische Lehrerzeitung (SLZ) Nr. 9. Aarau, 1970. S. 277–279.
- Lückert, Heinz-Rolf. Der Mensch, das konfliktträchtige Wesen: das Konzept vom Menschen in der gegenwärtigen Psychologie. München: Kindler Verlag, 1975.
- Mastmann, Horst (Herausgeber). Differenzierung und Individualisierung in der Gesamtschule: Erwartungen, Erfahrungen, Möglichkeiten. Schwalbach: Wochenschau Verlag, 1971. ISBN 3879200173
- Moser, Heinz. "Die Idee der Gesamtschule auf der Oberstufe." Schweizer Schule. Nr. 4. 1970. S. 143–156.
- Müller, Lotte. "Die integrierte Gesamtschule zerstört die innere Schulreform." Schweizerische Lehrerzeitung (SLZ) Nr. 9. Aarau, 1970. S. 273–277.
- Schulsynode des Kantons Basel-Stadt. Gesamtschule: Diskussionsvorschlag z. H. der Schulbehörden und der Lehrerschaft. April 1970.
- Walter, R. "Gesamtschule – warum und wie?" Schweizerische Lehrerzeitung (SLZ) Nr. 27. Aarau, 1970. S. 966–974.
Einzelnachweise
- Sutermeister, Hans Martin. Möglichkeiten einer inneren und äusseren Schulreform im Sinne der Gesamtschule in der Stadt Bern. Prolegomena zu einer Projektstudie "Integrierte Gesamtschule Brünnen" entsprechend der Motion Theiler. Mai 1971. S. 4.
- Sutermeister, Hans Martin. Grundbegriffe der Psychologie von heute. Basel: Elfenau, 1976. S. 394–395.
- Sutermeister, op.cit., S. 36–40.
- Stefania Summermatter: Gesamtschule: Vergangenheit oder Zukunftsmodell? Swissinfo, 11. Oktober 2012.
- Habsburg: «Wir sind und bleiben eine Gesamtschule». In: Aargauer Zeitung, 10. Dezember 2012.
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