Georgi Walkowitsch
Georgi Tschalakow Walkowitsch (auch als Georgi Tschalăkow, Georgi Tschalăkow Wălkowitsch und Georgi Wălkowitsch Tschalăkow in der Literatur zu finden, bulgarisch Георги Вълкович Чалъков; * 1833 in Adrianopel (heute: Edirne) damals Osmanisches Reich, heute Türkei; † 14. Februar 1892 in Konstantinopel) war ein bulgarischer Arzt, Diplomat und Politiker der bulgarischen Konservativen Partei. Von 1881 bis 1883 war er in zwei aufeinander folgenden Regierungen Außenminister seines Landes.
Leben und medizinische Karriere
Wălkowitschs Vater entstammte der weitverzweigten und einflussreichen Familie Tschalăkow aus Kopriwschtiza. Georgi besuchte die Schule in Plowdiw und absolvierte anschließend ein Medizinstudium in Konstantinopel. Dort wurde er 1857 Professor für Chirurgie an der militärmedizinischen Schule und Chefarzt einer chirurgischen Klinik. Von 1859 bis 1863 bildete er sich in Paris weiter und machte dort die Bekanntschaft von Georgi Rakowski und Petǎr Beron. Nach seiner Rückkehr ins Osmanische Reich wurde er kurzzeitig Chefarzt des Zentralkrankenhauses in Damaskus, bevor er 1866 auf seinen Lehrstuhl in Konstantinopel zurückkehrte.[1]
1870 wurde er zusätzlich Direktor des Krankenhauses Haydar Pascha im asiatischen Teil Konstantinopels und persönlicher Arzt des osmanischen Außenministers Raschid Pascha bis zu dessen Ermordung 1876. Seit 1872 bekleidete er formal den Rang eines Obersten der osmanischen Armee. Als einer der besten Ärzte der Hauptstadt machte er die Bekanntschaft des Großwesirs Midhat Pascha, aus der allmählich eine Freundschaft wurde. Während des serbisch-osmanischen Krieges ab 1876 leitete er die Militärhospitale in Sofia und Niš, zeitweise war er auch einer britischen Mission beigeordnet, die die Zustände im europäischen Teil des Osmanischen Reiches untersuchte. Im Mai 1876 gab Wălkowitsch alle seine Ämter im Osmanischen Reich auf um seine Kenntnisse und Fähigkeiten den bulgarischen Aufständischen zur Verfügung zu stellen.[1]
Während des serbisch-bulgarischen Krieges 1885/86 war er Chefarzt der bulgarischen Armee und Mitglied des Obersten Medizinischen Rates Bulgariens.
Politische Karriere
Im Februar 1879 wurde Wălkowitsch in die Notabelnversammlung berufen, die als verfassunggebende Nationalversammlung in Weliko Tarnowo tagte. Anschließend wurde er in die erste reguläre Nationalversammlung gewählt, der er in der 3. Legislaturperiode 1882/83 noch einmal angehörte. Nach dem Ende des russisch-türkischen Krieges 1877/78 und der Einrichtung der Autonomen Provinz Ostrumelien übernahm er dort 1879 bis 1881 die Leitung der Verwaltung für Landwirtschaft, Handel und öffentliche Gebäude in Plowdiw, 1881 kurzzeitig zusätzlich die Leitung der Verwaltung für Post und Telegrafie. Aus diesem Amt wurde er zum Minister der Auswärtigen und Religionsangelegenheiten des Fürstentums Bulgarien in Sofia berufen, von wo aus er 1883 zum Mitglied des Staatsrates ernannt wurde.[2] 1886 wurde er zum bulgarischen Vertreter bei der Hohen Pforte ernannt.[A 1] Hier wirkte er mit viel Takt und dank seiner vielen Verbindungen zu den Spitzen des osmanischen Staates auch erfolgreich für die Verbesserung der gegenseitigen Beziehungen, dabei immer auf die Bewahrung und Stärkung der eigenständigen Stellung Bulgariens bedacht.[1]
Am 12. Februarjul. / 24. Februar 1892greg. wurde auf Wălkowitsch direkt vor seinem Amtssitz ein Attentat verübt, an dessen Folgen er am 14. Februarjul. / 26. Februar 1892greg. starb. Dieses Attentat war Teil einer Serie: Auf den Ministerpräsidenten Stambolow, einen politischen Freund Wălkowitschs, wurden mehrere Attentate verübt, von denen das im Juli 1895 schließlich erfolgreich war. Vor Wălkowitsch war bereits der Finanzminister Beltschew ermordet worden.[3]
Sonstiges
Seit 1875 war Wălkowitsch korrespondierendes, seit 1884 ordentliches Mitglied der Bulgarischen Literarischen Gesellschaft, aus der 1911 die Bulgarische Akademie der Wissenschaften hervorging.
In Sofia und in Plowdiw gibt es je eine Straße улица Д-р Георги Вълкович zu seinem Andenken.
Die Tochter von Georgi Walkowitsch, Elisa war mit dem bulgarischen General Warban Winarow verheiratet. Aus dieser Ehe wurde die spätere Expressionistin und Ehefrau des Diplomaten und Chronisten Simeon Radew, Bistra Winarowa geboren.
Einzelnachweise
- Карадечева, Мария (Karadetschewa, Maria): 120 години от смъртта на д-р Георги Вълкович – лекар, политически деец и дипломат (120 Jahre seit dem Tod Dr. Georgi Wălkowitschs – Arzt, politischer Führer und Diplomat) auf der Webseite des Historischen Museums Plowdiw, abgerufen am 27. März 2016.
- Angaben zu Amtszeiten für Георги Чалъков Вълкович auf der Webseite des bulgarischen Außenministeriums, abgerufen am 28. März 2016.
- Hans-Joachim Böttcher: Prinz Alexander von Battenberg. In: Studien zur Geschichte Ost- und Ostmitteleuropas. Band 15. Gabriele Schäfer Verlag, Herne 2021, ISBN 978-3-944487-84-7, S. 67,68,136,145,150,261,280.
Anmerkungen
- Da das Fürstentum Bulgarien dem Osmanischen Reich bis 1908 tributpflichtig war, war dies offiziell eine untergeordnete diplomatische Stellung. Inhaltlich entsprach das Amt dem eines Botschafters heute.