Gemeine Sichelmöhre
Die Gewöhnliche Sichelmöhre (Falcaria vulgaris),[1] auch Gemeine Sichelmöhre oder Sicheldolde genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Sichelmöhren (Falcaria) innerhalb der Familie der Doldenblütler (Apiaceae).
Gewöhnliche Sichelmöhre | ||||||||||||
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Gewöhnliche Sichelmöhre (Falcaria vulgaris) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Falcaria vulgaris | ||||||||||||
Bernh. |
Beschreibung
Vegetative Merkmale
Die Gewöhnliche Sichelmöhre wächst als sommergrüne, einjährige bis ausdauernde krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von 20 bis 60, selten bis zu 80 Zentimetern.[1] Sie ist von Grund an sparrig verzweigt,[1] so dass sie im Umriss fast halbkugelig wirkt. Die oberirdischen Pflanzenteile sind kahl und von bläulichgrüner Farbe.[1]
Die unteren Laubblätter sind einfach oder doppelt fiederteilig und dreizählig gefiedert,[1] die oberen sind dreizählig.[2] Das mittlere Blättchen ist sehr tief dreiteilig oder dreispaltig, die seitlichen zwei- bis dreispaltig.[2] Die starren Blattabschnitte sind bandförmig, am Rand scharf sowie gleichmäßig gesägt.[1] Die Blattzipfel sind bei einer Länge bis zu 15 Zentimetern sowie einer Breite von etwa 1,5 Zentimetern breit schmal lineal-lanzettlich, starr und scharf kleinborstig gesägt. Oft sind sie schwach sichelförmig gebogen.[2] Ihr Blattaufbau ist äquifazial, das bedeutet die Blattober- und Unterseite sind gleich gebaut.[3]
Generative Merkmale
Die Blütezeit liegt zwischen Juli und September. Es wird eine 12- bis 18-strahlige doppeldoldiger Blütenstand gebildet.[1] Meist sind vier bis acht pfriemliche Hüll- und Hüllchenblätter vorhanden.[1]
Die zwittrigen Blüten sind auffällig klein.[1] Die weißen Kronblätter sind mit einer Länge von etwa 0,6 Millimetern ziemlich klein.[4]
Die Spaltfrucht ist eine Doppelachäne. Die gerippte Frucht ist mit einer Länge von 3 bis 4 Millimetern linealisch-länglich.[4][1]
Es liegt Diploidie vor und die Chromosomenzahl beträgt 2n = 22.[5][2]
Ökologie
Die Gewöhnliche Sichelmöhre ist meist ein skleromorpher Hemikryptophyt[1] und eine Halbrosettenpflanze. Sie ist ein an Trockenheit angepasster Xerophyt.[3]
Blütenbiologisch handelt es sich um „Nektar führende Scheibenblumen vom Heracleum-Typ“. Als Bestäuber fungieren unter anderem Fliegen und Käfer. Die Doldenstrahlen führen eine Tag-Nacht-Bewegung aus (Nyktinastie).[3]
Die Ausbreitung der Diasporen erfolgt durch den Wind, wobei sich die ganze Pflanze als Steppenroller[1] fortbewegt. Auch Zufallsverbreitung durch Huftiere findet statt.[3] Vegetative Vermehrung erfolgt durch Wurzelsprosse.[3]
Die Gewöhnliche Sichelmöhre wird des Öfteren vom Rostpilz Puccinia sii-falcariae befallen, welcher die Laubblätter zur Nektarproduktion anregt. Dadurch angelockte Insekten verbreiten die Sporen des Pilzes.
Vorkommen
Falcaria vulgaris kommt von Mitteleuropa über Süd- und Osteuropa bis Westsibirien[6] und Südwestasien vor.[2] Sie ist ein submediterran-eurasisches Florenelement.[5]
Die Gewöhnliche Sichelmöhre kommt zerstreut in Nordost-, Mittel- und Süddeutschland vor und fehlt unter anderem in Nordwest-Deutschland.[2] In Österreich kommt die Gewöhnliche Sichelmöhre im pannonischen Gebiet häufig, ansonsten zerstreut bis selten vor. Die Vorkommen erstrecken sich auf die Bundesländer Wien, Niederösterreich, Burgenland, Oberösterreich, Steiermark und sehr selten Kärnten.[7] In der Schweiz ist sie sehr selten und vom Aussterben bedroht.
Die Gewöhnliche Sichelmöhre kommt zerstreut im Saum sonniger Gebüsche, an Wegen und Ackerrändern, auch in Hackunkraut-Gesellschaften oder Brachen vor. Sie gedeiht am besten auf trockenen, kalkreichen, tiefgründigen Rohboden.[5]
Nach Ellenberg ist sie eine Halblichtpflanze, ein Wärmezeiger, ein Trockniszeiger, ein Basen- und Kalkzeiger. Sie besitzt eine subkontinentale Verbreitung. Sie ist eine Charakterart des Verbandes halbruderaler Pionier- und Lockerrasengesellschaften (Convolvulo-Elymion(=Agropyrion) repentis).[8] Nach Oberdorfer ist sie eine Charakterart des Falcario-Agropyretum, kommt aber auch in Gesellschaften der Verbände Caucalidion, Fumario-Euphorbion oder in gestörten Trockenrasen vor.[5]
Trivialnamen
Für die Gewöhnliche Sichelmöhre bestehen bzw. bestanden auch die weiteren deutschsprachigen Trivialnamen: Bacilien, Faule Grete (Württemberg, Schlesien), Faule Griete (Mark Brandenburg), Faule Gritte (Mark Brandenburg), Sichelkraut, Sichelmöre (Schlesien bis Elsass) und Sperrkraut (Mark bei Küstrin).[9]
Bilder
- Laubblätter
- Laubblattdetails
- Habitus, blühend
- Früchte
- Steppenroller
- Stängel mit Sollbruchstellen
Quellen
Literatur
- Henning Haeupler, Thomas Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Hrsg.: Bundesamt für Naturschutz (= Die Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Band 2). Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2000, ISBN 3-8001-3364-4, S. 369.
- Wolfgang Adler, Karl Oswald, Raimund Fischer: Exkursionsflora von Österreich. Hrsg.: Manfred A. Fischer. Eugen Ulmer, Stuttgart/Wien 1994, ISBN 3-8001-3461-6, S. 557.
- Christian Heitz: Schul- und Exkursionsflora für die Schweiz. Mit Berücksichtigung der Grenzgebiete. Bestimmungsbuch für die wildwachsenden Gefässpflanzen. Begründet von August Binz. 18. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Schwabe & Co., Basel 1986, ISBN 3-7965-0832-4.
- Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. Unter Mitarbeit von Theo Müller. 6., überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1990, ISBN 3-8001-3454-3, S. 709.
- Konrad von Weihe (Hrsg.): Illustrierte Flora. Deutschland und angrenzende Gebiete. Gefäßkryptogamen und Blütenpflanzen. Begründet von August Garcke. 23. Auflage. Paul Parey, Berlin/Hamburg 1972, ISBN 3-489-68034-0, S. 1007.
Einzelnachweise
- Falcaria vulgaris Bernh., Gewöhnliche Sichelmöhre. FloraWeb.de
- Konrad von Weihe (Hrsg.): Illustrierte Flora. Deutschland und angrenzende Gebiete. Gefäßkryptogamen und Blütenpflanzen. Begründet von August Garcke. 23. Auflage. Paul Parey, Berlin/Hamburg 1972, ISBN 3-489-68034-0, S. 1007.
- Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands. Ein botanisch-ökologischer Exkursionsbegleiter zu den wichtigsten Arten. 6., völlig neu bearbeitete Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2005, ISBN 3-494-01397-7, S. 201.
- Henning Haeupler, Thomas Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Hrsg.: Bundesamt für Naturschutz (= Die Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Band 2). Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2000, ISBN 3-8001-3364-4, S. 369.
- Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 709.
- Falcaria im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 9. Mai 2018.
- Manfred A. Fischer, Karl Oswald, Wolfgang Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 3., verbesserte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9, S. 850.
- Heinz Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht (= UTB für Wissenschaft. Große Reihe. Band 8104). 5., stark veränderte und verbesserte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1996, ISBN 3-8252-8104-3.
- Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, Seite 151. (online).
Weiterführende Literatur
- Christoph Käsermann: Falcaria vulgaris Bernh. – Sicheldolde – Apiaceae. In: Christoph Käsermann, Daniel M. Moser (Hrsg.): Merkblätter Artenschutz – Blütenpflanzen und Farne. Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Bern 1999, S. 140–141 (PDF-Datei).
- Ferdinand Bohlmann, Ulrich Niedballa, Käthe-Marie Rode: Polyacetylenverbindungen, CXVIII. Über neue Polyine mit C17-Kette. In: Chemische Berichte. Band 99, Nr. 11, 1966, S. 3552–3558, doi:10.1002/cber.19660991122 (Inhaltsstoffe).
Weblinks
- Steckbrief und Verbreitungskarte für Bayern. In: Botanischer Informationsknoten Bayerns.
- Gemeine Sichelmöhre. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.
- Falcaria vulgaris Bernh. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 5. Januar 2016.
- Verbreitung auf der Nordhalbkugel aus: Eric Hultén, Magnus Fries: Atlas of North European vascular plants. 1986, ISBN 3-87429-263-0 bei Den virtuella floran. (schwed.).
- Falcaria vulgaris im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland.
- Günther Blaich: Fotos europäischer Pflanzen. Datenblatt mit Fotos.