Gebäudeversetzung

Bei d​er Gebäudeversetzung w​ird der Standort e​ines gesamten Bauwerks d​urch Versetzen verändert. Eine Gebäudeversetzung k​ann der Erhaltung v​on Denkmalen dienen (Transport i​n ein Freilichtmuseum o​der Rettung v​on einem gefährdeten Standort), o​der die wirtschaftliche Weiternutzung a​n einem günstigeren Standort i​m Rahmen e​iner Stadterneuerung o​der nach Bedürfnissen d​es Eigentümers bezwecken.

Versetzung der alten Villa Haux 1907 in Ebingen

Unterschiedliche Verfahren

Man unterscheidet z​wei Verfahren:

  • Translozierung: Das Gebäude wird zerlegt, in möglichst großen Einzelteilen transportiert und am neuen Standort wieder aufgebaut. So können markante Teile wie Aufmachung oder Verputz am neuen Standort im (restaurierten) Original gezeigt werden.
  • Gebäudeversetzung im engeren Sinne: Das Gebäude wird vom Untergrund gelöst und als ganzes bewegt, durch Rollen oder Gleiten auf entsprechenden Unterlagen.

Beide Verfahren s​ind eine Form d​er Rekonstruktion a​n anderer Stelle, b​ei denen e​in Teil d​er Gebäudegesamtheit verloren g​eht (Originale Gründung, baulicher Kontext d​es originalen Standorts, archäologische Relikte u​nd Bezug z​u Vorgängerbauten).

Bekannte Gebäudeversetzungen

Transport der Heuersdorfer Emmauskirche nach Borna in Sachsen (2007)
  • 1851 wurde in London das Marble Arch versetzt.
  • 1907 wurde in Ebingen die alte Villa Haux auf die gegenüber liegende Straßenseite verschoben.
  • 1964 und 1968 wurden die beiden am Nil gelegenen, ägyptischen Tempelanlagen von Abu Simbel um 180 Meter auf eine 64 Meter höhere Lage versetzt, um sie vor der Überstauung durch den Assuan-Staudamm zu retten.
  • 1975 wurde die Kirche Mariä Himmelfahrt in Brüx als einziges Bauwerk des historischen Ortes gerettet.
  • 1977–1980 wurde die auf einer Insel im Nil gelegene, ägyptische Tempelanlage Philae mitsamt Insel versetzt, um sie ebenfalls vor der Überstauung durch den Assuan-Staudamm zu bewahren.
  • 1996 wurde in Berlin der Kaisersaal der Hotelruine Hotel Esplanade um 75 Meter verschoben. Die Kosten betrugen 1 Million D-Mark (= 510.000 Euro) pro Meter.
  • 1997 wurde in Detroit ein Theater 563 Meter weit bewegt.
  • 1999 wurden in Beachy Head und am Kap Hatteras Leuchttürme von der erodierten Küste landeinwärts verschoben.
  • 2003 wurde in Bad Oeynhausen eine Unternehmer-Villa um 30 Meter verschoben.[1]
  • 2006 wurde der historische Portikus des Bayerischen Bahnhofs in Leipzig für Bauarbeiten um 30 Meter nach Osten und im Oktober 2009 nach Ende der Arbeiten wieder zurück an die alte Stelle verschoben.[2]
Verschiebung eines Wohnhauses in Bad Oeynhausen um 30 Meter

Versetzung anderer Bauwerke

Es kam gar nicht so selten vor, dass freistehende oder abgespannte Sendetürme (nicht aus Beton) abgebaut und an anderer Stelle wieder aufgebaut wurden. In einigen Fällen wurden sie nah (nur wenige Meter), in anderen Fällen weit entfernt vom ursprünglichen Standort entfernt wieder errichtet. Im ersteren Fall waren es fast durchgehend Türme, die Bestandteil einer Richtantenne für Lang- oder Mittelwelle waren und die nach Inkrafttreten eines neuen Frequenzzuweisungsplans mit einem neuen Arrangement der Türme das geforderte Richtstrahldiagramm am besten einhalten konnten. Neben dem Neubau eines Turms bot sich oft auch an, einen Turm der Anlage zu demontieren und am neuen Standort wieder zu errichten. Es kam auch vor, dass Teile abgebauter Türme für die oberen Teile neuer höherer Sendetürme verwendet wurden. Beispiele hierfür sind die Sendemasten in Donebach und der inzwischen abgerissene Holzturm des Rundfunksenders Ismaning. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden einige Sendetürme in der sowjetischen Besatzungszone von den Sowjetarmee abgebaut und in der damaligen Sowjetunion wieder errichtet. Ein Beispiel hierfür ist der Goliath-Sender. Auch Freileitungsmaste wurden schon abgebaut und an einem neuen Ort wiedererrichtet. Ebenso wurden kleinere stählerne Aussichtstürme zum Zweck der Restaurierung abgebaut und anschließend wieder aufgebaut.

Illustration von 1900

Siehe auch

Literatur

  • Adolph Douai: Eine emporgedrehte Stadt. In: Die Gartenlaube. Heft 27, 1866, S. 428–431 (Volltext [Wikisource]).
  • Egon Bruckmann: Die Verschiebung massiver Gebäude. 1970, ISBN 3-205-08167-6.
  • Fred Kaspar (Bearb.): Bauten in Bewegung. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2007, ISBN 978-3-8053-3856-1
Commons: Versetzte Gebäude – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ein Haus auf Wanderschaft – Verschiebung eines Wohnhauses in Bad Oeynhausen
  2. Frank Eritt: Homepage von Frank Eritt. 19. Juli 2015, abgerufen am 23. September 2018.
  3. Kirche auf Wanderschaft. In: 20min.ch. 24. Oktober 2007, abgerufen am 10. Januar 2018.
  4. Cosima Sophia Hofmann: Stabkirche Stiege: Weitere Etappe geschafft. In: Mitteldeutsche Zeitung. (mz-web.de [abgerufen am 23. September 2018]).
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