Gallagher-Index
Der Gallagher-Index (auch Index der kleinsten Quadrate) ist eine Methode, um die Disproportionalität eines Wahlergebnisses zu ermitteln, welches sich in der Differenz des Stimmenanteils einer Partei bei der Wahl und des Prozentsatz an Sitzen der Partei in der darauf folgenden Legislaturperiode ergibt. Dazu nimmt man die Quadratwurzel der Hälfte der Summe des Quadrats von der Differenz zwischen Stimmanteil und Mandatsanteil für jede der politischen Parteien.
Lsq steht dabei für least square, also kleinstes Quadrat. n gibt die Anzahl der Parteien an, V steht für votes (Stimmen) und S für seats (Sitze im Parlament).
Der Index gewichtet Abweichungen nach ihrem eigenen Wert, wodurch ein responsiver Index entsteht, der von 0 bis 100 reicht. Je geringer der Index ist, desto niedriger ist die Disproportionalität und vice versa. Michael Gallagher, der den Index aufstellte, schloss sonstige Parteien als eigene Kategorie mit ein. Arend Lijphart modifizierte den Index, indem er diese ausschloss.
Der Index wurde 1989 entwickelt und 1991 erstmals im Artikel Proportionality, Disproportionality and Electoral Systems. in der Fachzeitschrift Electoral Studies veröffentlicht.[2] Nach Gallagher beruht der Index auf den Arbeiten heutiger Wahlsystemwissenschaftler und einem Artikel von André Sainte-Laguë aus dem Jahr 1911.[3]
Kalkulation am Beispiel Neuseeland
Die Tabelle nutzt die Ergebnisse der Wahl 2005 in Neuseeland. Die neuseeländischen Wähler haben zwei Stimmen, wobei diese Tabelle die Parteistimmen anzeigt, die die Proportionalität des Repräsentantenhauses bestimmt. Die zweite Stimme bestimmt die lokalen Mitglieder. (siehe auch Parteien Neuseelands)
Partei | % der Stimmen | % der Sitze | Unterschied | Unterschied im Quadrat |
---|---|---|---|---|
Labour | 41,10 | 41,32 | 0,22 | 0,0484 |
National | 39,10 | 39,67 | 0,57 | 0,3249 |
NZ First | 5,72 | 5,79 | 0,07 | 0,0049 |
Greens | 5,30 | 4,96 | 0,34 | 0,1156 |
Māori | 2,12 | 3,30 | 1,18 | 1,3924 |
United Future | 2,67 | 2,48 | 0,19 | 0,0361 |
ACT | 1,51 | 1,65 | 0,14 | 0,0196 |
Progressives | 1,16 | 0,82 | 0,34 | 0,1156 |
Destiny | 0,62 | 0 | 0,62 | 0,3844 |
Legalise Cannabis | 0,25 | 0 | 0,25 | 0,0625 |
Christian Heritage | 0,12 | 0 | 0,12 | 0,0144 |
Alliance | 0,07 | 0 | 0,07 | 0,0049 |
Family Rights | 0,05 | 0 | 0,05 | 0,0025 |
Democrats | 0,05 | 0 | 0,05 | 0,0025 |
Libertarianz | 0,04 | 0 | 0,04 | 0,0016 |
Direct Democracy | 0,03 | 0 | 0,04 | 0,0016 |
99MP | 0,03 | 0 | 0,03 | 0,0009 |
OneNZ | 0,02 | 0 | 0,02 | 0,0004 |
Republicans | 0,02 | 0 | 0,02 | 0,0004 |
Summe des Quadrats der Unterschiede | 2,5336 | |||
Summe geteilt durch 2 | 1,2668 | |||
Wurzel von (Summe geteilt durch 2) | 1,13 |
Dementsprechend ist die Disproportionalität der Wahl in Neuseeland im Jahr 2005 bei 1,13, was einen sehr geringen Wert darstellt. Die Māori Party hat dabei die größte Differenz, diese liegt signifikant über den anderen. Dies liegt an dem neuseeländischen System der Māori Electorates.
Werte für Deutschland
In einem Dokument Gallaghers, welches die Indexwerte für mehr als 1.050 Wahlen in über 100 Ländern beschreibt, ist auch Deutschland mit 27 Wahlen vertreten. Der höchste Gallagher-Index lag bis 2013 bei der Bundestagswahl 1957 mit einem Wert von 4,69 vor, gefolgt von der Bundestagswahl 1990 mit 4,63 und der Bundestagswahl 2002 mit 4,61. Bei der Bundestagswahl 2013 lag der Gallagher-Index bei 7.83, was einen neuen Höchstwert darstellt. Die niedrigsten Werte sind 0,50 bei der Bundestagswahl 1983, 0,59 bei der Bundestagswahl 1976 und 0,67 bei der Bundestagswahl 1972. Gallagher gibt an, er habe CDU und CSU als einzelne Parteien betrachtet, wobei bei Betrachtung als CDU/CSU-Bundestagsfraktion verschiedene Werte für n entstehen würden.[4]
Andere Indizes
Der Gallagher-Index ist dem Loosemore-Hanby-Index ähnlich, der die Summe der absoluten Differenz zwischen Prozentsatz und Anzahl der Sitze berechnet.
Der Gallagher-Index ist jedoch empfindlicher gegenüber großen Abweichungen zwischen Prozentsatz und Anzahl der Sitze.[5]
Der Sainte–Laguë-Index wird von Gallagher als „wahrscheinlich solideste aller Messungen“ angesehen.[6]
Hier besteht eine starke Nähe zu Pearsons Chi-Quadrat-Test, wobei dieser eine bessere statistische Untermauerung hat.
Literatur
- Michael Gallagher, Paul Mitchell: The Politics of Electoral Systems. Oxford University Press, 2008, ISBN 978-0-19-923867-5.
- Michael Gallagher: Proportionality, Disproportionality and Electoral Systems (PDF; 2,8 MB). In: Electoral Studies. 10:1, 1991. S. 33–51.
Weblinks
Einzelnachweise
- Measures of disproportionality (PDF; 147 kB). Abgerufen am 29. Juli 2012.
- Michael Gallagher: Proportionality, Disproportionality and Electoral Systems (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 2,8 MB). In: Electoral Studies. 10:1, 1991. S. 33–51. Abgerufen am 29. Juli 2012.
- Michael Gallagher: Least squares index. Abgerufen am 29. Juli 2012.
- Michael Gallagher: Election indices (PDF; 264 kB). S. 12–35. Abgerufen am 19. Juli 2014.
- Bruno Simeone: Mathematics And Democracy: Recent Advances in Voting Systems And Collective Choice, Springer, 2006, S. 242, Google Books. Abgerufen am 29. Juli 2012.
- Philip Kestelman: Quantifying Representativity. In: Voting matters. Ausgabe 10, März 1999. Abgerufen am 29. Juli 2012.