Galgenberg
Auf einem Galgenberg, auch Galgenbühl, Galgenhügel genannt, fanden im Mittelalter öffentliche Hinrichtungen von Verurteilten durch den Galgen statt. Hunderte von Hügeln oder Bergen tragen im deutschen Sprachraum diese Bezeichnungen. Diese Stätten lagen meist an der Markungsgrenze von Orten mit eigener Blutgerichtsbarkeit und wurden zur Abschreckung gerne an stark frequentierten Wegen und Kreuzungen oder weithin sichtbar auf Hügeln platziert.
Geschichte
Richtstätten wurden mit dem Bau steinerner Galgen (Galgentürmen) ab dem 13. oder 14. Jahrhundert zu festen Örtlichkeiten. Sie lagen weithin sichtbar und meistens unmittelbar an der Gerichtsgrenze, so dass bei Eintritt in das Hoheitsgebiet der betreffenden Stadt oder Herrschaft jeder auf die abschreckenden Strafen dieser Region aufmerksam wurde. Der oftmals von einer Mauer umfasste Bereich war meistens zur Vollstreckung unterschiedlicher Arten der Todesstrafe mit Galgen, Rad und Pfahl ausgestattet. Je nach der Tradition des Gerichtsortes übte der gleiche Scharfrichter alle Exekutionen auf derselben oder auf unterschiedlichen Richtstätten aus.
Die Hingerichteten blieben oft lange Zeit am öffentlich zugänglichen Galgenberg sichtbar hängen und wurden der Verwesung, sowie den Hunden, Raben und der Witterung überlassen. Mit der Errichtung der Schafotte entstand analog die Bezeichnung Rabenstein für deren Fundamente.
Abgefallene Leichen wurden oft unter oder um den Galgen herum auf dem Galgenberg verscharrt. Es entstand die Bezeichnung Galgenacker für eine Hinrichtungsstätte, die von einem ungeweihten Gräberfeld umgeben ist. Ausgrabungen an Orten mit diesem Flurnamen bestätigten auch, dass die Richtstätten manchmal auch als Abdeckplätze für Tierkadaver dienten – ein wie die Scharfrichterei „unheiliger“, verfemter Beruf, dem aus hygienischen Gründen verbreitet nur außerhalb der Siedlungen nachgekommen werden durfte.
Beispiele für solche Orts- und Flurnamen siehe Galgenberg, oder dänisch Galgebakken. Viele dieser 'Galgenberge' sind nicht durch historische Quellen als Hinrichtungsstätte nachzuweisen, so dass mehrere Erklärungen für den Namen möglich sind. Da im Mittelalter und der Neuzeit die Blutgerichtsbarkeit nicht jeder örtlichen Gemeinschaft zugestanden war, dürften in den meisten Fällen andere Herleitungen des Namens wahrscheinlich sein (wie z. B. eine Benennung durch den Volksmund aus 'Ähnlichkeit' der Erhebung zu tatsächlichen Richtstätten, oder der Ort einer spontanen Exekution in Kriegszeiten wie dem Dreißigjährigen Krieg).
Einige bekannte Galgenberge
- Bismarckhöhe in Werder (Havel), wo sich eine Gruppe um Christian Morgenstern traf, die sich Galgenbrüder nannte, und wo die Galgenlieder entstanden.
- Bereits im Jahr 1540 kam Hans Kohlhase, ein Berliner Kaufmann, auf dem Schafott am Galgenberg zu Tode. Die Geschichte hatte Heinrich von Kleist als Vorlage für sein Werk Michael Kohlhaas verarbeitet. – Diese Hinrichtungsstätte hatte sich im Osten des früheren Alt-Berlin befunden, und zwar dort, wo Jahrhunderte später der Strausberger Platz angelegt wurde.
Der gleiche Galgenberg erregte am 17. Juni 1718 die öffentliche Aufmerksamkeit, als zwei Angestellte des königlichen Hofes hier auf das Rad geflochten wurden. Der Hofkastellan Valentin Runck und Schlosser Daniel Stieff hatten mit Hilfe von Nachschlüsseln Wertsachen und Geld aus dem Berliner Schloss gestohlen und waren entdeckt worden.
Die Richtstätte wurde 1752 nordwärts vor die Tore Berlins versetzt. Dort wurden 1813 zwei Brandstifter auf dem Scheiterhaufen verbrannt; am 2. März 1837 wurde die Mörderin Charlotte Meyer zu Tode gerädert. Der Galgen wurde im Juni 1842 abgerissen; dort wurde der Gartenplatz angelegt. Weitere Todesurteile wurden danach in Berlin-Spandau vollstreckt.[1] - Galgenberg (Weimar), Hier wurde 1783 Johanna Catharina Höhn durch das Schwert hingerichtet. An dem Entscheidungsprozess war auch Goethe beteiligt. Der Fall hatte wesentliche Bedeutung für die Frage nach Fortbestand oder Abschaffung der Todesstrafe zunächst in Weimar, aber auch darüber hinaus.
Andere Bezeichnungen
- Galgenleite (Bayern)
Literatur
- Philippe Ariès: Geschichte des Todes. Hanser, München/ Wien 1980. (11. Auflage 2005; dtv, München 1999, ISBN 3-423-04407-1)
Weblinks
Einzelnachweise
- Berlin-Kalender 1997, Hrsg. Luisenstädtischer Bildungsverein, 1997, ISBN 3-89542-089-1, S. 58/59.