Friedrich Wilhelm Stosch
Friedrich Wilhelm Stosch (* 25. Dezember 1648 in Kleve; † 20. August 1704 in Berlin, Epitaph in der Parochialkirche (Berlin)) war ein deutscher Theologe und eklektischer[1] Philosoph.
Leben
Als Sohn des kurbrandenburgischen Oberhof- und Dompredigers Bartholomäus Stosch (1604–1686) studierte er in Frankfurt (Oder) Rechtswissenschaften, Theologie und Philosophie. Hier lernte er den Cartesianismus und den Sozinianismus kennen. Nach dem Studium unternahm er Reisen durch europäische Länder (Frankreich, Niederlande, Italien und Deutschland), auf denen er ausgiebige Kenntnisse sammeln konnte.
Im Jahre 1678 steht er in den Diensten des Kurfürsten von Brandenburg als Geheimer Kammersekretär und Hofrat bis zum Jahre 1688. Er musste den Dienst aus gesundheitlichen Gründen quittieren. Jetzt konnte er sich eigenen Studien widmen, dem Studium der Wahrheit und der Tugend, wie er sich ausdrückte. Als Folge seiner Studien veröffentlichte er anonym im Jahre 1692 das Buch Concordia Rationis et Fidei (Die Übereinstimmung der Vernunft und des Glaubens).
Dieses Buch erregte in den Kreisen der evangelischen Geistlichkeit ein großes Aufsehen. Stosch hatte in diesem Buch sich auf den Substanzbegriff von Spinoza bezogen, die Herkunft der Seele auf eine materialistische Erklärung zurückgeführt und die Willensfreiheit mit dem Determinismus identifiziert. Die christliche Religion galt für ihn als eine Erscheinung der Naturgesetze, womit er zur deutschen Frühaufklärung gerechnet werden kann.
Das Buch wurde noch im Jahre 1693 auf den Verbotsindex gestellt. Auf allen Kanzeln der Kirchen von Berlin wurde am 9. Januar 1694 der Besitz des Buches unter einer Strafe von 500 Talern oder einer entsprechenden Leibeszüchtigung verboten. Anfang 1694 wurde eine Kommission unter dem Vorsitz von Ezechiel Spanheim gebildet, der auch Daniel Ernst Jablonski, Benjamin Ursinus, Samuel Pufendorf, Philipp Jakob Spener und Eusebius Brandt (1642–1706) angehörten. Diese Kommission sollte den Vorwurf des Atheismus untersuchen.
Am 17. März 1694 erklärte er den Widerruf seiner Thesen des Buches. Nachfolgende Äußerungen allerdings weisen darauf hin, dass er seine Überzeugungen nicht abgelegt hatte. Sein Buch wurde in aller Öffentlichkeit dem Feuer übergeben. Im Jahre 1701 wurde er wieder in den kurfürstlichen Dienst übernommen und nahm an der Krönung in Königsberg (Preußen) als Hofrat teil. Auch wurde er am 18. Januar 1701, also anlässlich der Krönung, in den Adelsstand erhoben.
Werke
- Concordia Rationis et Fidei sive Harmonia Philosophiae Moralis et Religionis Christianae (Übereinstimmung der Vernunft und des Glaubens oder die Harmonie der Moralphilosophie und der christlichen Religion), Amsterdam 1692 (eigentlich aber in Berlin oder Guben gedruckt). - Neuauflage hrsg. von Winfried Schröder, Frommann-Holzboog, Stuttgart - Bad Cannstatt 1992. ISBN 3-7728-1415-8
Literatur
- Detlef Döring: Frühaufklärung und obrigkeitliche Zensur in Brandenburg. Friedrich Wilhelm Stosch und das Verfahren gegen sein Buch „Concordia rationis et fidei“. Berlin 1995 (= Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, 7) ISBN 3-428-08268-0.
- Bruno Jahn: Biographische Enzyklopädie deutschsprachiger Philosophen, München 2001, S. 412.
- Martin Pott: Aufklärung und Aberglaube. Die deutsche Frühaufklärung im Spiegel ihrer Aberglaubenskritik. Tübingen 1992, S. 295–303.
- Gottfried Stiehler: Materialisten der Leibniz-Zeit, Berlin 1966, S. 27.
- Gottfried Stiehler: Beiträge zur Geschichte des vormarxistischen Materialismus. Berlin 1961, S. 139–163.
- Paul Tschackert: Stosch, Friedrich Wilhelm. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 36, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 463.
- Erich Wenneker: Stosch, Friedrich Wilhelm. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 15, Bautz, Herzberg 1999, ISBN 3-88309-077-8, Sp. 1360–1365.
Einzelnachweise
- Siegfried Wollgast: Der Sozinianismus und die deutsche Frühaufklärung. Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 21 (2002), S. 397–445; S. 435 f.