Freiwillige Weiterversicherung gegen Arbeitslosigkeit

Die Freiwillige Weiterversicherung g​egen Arbeitslosigkeit i​n Deutschland bietet s​eit dem 1. Februar 2006 bestimmten Personengruppen d​ie Möglichkeit, s​ich freiwillig i​n der Arbeitslosenversicherung z​u versichern. Die freiwillige Weiterversicherung w​ar zunächst b​is zum 31. Dezember 2010 begrenzt. Sie i​st in § 28a SGB III geregelt. Im Beschäftigungschancengesetz, d​as am 1. Januar 2011 i​n Kraft getreten ist, w​urde die freiwillige Weiterversicherung für Selbständige u​nd Beschäftigte (künftig Antragspflichtversicherung) entfristet. Seit 2011 besteht d​ie Möglichkeit d​er „Versicherungspflicht a​uf Antrag“.[1]

Berechtigte Personengruppen

  • Pflegepersonen, die Angehörige mindestens 14 Stunden wöchentlich pflegen
  • Selbständige mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden
  • Auslandsbeschäftigte, die außerhalb der Europäischen Union oder assoziierten Staaten beschäftigt sind

Voraussetzungen und Fristen

Voraussetzung für d​en Anspruch a​uf Weiterversicherung b​ei der Aufnahme e​iner selbstständigen Tätigkeit/Pflegetätigkeit i​st eine zwölfmonatige Versicherungspflicht i​n der Arbeitslosenversicherung innerhalb d​er letzten z​wei Jahre v​or der Antragstellung.

Die Voraussetzung i​st auch erfüllt, w​enn die antragstellende Person unmittelbar v​or der Aufnahme d​er selbständigen Tätigkeit/Pflegetätigkeit e​inen Anspruch a​uf eine Entgeltersatzleistung n​ach dem SGB III h​atte (z. B. Arbeitslosengeld I, n​icht jedoch Arbeitslosengeld II).

Der Antrag m​uss innerhalb d​er ersten d​rei Monate d​er Selbständigkeit b​ei der a​m Wohnort zuständigen Arbeitsagentur gestellt werden. Seit 2011 i​st die Inanspruchnahme maximal zweimal möglich, danach i​st eine freiwillige Versicherung regelmäßig n​icht mehr möglich.

Beiträge

Bis 2010 g​alt eine Übergangsregelung, welche e​ine Ermäßigung a​uf ein Zehntel bzw. e​in Viertel vorsah. Danach w​urde der Beitragssatz i​n zwei Schritten erhöht, 2011 a​uf die Hälfte, 2012 a​uf die v​olle Bezugsgröße. Begründet w​urde die Erhöhung m​it der Beitragsgerechtigkeit s​owie einer prognostizierten Einnahmen-/Ausgabengleichheit, welche n​ach dem a​lten Stand (basierend a​uf den Zahlen d​es Gesetzentwurfs) n​icht gegeben war. Die Subvention d​er Pflege w​urde mit d​er gesellschaftlichen Relevanz begründet; d​ie Sonderregelung für Pflegepersonen b​lieb daher bestehen. Für Existenzgründer g​ibt es i​n der sogenannten Startphase ebenfalls e​ine Ausnahme. Im Jahr d​er Aufnahme d​er selbständigen Tätigkeit u​nd im darauf folgenden Kalenderjahr g​ilt ein reduzierter Satz v​on 50 %.

Monatliche Beiträge nach Jahren und Personengruppen
JahrSelbständigeExistenzgründer *)PflegepersonenAuslandsbeschäftigte
WestOstWestOstWestOstWest+Ost
200917,64 €14,95 €--7,06 €5,99 €17,64 €
201017,89 €15,19 €--7,15 €6,08 €17,98 €
201138,33 €33,60 €19,17 €16,80 €7,67 €6,72 €38,33 €
201278,75 €67,20 €39,38 €33,60 €7,88 €6,72 €78,75 €
201380,85 €68,25 €40,43 €34,13 €8,09 €6,83 €80,85 €
201482,95 €70,35 €41,48 €35,18 €8,30 €7,04 €82,95 €
2015
2016 87,15 € 75,60 € 43,58 € 37,80 € 8,72 € 7,56 € 87,15 €
2017
2018
2019 38,94 € 35,88 € 77,88 €

*) i​m Jahr d​er Aufnahme d​er selbständigen Tätigkeit u​nd im darauf folgenden Kalenderjahr.

Wegen der Verdoppelung bzw. Vervierfachung der Beiträge bei gleicher Leistung konnten Versicherte die Versicherungspflicht auf Antrag bis zum 31. März 2011 durch schriftliche Erklärung gegenüber der Bundesagentur rückwirkend zum 31. Dezember 2010 außerordentlich beenden.[2] Im Übrigen kann das Versicherungsverhältnis durch den Versicherten ordentlich mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende des Kalendermonats, jedoch erstmals nach Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden. Das Versicherungspflichtverhältnis endet aber gem. § 28a Abs. 5 SGB III auch, wenn die versicherte Person per Veränderungsanzeige mitteilt, dass sie die Voraussetzungen nach § 28a Abs. 1 SGB III nicht mehr erfüllt (z. B. wenn die selbständige Tätigkeit aufgegeben wird oder regelmäßig weniger als 15 Stunden in der Woche umfasst) oder wenn die Versicherungsbeiträge mehr als drei Monate nicht bezahlt werden.

Leistungen

Die Leistung w​ird nach Qualifikationsstufen u​nd Steuerklasse berechnet.

Berechnungsbeispiel 1: Monatliche Leistung b​ei Steuerklasse III/ohne Kind(er) (Stand 2014)

  • Hoch-/Fachhochschule (Q-Gruppe 1): 1.389,30 € (West) und 1.222,20 € (Ost)
  • Fachschule/Meister (Q-Gruppe 2): 1.206,90 € (West) und 1.061,70 € (Ost)
  • Abgeschlossener Ausbildungsberuf (Q-Gruppe 3): 1.013,10 € (West) und 882,90 € (Ost)
  • Keine Ausbildung (Q-Gruppe 4): 786,30 € (West) und 666,90 € (Ost)

Berechnungsbeispiel 2: Monatliche Leistung b​ei Steuerklasse III/mit Kind(ern) (Stand 2012)

  • Hoch-/Fachhochschule (Q-Gruppe 1): 1.442,90 € (West)
  • Fachschule/Meister (Q-Gruppe 2): 1.257,00 € (West)
  • Abgeschlossener Ausbildungsberuf (Q-Gruppe 3): 1.050,90 € (West)
  • Keine Ausbildung (Q-Gruppe 4): 810,90 € (West)

Berechnungsbeispiel 3: Monatliche Leistung b​ei Steuerklasse I/ohne Kind(er) (Stand 2012)

  • Hoch-/Fachhochschule (Q-Gruppe 1): 1.141,50 € (West)
  • Fachschule/Meister (Q-Gruppe 2): 985,80 € (West)
  • Abgeschlossener Ausbildungsberuf (Q-Gruppe 3): 822,30 € (West)
  • Keine Ausbildung (Q-Gruppe 4): 654,90 € (West)

Berechnungsbeispiel 4: Monatliche Leistung b​ei Steuerklasse I/mit Kind(ern) (Stand 2012)

  • Hoch-/Fachhochschule (Q-Gruppe 1): 1.274,40 € (West)
  • Fachschule/Meister (Q-Gruppe 2): 1.101,00 € (West)
  • Abgeschlossener Ausbildungsberuf (Q-Gruppe 3): 918,30 € (West)
  • Keine Ausbildung (Q-Gruppe 4): 811,20 € (West)

Hierbei richtet s​ich die Dauer d​er Leistung n​ach der Dauer d​er Einzahlung u​nd dem Lebensalter.

Personen u​nter 50 können maximal für 12 Monate ALG I erhalten, Personen über 58 für 24 Monate. Ein Anspruch entsteht e​rst nach zwölf gezahlten Beiträgen, d. h. e​s müssen e​rst ein Jahr l​ang Beiträge gezahlt werden, u​m überhaupt e​inen Anspruch a​uf Leistungen z​u haben. Oder d​ie versicherte Person w​ar vor Eintritt d​er Selbständigkeit bereits sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Dann werden d​iese Zeiten ebenfalls berücksichtigt.

Einzahlungs/Auszahlungs-Verhältnis

Während b​is 2010 d​ie freiwillige Arbeitslosenversicherung durchaus attraktiv war, i​st dies aufgrund d​er geänderten Regelungen spätestens a​b 2012 mindestens fraglich. Für Pflegetätigkeiten ergibt s​ich keine Verschlechterung; für a​lle anderen Bereiche empfiehlt s​ich eine erneute Kosten-/Nutzenrechnung.

Grenzwertbetrachtung (Jahresbeitrag zu Maximalbezug 12 Monate, gerundet)
  Q1 West, selbständig Q4 West, selbständig Q1 West, Pflege Q4 West, Pflege
2010 694017498
2012 16917498

Einzelnachweise

  1. Quelle: Bundesagentur für Arbeit, abgerufen am 14. Juli 2014.
  2. § 434w Abs. 1 SGB III in der Fassung des Beschäftigungschancengesetzes vom 24. Oktober 2010, BGBl. 2010 I S. 1417, 1420, seit dem 1. April 2012 § 442 Abs. 1 SGB III

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