Franz Bergel
Franz Bergel (* 13. Februar 1900 in Wien; † 1. Januar 1987 in Bel Royal, Jersey) war ein österreichisch-britischer Biochemiker.
Leben
Bergel war der zweite Sohn des Weinhändlers Moritz Martin Bergel, einem Emigranten aus Ungarn und seiner Frau Barbara Betty, geb. Spitz, der Tochter eines Teppichfabrikanten. Nach dem Besuch eines Realgymnasiums in Wien und der kurzzeitigen Teilnahme am Ersten Weltkrieg mit der k. u. k. Armee studierte er an den Universitäten Würzburg und Freiburg.
1924 wurde Bergel mit einer Arbeit über Oxydationsvorgänge in Freiburg promoviert. 1929 habilitierte er sich als Privatdozent an derselben Universität. Von 1927 bis 1933 war Bergel Vorsteher der Abteilung für medizinische Chemie des Instituts für Chemie der Universität Freiburg und von 1929 bis 1933 nahm er als Privatdozent Unterrichtsverpflichtungen wahr.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten emigrierte Bergel nach Großbritannien. Von 1933 bis 1938 war er als Forscher am Medical Chemistry Department der Universität Edinburgh und dann am Lister Institute of Preventive Medicine in London tätig. In Edinburgh arbeitete er zusammen mit A. R. Todd an der Aufklärung der Struktur und Synthese des Vitamin B1 und der Isolierung von Vitamin E.
1938 erhielt Bergel einen Ph.D.-Abschluss der Universität London. Im selben Jahr wurde er in Großbritannien eingebürgert.
Von 1938 bis 1952 amtierte Bergel als Direktor der Forschungsabteilung der Roche Products Ltd in Welwyn Garden City. Dort arbeitete er an synthetischen Analgetika, an Cannabinoiden, Antibakterials und Vitaminen. Seit 1946 war er zudem Ehrenvortragender am University College in London.
Von den nationalsozialistischen Polizeiorganen wurde Bergel Ende der 1930er Jahre als wichtige Zielperson eingestuft: Im Frühjahr 1940 setzte das Reichssicherheitshauptamt in Berlin ihn auf die Sonderfahndungsliste G.B., ein Verzeichnis von Personen, die der NS-Überwachungsapparat als besonders gefährlich oder wichtig ansah, weshalb sie im Falle einer erfolgreichen Invasion und Besetzung der britischen Inseln durch die Wehrmacht von den Besatzungstruppen nachfolgenden Sonderkommandos der SS mit besonderer Priorität ausfindig gemacht und verhaftet werden sollten.[1]
Von 1952 bis 1966 unterrichtete Bergel als Professor für Chemie am Chester Beatty Research Institute of Cancer Research am Royal Cancer Hospital in London. In den Jahren 1963 bis 1966 stand er diesem als Dekan vor. 1966 wurde er emeritiert.
In den Jahren 1959/1960 und ab 1967 war Bergel Gastlektor bei der Children’s Cancer Research Foundation der Harvard University und fachärztlicher Berater an der Harvard Medical School.
Bergels Forschungsschwerpunkt war die Krebsforschung, insbesondere die Chemotherapie. Zudem initiierte er die biochemische Untersuchung von Tumoren, um mittels einer Enzymtherapie bestimmten Tumoren essentielle Nährstoffe zu entziehen.
1959 wurde Bergel als Fellow in die Royal Society aufgenommen. Des Weiteren war er Mitglied der Biochemistry Society und der American Association for the Advancement of Science.
Literatur
- William D. Rubinstein/ Michael Jolles/ Hilary L. Rubinstein: The Palgrave Dictionary of Anglo-Jewish History, S. 78.
- Susanne Blumesberger, Michael Doppelhofer, Gabriele Mauthe: Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert. Band 2: J–R. Hrsg. von der Österreichischen Nationalbibliothek. Saur, München 2002, ISBN 3-598-11545-8, S. 763.
Schriften
- Über den Mechanismus der Oxydationsvorgänge: Zum oxydativen Abbau der Aminosäuren, 1924.