Flugtagunglück von Lemberg
Der Absturz einer Suchoi Su-27 während einer Flugschau am 27. Juli 2002 auf dem ukrainischen Militärflugplatz Sknyliw nahe Lemberg (ukrainisch Lwiw) ist bis heute das schwerste Unglück, das sich je bei einer Kunstflugvorführung ereignet hat. 86 Menschen kamen ums Leben; mehr als 500 wurden verletzt.[1]
Unfallhergang
Die Suchoi Su-27 (NATO-Bezeichnung „Flanker“) der ukrainischen Luftwaffe wurde von zwei erfahrenen Offizieren geflogen. Der Pilot der Maschine, Oberstleutnant Wolodymyr Toponar, war zu diesem Zeitpunkt Angehöriger der Kunstflugstaffel „Ukrainische Falken“. Es gibt mehrere Filmaufnahmen, die den Unfallhergang lückenlos zeigen. Beim Betrachten der Aufnahmen sieht man, dass das Flugzeug während einer engen Linkskurve mit beinahe 90°-Querneigung offensichtlich am inneren Flügel einen Strömungsabriss hat. Dies führt zu einer (vermutlich ungewollten) Viertelrolle auf den Rücken. Anstatt nun mit einer halben Rolle in die Normalfluglage zu rollen, zieht der Pilot das Flugzeug mit einem halben Looping nach unten heraus. Dabei zieht er aber offensichtlich zu stark, vielleicht wegen der Nähe zum Boden. Dadurch reißt die Strömung wieder ab (diesmal aber symmetrisch), und das Flugzeug sinkt nun unkontrolliert weiter bis zum Aufschlag auf den Boden. Die Maschine schlittert danach über das Flugfeld und durch die Zuschauermenge, ehe sie explodiert. Beide Piloten konnten sich mit dem Schleudersitz retten.
Bis heute ist die gänzlich korrekte Topografie des Flugplatzes inklusive Displaybereich nicht geklärt. Es sieht auf Videoaufzeichnungen aus, als würde die Flugvorführung irgendwo über dem Flugplatz stattfinden, ohne jegliche Einschränkung.
Unglücksursache
Für das Unglück wurden von Experten folgende mögliche Ursachen untersucht:
- Pilotenfehler
- Triebwerkschaden
- Verletzung der Sicherheitsrichtlinien für Kunstflugvorführungen durch die Piloten oder Bodenpersonal
- ungenauer Flugplan
- Überladung der Maschine durch zu viel Treibstoff
Auf zahlreichen Amateurvideos des Unfallhergangs ist hörbar, dass die Triebwerke unmittelbar vor dem Rollmanöver (ca. zehn Sekunden vor der Bodenberührung) verstummen, nach etwa zwei Sekunden aber wieder aufheulen.
Wie meistens bei solchen Unfällen führt erst eine Verkettung von mehreren Fehlern zur Katastrophe:
- Der Strömungsabriss als unmittelbarer Auslöser des Ereignisablaufs (durch Piloten- oder technischen Fehler verursacht)
- Entscheidung des Piloten, trotz der Bodennähe anstatt mit einer halben Rolle mit einem halben Looping zu retablieren
- Warum befindet sich das Flugzeug überhaupt in einer Position, aus der es bei einem solchen Fehler in die Zuschauer rast?
Von offizieller Seite wurde letztlich die Hauptschuld den beiden Piloten angelastet.
Folgen
Der ukrainische Staatspräsident Leonid Kutschma, der sich vor Ort ein Bild des Unglücks machte, machte öffentlich das Militär für das Unglück verantwortlich und entließ den Chef der Luftstreitkräfte, General Wolodymyr Strelnykow. Verteidigungsminister Wolodymyr Schkidtschenko bot seinen Rücktritt an, dieser wurde von Präsident Kutschma aber abgelehnt. Am 24. Juni 2005 verurteilte ein Militärgericht den Piloten Wolodymyr Toponar zu vierzehn Jahren Haft. Sein Copilot Juri Jegorow wurde zu acht Jahren Haft verurteilt. Beide haben zudem hohe Summen an die Familien der Opfer zu bezahlen. Neben den Piloten erhielten drei weitere Militärangehörige Haftstrafen von bis zu vier Jahren.
Die Piloten wurden nach 11 bzw. 2,5 Jahren aus der Haft entlassen.[2]
Weblinks
- Prosecution’s Aerobatics After the Sknyliv Tragedy Russischer Bericht über den Unfallhergang (2006) mit Bildern
- Russland-Aktuell: Lange Haftstrafen für Flugschau-Unglück
Einzelnachweise
- Lange Haftstrafen für Flugschau-Unglück auf Russland-Aktuell, abgerufen am 21. September 2018
- obozrevatel.com vom 17. Juli 2019