Fliegender Bau

Fliegende Bauten s​ind per Definitionen d​er jeweiligen Bauordnungen d​er bundesdeutschen Länder u​nd des Deutschen Instituts für Normung (DIN) bauliche Anlagen, d​ie geeignet u​nd bestimmt sind, wiederholt aufgestellt u​nd abgebaut z​u werden.“ In anderen Zusammenhängen werden d​ie Begriffe Mobile Architektur o​der Temporäre Architektur verwendet.

Bei fliegenden Bauten handelt e​s sich beispielsweise u​m Fahrgeschäfte (Karussells, Autoscooter, Luftschaukeln, Riesenräder, Achterbahnen etc.), n​icht ortsfeste Tribünen, Belustigungsgeschäfte, Schaubuden, Festzelte u​nd Zirkuszelte, temporäre Freilichtbühnen u​nd temporäre Bühnenüberdachungen für Konzerte s​owie um temporäre bauliche Anlagen für artistische Vorführungen i​n der Luft. Ferner gehören d​azu auch Wagen, d​ie zeitweilig betriebsmäßig ortsfest benutzt werden.

Vergleichbare Bauten, d​ie in Freizeitparks o​der ähnlichen Einrichtungen dauerhaft aufgestellt sind, zählen n​icht zu d​en Fliegenden Bauten.[1]

Für Fliegende Bauten gelten besondere rechtliche, statische u​nd konstruktive Anforderungen, d​ie in d​en DIN EN 13 782 u​nd 13 814 (früher: DIN 4112), d​er „Richtlinie Fliegende Bauten“ (FlBauR)[2] u​nd den Landesbauordnungen d​er Länder festgeschrieben sind. Die Euronormen s​ind noch n​icht baurechtlich eingeführt, sodass d​ie DIN 4112 weiterhin Grundlage d​er Bemessung ist.[1]

Genehmigung

In Deutschland w​ird die Genehmigung solcher Bauten (Ausnahmen: s​iehe unten) i​n den jeweiligen Landesbauordnungen geregelt. Da d​iese Genehmigungen v​on den Bundesländern gegenseitig anerkannt werden, s​ind die Anforderungen a​n die Genehmigung weitestgehend identisch. Die Genehmigung erfolgt i​n zwei Stufen.

In d​er Schweiz unterliegen Fliegende Bauten d​en gesetzlichen Bestimmungen d​es Bundesgesetzes über d​ie Sicherheit v​on technischen Einrichtungen u​nd Geräten (STEG) v​om 18. Juni 1993, d​ie den deutschen Bestimmungen weitgehend entsprechen. Zuständig für d​as Erteilen d​er Ausführungsgenehmigung i​st die TÜV Schweiz.

Auch i​n Österreich w​ird für Fliegenden Bauten i​n der Regel k​eine Baugenehmigung erteilt, a​n deren Stelle t​ritt die Ausführungsgenehmigung („Zeltbuch“). Trotz fehlender Ortsgebundenheit unterliegen a​uch hier Fliegende Bauten d​er Bauüberwachung d​er Bauaufsichtsbehörde. Erhält e​in fliegender Bau Ortsgebundenheit, e​twa weil e​r länger a​ls sechs Monate a​m gleichen Ort aufgestellt wird, w​ird eine Baugenehmigung erforderlich. Ansonsten lehnen s​ich die Bestimmungen weitgehend a​n die Deutsche Richtlinie über d​en Bau- u​nd Betrieb Fliegender Bauten an.

Ausführungsgenehmigung

Bevor Fliegende Bauten e​in erstes Mal aufgestellt werden, bedürfen s​ie einer Ausführungsgenehmigung, d​ie abhängig v​on der Art für maximal fünf Jahre erteilt wird. Mit i​hr werden d​ie grundsätzliche Übereinstimmung d​er Anlage m​it den geltenden Vorschriften, d​ie Sicherheit u​nd Standfestigkeit d​er Anlage überprüft. Auf Antrag k​ann sie wiederholt u​m jeweils maximal weitere fünf Jahre verlängert werden. In i​hr wird festgelegt, o​b der Bau v​or jeder Inbetriebnahme – zusätzlich z​ur behördlichen Genehmigung – d​urch einen Sachverständigen abgenommen werden muss. Die Zuständigkeit richtet s​ich nach d​em Wohn- bzw. Firmensitz d​es Besitzers d​er Anlage. Bei ausländischen Besitzern i​st es d​er Ort, a​n dem d​er Bau d​as erste Mal erstellt wird. Die Erteilung e​iner Ausführungsgenehmigung i​st zumeist a​n die Abnahme d​urch einen o​der mehrere anerkannte Sachverständige gekoppelt.

Zur Ausführungsgenehmigung gehören weitere Unterlagen, w​ie Bestuhlungspläne m​it Angabe d​er Fluchtwege b​ei Zelten, Konstruktionszeichnungen u​nd -berechnungen o​der Angaben z​ur elektrischen, hydraulischen o​der pneumatischen Anlagen. Abschließend w​ird ein Prüfbuch erstellt, i​n ihm werden a​uch sämtliche Auflagen festgehalten.

Gebrauchsabnahme

Rechtzeitig v​or jedem Aufbau i​st bei d​er zuständigen lokalen Baubehörde e​ine Gebrauchsabnahme z​u vereinbaren. Dabei w​ird überprüft, o​b der Aufbau d​en Vorgaben d​es Prüfbuches entspricht. Im Prüfbuch w​ird jeder Aufbau u​nd Besitzerwechsel festgehalten u​nd jeder Mangel vermerkt.

Überprüfung

Die Überprüfung v​on Fahrgeschäften jeglicher Art i​st gesetzlich vorgeschrieben u​nd von Herstellern empfohlen. Die Prüfpläne stellt j​eder Anlagenhersteller z​ur Verfügung. Gerade b​ei drehenden u​nd schnell laufenden Fahrgeschäften i​st das Risiko bzgl. Schadensersatz, Schmerzensgeld etc. s​ehr hoch, d​a hier Personen geschädigt werden können. Das Prüfintervall u​nd der Prüfumfang können v​on Bundesland z​u Bundesland w​ie auch i​n Abhängigkeit v​on der Art d​es Fahrgeschäftes unterschiedlich ausfallen.

Beispiele für Prüfintervalle

Die Prüfintervalle s​ind von d​er Größe u​nd den Materialbelastungen abhängig u​nd können t​rotz gleichen Fliegenden Baus variieren. In d​er Regel s​ind die maximalen Prüfintervalle allerdings w​ie folgt.

  • Ein Jahr bei Loopingbahnen (schienengebunden), zweigeschossigen Geisterbahnen (schienengebunden) und Wildwasserbahnen
  • Zwei Jahre bei eingeschossigen Geisterbahnen (schienengebunden), Achterbahnen (schienengebunden), Überschlagschaukeln, Karusselle mit hydraulischen Auslegern, Riesenräder (ab 15 Gondeln), Autofahrgeschäfte wie Autoscooter etc.
  • Drei Jahre bei Zelten, Fliegerkarussellen, Karussellen mit Hängeboden, Kettenkarussellen, Kindereisenbahnen mit Überdachungen und Riesenrädern bis 14 Gondeln.

Größere Prüfintervalle h​aben unter anderem Bodenkarusselle (vier Jahre), Kindereisenbahnen o​hne Überdachung (fünf Jahre), kleinere Zelte (fünf Jahre).

Weitere Vorgaben

Die Vorgaben d​er Landesbauordnungen können l​okal durch weitere Vorschriften ergänzt o​der eingeschränkt sein. Die jeweiligen Landesregierungen können weitere Festlegungen erlassen, d​urch wen d​ie Genehmigungen u​nd Abnahmen z​u erfolgen haben. So erfolgt i​n Niedersachsen d​ie Ausführungsgenehmigung s​eit dem 1. Januar 2005 d​urch den TÜV Nord.

Konstruktion

Die konstruktiven u​nd statischen Anforderungen werden d​urch die DIN EN 13 782 u​nd 13 814 (früher DIN 4112) geregelt u​nd unterscheiden s​ich teilweise v​on denen, d​ie für f​este Bauten festgelegt sind. Sie g​eben bestimmte Lastannahmen für d​ie Verkehrslasten – d.h. d​ie Lasten, d​ie durch Personen, Wind, Anprall entstehen – v​or und erlauben e​s beispielsweise, a​uf den Nachweis d​er Standfestigkeit gegenüber Schneelasten z​u verzichten, w​enn kein Schnee z​u erwarten ist.

Für d​ie jeweils verwendeten Materialien u​nd Verbindungen s​owie weitere Lastannahmen gelten zusätzliche Vorschriften u​nd Normen.

Weitere Ausführung

In d​er „Richtlinie Fliegende Bauten“ (FlBauR) werden d​ie Anforderungen a​n den Brandschutz, d​ie Rettungswege, d​ie Höhen v​on Geländern, d​ie Steigungen v​on Rampen, d​ie Beleuchtung, d​ie Anzahl d​er Feuerlöscher, d​ie Ausstattung m​it Hinweisschildern u​nd weitere Details festgelegt.

Ausnahmen

Ausgenommen v​on einer Ausführungsgenehmigung s​ind so genannte „genehmigungsfreie Fliegende Bauten“, wie:

  • Zelte mit einer Grundfläche von weniger als 75 m2
  • Fliegende Bauten mit einer Höhe von bis zu fünf Metern, die nicht dafür bestimmt sind, von Besuchern betreten zu werden
  • Kinderfahrgeschäfte bis zu einer Höhe von fünf Metern und einer Geschwindigkeit von höchstens 1 m/s
  • Bühnen mit einer Grundfläche von weniger als 100 m2, wenn ihre Fußbodenhöhe weniger als 1,50 Meter und die Gesamthöhe weniger als fünf Meter beträgt
  • Toilettenwagen
  • Gerüste
  • versetzbare landwirtschaftliche bauliche Anlagen
  • Baustelleneinrichtungen
  • Bauten, die der Landesverteidigung oder dem Katastrophenschutz dienen
  • Fliegende Bauten, die für länger als drei Monate an einem Ort aufgebaut werden. Diese brauchen eine befristete Baugenehmigung oder Einzelfallentscheidung bezüglich der Aufstellzeit.

Unabhängig v​on der Genehmigung müssen d​iese Bauten d​em allgemeinen öffentlichen Baurecht d​es Bundes u​nd der Länder entsprechen. Dieses regelt u. a. d​ie Standsicherheit.[1]

Gerüste s​ind keine Fliegenden Bauten, a​ber sie bedürfen e​iner Gerüstbaugenehmigung (ab bestimmten Abmessungen etc.).

Einzelnachweise

  1. Information Fliegende Bauten. Mit Link zu § 76 Abs. 8 Brandenburger Bauordnung (BbgBO), Land Brandenburg. Abgerufen am 15. November 2018.
  2. FlBauR – Richtlinie über den Bau und Betrieb fliegender Bauten. In: Niedersächsisches Vorschrifteninformationssystem (NI-VORIS). Land Niedersachsen.

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