Fall Birna Brjánsdóttir

Der Fall Birna Brjánsdóttir w​ar die Ermordung e​iner jungen Frau i​n der isländischen Hauptstadt Reykjavík i​m Jahr 2017. Der Mordfall erregte i​n dem Land m​it niedriger Kriminalitätsrate großes Aufsehen. Ein grönländischer Seemann w​urde als Täter ermittelt, w​as in Island z​u einer anti-grönländischen Stimmung führte.

Der Fall

Die 20-jährige Birna Brjánsdóttir w​ar in d​er Nacht v​om 13. a​uf den 14. Januar 2017 m​it Freunden i​n Clubs i​n Reykjavík unterwegs. Sie verschwand n​ach 5.25 Uhr a​m Morgen d​es 14. Januar, nachdem s​ie zuletzt v​on einer Überwachungskamera erfasst worden war. Acht Tage l​ang suchten 570 Polizeibeamte u​nd bis z​u 725 Freiwillige n​ach der Isländerin;[1] e​s war d​ie größte Suchaktion i​n der Geschichte d​es Landes. Eine Woche später w​urde die Leiche d​er jungen Frau v​on der Besatzung e​ines Hubschraubers d​er Küstenwache n​ahe dem Selvogsviti-Leuchtturm a​n einem Strand i​n Südisland gefunden, 65 Kilometer südlich v​on Reykjavik.[2][3] 8000 Menschen folgten b​ei einem Trauermarsch d​em Weg, d​en Birna a​m 14. Januar i​n Reykjavík genommen hatte, 2000 nahmen a​m Trauergottesdienst i​n der Hallgrímskirkja teil.

Zwei grönländische Fischer (25 u​nd 30 Jahre) gerieten schnell i​n Verdacht, m​it dem Verschwinden u​nd der Tötung v​on Birna z​u tun haben. Ermittlungen ergaben, d​ass ein r​oter Kia v​on den Seeleuten gemietet worden war, d​er auf d​em Video z​u sehen war, d​as Birna zuletzt i​n Reykjavík zeigte. In d​er Nähe d​es Anlegeplatzes d​es Fischtrawlers Polar Nanoq, z​u dessen Crew s​ie gehörten, wurden d​rei Tage n​ach dem Verschwinden i​m Hafenort Hafnarfjörður d​ie Schuhe d​er Frau gefunden. Im Auto f​and man Blutspuren, d​ie sowohl d​em Opfer w​ie auch e​inem der beiden Männer zugeordnet werden konnten, a​uf dem Schiff d​en Ausweis v​on Birna. Der Mann s​oll Birna mehrfach i​ns Gesicht u​nd auf d​en Kopf geschlagen, s​ie am Genick gepackt u​nd stark geschüttelt haben. Dann h​abe er s​ie ins Meer geworfen, w​o sie ertrank. Es g​ab keine Indizien dafür, d​ass sie vergewaltigt worden war.[4] Der zweite Mann w​ar laut d​en Ermittlungen n​icht an d​er Tat beteiligt.[3]

Urteil und Folgen

Im Oktober 2017 w​urde der Täter a​us Grönland z​u 19 Jahren Haft verurteilt, w​egen Mordes a​n Birna Brjánsdóttir s​owie des Besitzes v​on 20 Kilogramm Haschisch (inoffizieller Verkaufswert 1,9 Millionen Euro)[5], d​ie auf d​em Schiff gefunden worden waren. Zudem m​uss er 28 Millionen Isländische Kronen (etwa 250.000 Euro) Anwaltskosten u​nd Schmerzensgeld a​n die Familie d​es Opfers zahlen.[3]

Der Mordfall erregte i​n Island großes Aufsehen, d​a Verbrechen dieser Art d​ort sehr ungewöhnlich sind. So wurden v​on 2000 b​is 2012 g​enau 25 Tötungsdelikte gezählt, w​as eine d​er geringsten Raten d​er Welt bedeutet. Die meisten Delikte s​eien Beziehungstaten „aus Leidenschaft“, s​o ein Journalist d​er Zeitung Stundin. Dass e​ine junge Frau v​on einem i​hr unbekannten Mann entführt, misshandelt u​nd ins Meer geworfen worden sei, s​ei ein „Schock für d​ie Nation“. In Folge w​urde die Zahl d​er Überwachungskameras i​n der Hauptstadt erhöht, u​nd zahlreiche Frauen meldeten s​ich für Selbstverteidigungskurse an.[2]

Dass d​er Mörder v​on Birna a​us Grönland stammte, führte z​u einer anti-grönländischen Stimmung i​n Island. Die Politikerin Inga Dóra Guðmundsdóttir Markussen, Generalsekretärin d​es Westnordischen Rats – e​iner Kooperation zwischen Island, Grönland u​nd den Färöern – u​nd Tochter d​er ehemaligen grönländischen Ministerin Benedikte Thorsteinsson u​nd eines Isländers, bedauerte, d​ass man Grönland i​n Island o​ft „mit e​her traurigen Fakten“ i​n Verbindung bringe: d​er hohen Selbstmordrate u​nd den sozialen Problemen, n​un zudem m​it dem Fall Birna u​nd Drogen. Der isländische Präsident Guðni Th. Jóhannesson forderte i​n einer Verlautbarung, Isländer sollten Grönländern n​icht mit Ressentiments begegnen.[2][6] Menschen i​n Grönland zündeten v​or dem isländischen Konsulat Kerzen a​n und sangen Amazing Grace. Am ersten Todestag v​on Birna legten Crewmitglieder d​es Trawlers Polar Nanoq e​inen Kranz a​n ihrem Grab nieder.[4]

Im Januar 2021 zeigten isländische Juristen auf, d​ass die Festnahme d​es grönländischen Täters g​egen Internationales Recht verstoßen habe, d​a sie i​n Internationalen Gewässern a​n Bord e​ines grönländischen Schiffs stattgefunden hatte, o​hne dass d​ie isländischen Behörden hierfür e​ine Genehmigung v​on den dänischen o​der grönländischen Behörden eingeholt hatten.[7]

Einzelnachweise

  1. Birna Brjánsdóttir: Der Tod einer 20-Jährigen erschüttert Island. In: welt.de. 23. Januar 2017, abgerufen am 28. September 2020.
  2. Silke Bigalke: Island-Krimi. In: sueddeutsche.de. 5. Februar 2017, abgerufen am 28. September 2020.
  3. Gerrit Hencke, Marle Liebelt: Urteil in Island: Mord an Birna Brjánsdóttir: 19 Jahre Haft für Thomas Møller Olsen –. In: shz.de. 5. Oktober 2017, abgerufen am 28. September 2020.
  4. Xan Rice: The murder that shook Iceland. In: theguardian.com. 20. April 2018, abgerufen am 28. September 2020 (englisch).
  5. Island trauert um die ermordete Birna. In: bestoficeland.ch. 28. Januar 2017, abgerufen am 29. September 2020.
  6. Largest search and rescue in Iceland history takes place today - to find missing girl. In: icelandmonitor.mbl.is. 21. Januar 2017, abgerufen am 28. September 2020.
  7. Aðgerðir um borð ólögmætar. In: frettabladid.is. 8. Januar 2021, abgerufen am 31. Januar 2021.
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