Fahruntüchtigkeit
Fahruntüchtigkeit ist ein Rechtsbegriff, der das Unvermögen eines Fahrzeugführers bezeichnet, ein Fahrzeug jederzeit sicher zu führen. Der Begriff ist aus dem Straßenverkehrsrecht bekannt, wird aber auch im Wasser-, Schienen- und Luftverkehr verwendet.
Fahruntüchtigkeit beschreibt einen aktuellen, situationsabhängigen Zustand - beispielsweise bedingt durch den Konsum von Medikamenten, Rauschmitteln, Übermüdung etc. - , hier nämlich die Einschränkung des Vermögens, ein Fahrzeug sicher zu führen.
Abgegrenzt hiervon ist die Fahreignung, welche auf der allgemeinen körperlichen, geistigen und charakterlichen Eignungen beruht.
Verstöße aufgrund mangelnder Fahrtüchtigkeit oder Fahreignung gefährden Leib und Leben und werden deshalb in allen Rechtssystemen nach dem Verkehrsrecht geahndet. Allerdings sind die Regelungen auch in Europa noch sehr uneinheitlich.
Straßenverkehr
Sofern nicht noch andere Delikte (etwa § 315c Abs. 1 StGB - Gefährdung des Straßenverkehrs) verwirklicht sind, macht sich in Deutschland der Fahrzeugführer auf öffentlichem Verkehrsgrund zumindest wegen Trunkenheit im Verkehr strafbar.
Strafbarkeit und Auslegung
In § 316 StGB heißt es dazu:
- (1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315d) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 315a oder § 315c mit Strafe bedroht ist.
- (2) Nach Absatz 1 wird auch bestraft, wer die Tat fahrlässig begeht.
Die Fahruntüchtigkeit wird im Gesetz nicht definiert. Sie wird daher von der Rechtsprechung festgestellt, die dazu das Wissen von Sachverständigen nutzt. Diese stützt sich wiederum auf obergerichtliche Urteile hierzu. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterscheidet dabei die relative und die absolute Fahruntüchtigkeit.
Absolute Fahrunsicherheit (früher Fahruntüchtigkeit)
Zur Feststellung der absoluten Fahruntüchtigkeit genügt der Nachweis einer bestimmten (Mindest-)Blutalkoholkonzentration des Fahrers, ohne dass weitere Anzeichen unsicherer Fahrweise vorliegen müssen. Seit der präjudiziellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 28. Juni 1990[1] geht die Rechtsprechung von einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille (für alle Führer von Kraftfahrzeugen) aus. Die frühere BGH-Rechtsprechung ging noch von 1,3 Promille, bis in die 60er-Jahre sogar von mindestens 1,5 Promille aus. Für Radfahrer wird absolute Fahruntüchtigkeit ab 1,6 ‰ angenommen; gleiches soll auch für Elektrorollstühle gelten. Bei Schiffsführern ist dies ab 1,7 ‰ zutreffend.[2]
Relative Fahrunsicherheit (früher Fahruntüchtigkeit)
Unter diesem Wert kann Fahruntüchtigkeit ebenfalls vorliegen. Das nimmt die Rechtsprechung ab 0,3 ‰ an, wenn weitere Anzeichen hinzutreten. Die Fahruntüchtigkeit wird nach der Maßgabe des Einzelfalles, also individuell beurteilt. Beispiele für Ausfallerscheinungen sind: Orientierungslosigkeit (Schlangenlinien), erhebliche Beeinträchtigung der Reaktionsfähigkeit, Bewegungsanormalitäten (Torkeln), keine Pupillenreaktion bei Veränderung der Helligkeit der Umgebung, verwaschene Aussprache und Wahrnehmungsfehler.
Konsequenzen
Absolute und relative Fahruntüchtigkeit erfüllen beide die oben genannten Straftatbestände. Liegt keine Fahruntüchtigkeit vor, etwa weil der Fahrzeugführer zwar 0,6 ‰ Blutalkoholkonzentration aufweist, aber keine Ausfallerscheinungen, so kommt zwar keine Strafbarkeit in Betracht, allerdings kann eine Ordnungswidrigkeit (ab 0,5 ‰ gem. § 24a StVG) vorliegen oder es können andere Reaktionen der Behörden drohen (vgl. Fahren unter Einfluss von Alkohol, Drogen und Medikamenten).
Gefährliche Güter
Für Fahrzeuge, die Gefahrgut transportieren, gelten besondere Bestimmungen. Es gilt Alkoholverbot.
Personenbeförderung
Gemäß der BOKraft gilt auf deutschem Boden Alkoholverbot für Fahrer von Taxen und Omnibussen. Das heißt, es darf keinerlei Alkohol im Blut vorhanden sein, wenn Fahrgäste transportiert werden.
Schienenverkehr
Im Schienenverkehr gilt Alkoholverbot, vgl. EBO und BOStrab (U-Bahnen, Straßenbahnen).
Luftfahrt
In der Luftfahrt gilt für Piloten, Kopiloten und Flugingenieure international die 0,0-‰-Grenze.
Schifffahrt
Wer mehr als 0,25 mg/l Alkohol in der Atemluft oder mehr als 0,5 Promille Alkohol im Blut hat, oder eine Menge Alkohol zu sich genommen hat, die zu solchen Konzentrationen führt, darf kein Schiff führen oder eine sonstige Funktion des Brücken-, Decks- oder Maschinendienstes ausüben.
Dies gilt laut §3(4) der Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung für alle auf deutschen Seeschifffahrtsstraßen, sowie darüber hinaus laut §3(4) der Verordnung zu den Internationalen Regeln von 1972 zur Verhütung von Zusammenstößen auf See für alle Schiffe, die die deutsche Bundesflagge führen, sofern nicht in den Hoheitsgewässern anderer Staaten abweichende Regelungen verfügt sind.
Auf deutschen Binnenschifffahrtsstraßen gilt laut §1.02 der Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung dasselbe.
Zusätzlich gilt, dass, wer (u. a.) durch den Genuss von Alkohol oder anderer berauschender Mittel in der sicheren Führung eines Schiffes oder der sicheren Ausübung einer sonstigen Tätigkeit des Brücken-, Decks- oder Maschinendienstes beeinträchtigt ist, dies nicht tun darf (§ 3(3) der oben genannten Ordnungen).
Auf Schiffen, die Passagiere befördern oder nach § 30(1) der SeeSchStrO bestimmte gefährliche Güter transportieren, gilt nach § 3(5) sogar eine 0,0-Promille-Grenze für Schiffsführer oder sonstige Mitglieder der Schiffsbesatzung, die Brückendienst ausüben, jeweils während ihrer Dienstzeit.
Einzelnachweise
- BGH, Beschluss vom 28. Juni 1990 (Memento vom 29. Juli 2012 im Webarchiv archive.today), Az. 4 StR 297/90, Volltext; BGHSt 37, 89; NJW 1990, 2393.
- Joecks: Studienkommentar zum StGB. 2010, § 316 Rn. 12.