Fahrradschloss
Ein Fahrradschloss ist ein spezielles Schloss zum Schutz vor Fahrraddiebstahl. Verschiedene Bauarten und deren Ausführungen bieten unterschiedlich guten Schutz gegen verschiedene Werkzeuge. Bei der Auswahl muss ein Kompromiss zwischen Gewicht, Handhabung, Preis – auch in Relation zum Fahrrad – sowie dem gewünschten Schutz getroffen werden.
Kategorien
Die bekanntesten Hersteller aus Deutschland sind ABUS, Trelock und Burg-Wächter.
Bügelschloss
Ein Bügelschloss besteht, ähnlich einem Vorhängeschloss, aus einem großen mit Kunststoff ummantelten Metallbügel und dem eigentlichen Schloss, einem Metallkörper mit zwei Öffnungen.
Bügelschlösser bieten den vergleichsweise besten Schutz vor Diebstählen und wiegen beispielsweise bei einer Bügeldicke größer 14 mm ca. 1,7 bis 2,8 kg je nach Bügelabmessungen. Die Bügel sind bis zu 18 mm dick. Die Bügel von hochwertigen Bügelschlössern sind außen gehärtet, um gegen Durchtrennen gesichert zu sein, in der Mitte jedoch etwas weicher, um auch Kältesprayattacken standhalten zu können.
Bügelschlösser ähneln in ihrer Verwendung den Kabel- und Kettenschlössern. Das Schloss kann durch die Speichen oder den Radrahmen geführt werden, aber auch um feste Objekte (Laternen, Radständer, Zaunlatten etc.) gelegt werden, wodurch im Gegensatz zum Speichenschloss das Rad gegen Davontragen gesichert ist.
Faltschloss
Falt- oder Gelenkschlösser sind seit 2005 im Handel. Diese Schlossart besteht aus starren Gliedern, die wie beim Gliedermaßstab mittels Gelenken zusammengefaltet werden können. Durch diese Gelenkkonstruktion ist es sehr viel flexibler als ein Bügelschloss, soll aber laut Herstellerangaben ähnliche Festigkeitswerte erreichen. Dies liegt mit daran, dass die beweglichen Glieder das Ansetzen von Sägen erschweren, das flache Profil außerdem das Ansetzen von Bolzenschneidern.
Je nach Ausführung sind verschiedene Längen- und Sicherheitsklassen erhältlich, auch werden sowohl Zahlen- als auch Zylinderschlösser angeboten. Die verfügbaren Längen reichen von 70 cm bis 120 cm und die Gewichte reichen von 590 g bis 1625 g.
Kettenschloss
Eine schwere Metallkette dient analog dem Kabel- und Bügelschloss der Diebstahlsicherung. Als Schloss kann ein Vorhängeschloss verwendet werden. Kettenglieder sind oft nur bis zu zehn Millimeter dick, mit entsprechend großen Bolzenschneidern sind sie so zu durchtrennen. Die Kettenglieder von hochwertigen Kettenschlössern sind außen gehärtet und in der Mitte des Materials etwas weicher, wie bei hochwertigen Bügelschlössern.
Der Begriff Kettenschloss bezeichnet auch das Verbindungsglied der Fahrradkette, das anstatt vernietet zu sein auf einer Seite mit einem Sprengring verschlossen ist, so dass man damit die beiden Enden der Kette zusammenschließen kann.
- Kettenschloss mit Ummantelung
- Einfaches Kettenschloss
Kabelschloss
Ein Kabelschloss bzw. Spiralkabelschloss ist ein mit Kunststoff ummanteltes Stahlseil, das mit einem meist integrierten Schloss versehen ist. Kabelschlösser sind sehr flexibel und gut zu handhaben. Geringere Durchmesser von wenigen Millimetern bieten jedoch nur einen geringen Schutz vor dem Durchtrennen. Panzerkabelschlösser bieten hier einen deutlichen Zuwachs an Schutz, da sie eine Stahlummantelung besitzen, die für Bolzenschneider zu dick ist. Das Schloss verliert so jedoch an Elastizität.
Kabelschlösser werden gern verwendet, um andere leicht transportierbare Objekte, wie das Mobiliar in Gartenlokalen, vor Diebstahl zu schützen.
- Kabelschlösser; links kunststoffumhüllt, rechts mit Stahlblechhülsen und Schrumpffolie
- Zahlenschloss (Kunststoffumspritzte Stahlseilspirale)
Steckschloss
Ein Steckschloss ist ein Fahrradschloss oder Speichenschloss, welches aus einem verschließbaren, einseitig in den Speichenweg eingeführten Blechstift oder Metallstift besteht. Steckschlösser sind aufgrund ihrer Bauweise oft relativ einfach mit etwas Gewalt zu demontieren.
Steck- wie Speichenschlösser verhindern im abgeschlossenen Zustand ein Drehen des Rades, können jedoch keinen Diebstahl durch Wegtragen des Fahrrades verhindern.
Rahmenschloss
Ein Rahmenschloss an den Sattelstreben verhindert durch einen bügel- oder ringförmig ergänzten Riegel im Speichenweg das Drehen des Hinterrades. Ringförmige Schlösser sind aus Stahlblech gefertigt, der innenliegende Riegel wird mittels eines Knebels auf einer Kreisbahn herausgeschoben, rastet in Endlage ein und überbrückt als Kreisbogensegment die Lücke des Rings, der dann die Felge umschließt.
Ein an derselben Stelle montiertes Schloss kann alternativ aus einem rahmenfesten U/V-Bügel und einem von unten per 95°-Schwenk einklappbaren Sperrriegel bestehen. Manche Stahlrahmen haben diese Funktion mittels zweier Anlötteile integriert.
Erst mittels einer mitgefädelten Kette oder einem Stahlseil mit Endösen kann das Anschließen an einen festen Gegenstand erfolgen, um das Weggetragenwerden des Rads zu verhindern.
Bis um 1980 waren Alltagsräder häufig serienmäßig mit Steckschlössern an der linken Sattelstrebe ausgestattet. Das mit 2,5 × 2,5 × 7 cm äußert kompakte Schloss war aus verzinktem Stahlblech gefertigt. Der etwa 7 cm lange Riegel wurde mit Daumendruck 3 cm weit horizontal verschoben und ragt dann etwa 1,5 cm weit in den Speichenweg. Steht der Riegel beim Einschieben frontal fühlbar an einer Speiche an, muss das Rad eine Spur verschoben werden. Der Riegel rastet in Endlage ein und gibt nur dort den eingesteckten Schlüssel frei. Wird umgekehrt der Schlüssel mit seinem flach abgewinkelten Griffstück mit dem Daumen fest eingedrückt, springt der Riegel heraus und gibt den Speichenweg und über eine Öffnung im Riegel den Weg zur Befestigungsschraube des Schlosses frei. Das Schloss wurde idealerweise in eine angeschweißte Grundplatte montiert. Eine Nachrüstvariante stellte Verdrehsicherheit der Befestigungsschelle durch eine Schraube mit Kegelspitze her. Ähnlich wirkten Schlösser der 1950er Jahre, die in die Drehmomentstütze der Hinterradnabe integriert wurden. Die Speichen liegen hier allerdings dichter beisammen, schiebt man versehentlich das Rad gegen die blockierende Bremse an, entstehen hier durch den kleineren Hebel größere Kräfte.
Textilschloss
Bis 2017 wurde im SpinLab in Leipzig von 3 Frauen das Tex-Lock entwickelt. Es besteht im Inneren aus einer gehärteten und lackierten Kette gegen eine Säge. Diese ist umgeben von Textilschläuchen aus Kunstfasern mit angepressten Stahl-Endösen. Das Textil hat 5 Lagen um Angriffen durch Bolzenschneider oder Gasbrenner 3 Minuten zu widerstehen (innen: sägefest, darüber: schnittfest, feuerfest, wasserabweisend, Dekor).
Geschlossen wird es mit einem Vorhängeschloss. Es wurde Anfang 2017 über Kickstarter vermarktet.[1]
Äußerlich ähnlich ist das Litelok aus Großbritannien aufgebaut. In einem gewebten Überzug sind mehrere kunststoffumgossene Drahtseile. Dadurch ist es aber auch recht steif.
Bluetooth-Fahrradschloss
Ein Bluetooth-Radschloss kommt ganz ohne materiellem Schlüssel oder Zahleneinstellen aus. Es verbindet sich durch Bluetooth mit dem Smartphone und bietet im Vergleich zu klassischen Schlössern oftmals zusätzliche Funktionen wie einen Alarm, Benachrichtigung bei Bewegung und der Konfigurierbarkeit per Smartphone App.
In der Regel ist ein Bluetooth-Fahrradschloss mechanisch als Rahmenschloss ausgebildet, das durch die Lücke zwischen den Speichen hindurchreicht. Es sind sowohl mechanisch zu betätigigende Lösungen als auch komplett per App steuerbare Lösungen erhältlich.[2] Durch diese feste Montage am Fahrrad ist damit gleichzeitig der Aufbau eines Bike-Sharing-Systems möglich.[3][4]
Sicherheitsstufen
Die von den Anbietern für ihre Schlösser ausgelobten Sicherheitsstufen haben wenig Aussagekraft, da die Hersteller die Schlösser selber testen und bewerten.[5]
Besser sind halbstaatliche Siegel, wie das ART[6] aus Holland, SBSC[7] aus Schweden, Varefakta[8] aus Dänemark, sowie das ADFC-Siegel nach DIN EN 15496, Stiftung Warentest oder VdS[9] aus Deutschland.
Angriffspunkte
Angriffspunkte bei Schlössern sind einerseits das Picken des Schließzylinders, um eine gewaltfreie Öffnung zu ermöglichen. Andererseits Gewalteinwirkung durch Bolzenschneider, Metallsägen, Flex, Scheren oder andere Trenngegenstände. Eisspray und Hammer können diverse Schlösser demolieren oder zerstören.
- Bügelschloss stark deformiert durch Wagenheber
- Spiralkabelschloss: Stahlseil mit durchtrenntem Kunststoffmantel
Tests
Die Stiftung Warentest veröffentlichte Tests, bei denen sich herausstellte, dass auch teure Fahrradschlösser oft keine Sicherheit bieten: „Unterm Strich ließen sich die meisten Schlösser ohne allzu großen Aufwand innerhalb von drei Minuten öffnen.“ Bei den insgesamt 18 Panzerkabel- und Kettenschlössern im Test bekamen nur drei ein befriedigend, die restlichen 15 schnitten mit den Noten ausreichend oder mangelhaft ab. Im Test vom April 2014 hoben die Tester hervor, dass die Auslobung von Sicherheitsstufen, wie sie von Anbietern vorgenommen wird, wenig Wert hat. Für die Klassifizierung existiere keine Norm, jeder Anbieter gestalte seine Skala anders und die Sicherheitsversprechen seien wenig zuverlässig. Innerhalb von zehn Sekunden hätten die Tester beispielsweise ein Modell knacken können, das mit der höchsten Sicherheitsstufe ausgelobt und als Hochsicherheitsbügelschloss ausgewiesen war.[5] Im Test-Heft Mai 2015 zeigte sich, dass bei den getesteten Bügel-, Falt-, Ketten- und Panzerkabelschlösser durchaus Modelle dabei sind, die Aufbruchsversuchen standhalten. Allerdings erzielte nur jedes vierte Schloss im Test am Ende ein gutes test-Qualitätsurteil.[10] Beim neuesten Test aus dem Jahr 2019 testete Stiftung Warentest 20 Bügelschlösser, Kettenschlösser und Faltschlösser, lediglich fünf Modelle konnten überzeugen.[11] Aussagefähiger als die Selbsteinstufungen der Hersteller und mitunter auch als die Tests in Fachzeitschriften sind die Tests und vergleichenden Bewertungen von Soldsecure aus Großbritannien und der ART Stiftung aus den Niederlanden.[12]
Alarmanlage
Eine weitere Möglichkeit zur Absicherung ist eine Alarmanlage. Diese reagiert, wenn das Fahrrad bewegt wird, meist mit einem Warnsignal. Wird dieses ignoriert, so ertönt ein sehr lautes Alarmsignal, bis das Fahrrad nicht mehr bewegt wird. Es gibt auch Kabelschlösser, die auf ein Durchtrennen des Kabels reagieren und Kombinationen aus beiden Techniken.
Literatur
- Fritz Winkler, Siegfried Rauch: Fahrradtechnik Instandsetzung, Konstruktion, Fertigung. 10. Auflage, BVA Bielefelder Verlagsanstalt GmbH & Co. KG, Bielefeld, 1999, ISBN 3-87073-131-1.
- Michael Gressmann, Franz Beck, Rüdiger Bellersheim: Fachkunde Fahrradtechnik. 1. Auflage, Verlag Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten, 2006, ISBN 3-8085-2291-7.
- Peter de Leuw: Fahrräder Richtig auswählen, sicher fahren. 1. Auflage, Beuth Verlag GmbH, Berlin-Wien-Zürich, 2006, ISBN 3-410-16487-1.
- Stiftung Warentest: Fünf Typen gegen Diebe in Heft 5/2021; S. 72–77
Weblinks
- Stiftung Warentest: Test Fahrradschlösser: Nur fünf Schlösser sind gut test 04/2013
- Schlösser und Alarmanlage: Wie Radler ihren Drahtesel sichern können, Artikel von Holger Dambeck in Spiegel Online, 19. April 2012
Einzelnachweise
- https://www.kickstarter.com/projects/tex-lock/texlock-the-bike-lock-made-of-high-tech-textiles/posts/1809993
- Smarte Sicherheit für Ihr Fahrrad. In: I LOCK IT. (ilockit.bike [abgerufen am 7. November 2018]).
- beispielsweise Bike Sharing 4.0
- Bike Sharing mit I LOCK IT. In: I LOCK IT. (ilockit.bike [abgerufen am 7. November 2018]).
- Fahrradschlösser: In Sekunden geknackt. Stiftung Warentest, 17. April 2014; abgerufen am 4. November 2014
- Stiftung ART (englisch)
- SBSC.se (englisch)
- Varefakta.dk (englisch)
- Verzeichnis der VdS-anerkannten Zweiradradschlösser (Memento vom 19. Januar 2016 im Internet Archive)
- Fahrradschloss: Bügel-, Falt- oder Kettenschlösser – überall sind gute dabei. Stiftung Warentest, 23. April 2015; abgerufen am 24. April 2015
- Fahrradschloss: Bügel-, Falt- oder Kettenschlösser – überall sind gute dabei. Stiftung Warentest, 9. Mai 2019; abgerufen am 18. Februar 2021
- Fahrradschloss Test. Tabellarische Übersicht, abgerufen am 19. Januar 2021