Fahrgasse
Die Fahrgasse ist eine Straße in der östlichen Altstadt von Frankfurt am Main. Sie beginnt an der Alten Brücke und führt von Süd nach Nord bis zur Konstablerwache. Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert war sie die wichtigste der drei Nord-Süd-Achsen in der Altstadt und Schauplatz bedeutender Ereignisse. Sie war eine der verkehrsreichsten Straßen in Frankfurt, über die der gesamte Verkehr von und zur Mainbrücke führte. 1944 bei den Luftangriffen auf Frankfurt am Main zerstört und ab 1952 im Stil der 1950er Jahre wiederaufgebaut, ist sie heute eine ruhige Nebenstraße.
Fahrgasse | |
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Fahrgasse nach Norden von der Ecke Große Fischerstraße, April 2010 | |
Basisdaten | |
Ort | Frankfurt am Main |
Ortsteil | Altstadt |
Angelegt | 12. Jahrhundert |
Anschlussstraßen | Große Friedberger Straße (N), Alte Brücke (S) |
Querstraßen | Weckmarkt, Kannengießergasse, Dominikanergasse, Braubachstraße, Berliner Straße/Battonnstraße, Töngesgasse |
Bauwerke | Haus Fürsteneck (†), Johanniterkirche (†), Württemberger Hof (†) |
Technische Daten | |
Straßenlänge | 510 m[1] |
Geschichte
Die Fahrgasse entstand um das Jahr 1200, als sich das Siedlungsgebiet der Stadt von der ursprünglichen Keimzelle auf dem Domhügel nach Norden ausdehnte und mit einer Stadtmauer, der Staufenmauer befestigt wurde. 1222 wurde die Frankfurter Mainbrücke erstmals urkundlich erwähnt. Seitdem bildete die Fahrgasse die Hauptverkehrsachse zwischen der Brücke, die durch einen massiven Brückenturm befestigt war, und der Bornheimer Pforte, dem nordöstlichen Stadttor der staufischen Stadtmauer.
Entlang der Fahrgasse entstanden eine Reihe von bedeutenden öffentlichen und privaten Bauten, darunter das Haus Fürsteneck (Fahrgasse 17) und die Mehlwaage (Fahrgasse 19) am Garküchenplatz, an dessen östlichem Ende die Fahrgasse verlief. Im Fürsteneck eröffnete der Uhrmachermeister Wilhelm Alexander Christ 1863 sein erstes Ladengeschäft. Das Unternehmen wuchs später zum größten deutschen Schmuck- und Uhrenhändler.
Mit dem Haus Zum Goldenen Löwen, später Württemberger Hof (Fahrgasse 41, 1937 abgebrochen) und dem Haus Krachbein, nach 1743 König von England (Fahrgasse 94, 1891 bei der Verbreiterung der Battonnstraße abgebrochen und unter Verwendung von Originalteilen an gleicher Stelle, aber auf kleinerer Grundfläche, neu erbaut) lagen zwei der bedeutendsten Gasthöfe Frankfurts an der Fahrgasse.
In der 1874 abgebrochenen Johanniterkirche an der Ecke zur Schnurgasse, einer Kommende des Johanniterordens, starb 1349 der Gegenkönig Günther von Schwarzburg, vermutlich an der Pest. An den von der Fahrgasse abzweigenden Nebenstraßen lagen weitere bedeutende Frankfurter Bauten, darunter der Arnsburger Hof an der Predigergasse und das Dominikanerkloster.
Der sich nördlich der Schnurgasse erstreckende westliche Teil der Fahrgasse wurde beim Großen Christenbrand 1719 zerstört und danach wiederaufgebaut. Auf der östlichen Seite dieses Abschnitts lag auch das pittoreske Einhornplätzchen mit dem Haus Fahrgasse 120, in dem 1578 der bedeutende Maler Adam Elsheimer geboren wurde. Die hier errichteten Häuser waren mit ihrer Rückseite direkt auf die alte staufische Stadtmauer gebaut, die hier nach den Kriegszerstörungen noch heute erhalten ist. Gegenüber dem Platz führte das Engelthaler Gässchen von der Fahrgasse in den Innenhof des Engelthaler Hofs, der eine bedeutende spätbarocke Schaufassade an der nahen Töngesgasse besaß.
In der Fahrgasse 146 (Ecke Fahrgasse und Judengasse) ließ der Bankier Amschel Mayer von Rothschild (1773–1855) 1813 durch den Städtischen Bauinspektor Philipp Jakob Hoffmann (1778–1834) ein klassizistisches Geschäftsgebäude für seine Bank M. A. von Rothschild & Söhne errichten. Dies war zugleich das Stammhaus der Bankiersfamilie Rothschild.
Am 18. September 1848 kam es während der Septemberunruhen zu Barrikadenkämpfen zwischen revolutionären Arbeitern, Bauern und Handwerkern sowie dem preußischen und österreichischen Militär. Am 21. April 1873 löste die Erhöhung des Bierpreises von vier auf viereinhalb Kreuzer den Frankfurter Bierkrawall aus. Bei der gewaltsamen Niederschlagung starben 20 Menschen, darunter eine alte Frau und ein zehnjähriger Junge.
Am 18. und 22. März 1944 wurde die östliche Altstadt bei zwei schweren Bombenangriffen völlig zerstört. Beim Wiederaufbau ab 1952 entstand eine unauffällige Blockrandbebauung im nüchternen Stil der 1950er Jahre. Durch die Berliner Straße, einen 1954 angelegten Straßendurchbruch, ist sie heute in einen nördlichen und südlichen Ast geteilt. Am südlichen Ende ist sie vom Verkehrsstrom abgeschnitten, der heute von der Alten Brücke über die östlich verlaufende Kurt-Schumacher-Straße führt. Sie hat dadurch den Charakter als ehemals wichtigste Frankfurter Geschäftsstraße neben der Zeil praktisch vollständig verloren. Im Norden endet die Fahrgasse an der zur Fußgängerzone umgestalteten Konstablerwache.
Literatur
- Ernst Nebhut: Frankfurter Straßen und Plätze. 2. Aufl., Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 1978, ISBN 3-7973-0261-4. (mit Zeichnungen von Ferry Ahrlé)
- Walter Gerteis: Das unbekannte Frankfurt. 8. Aufl., Verl. Frankfurter Bücher, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3-920346-05-X.
- Georg Hartmann, Fried Lübbecke (Hrsg.): Alt-Frankfurt. Ein Vermächtnis. Verlag Sauer und Auvermann, Glashütten 1971
- Fried Lübbecke: Das Antlitz der Stadt. Nach Frankfurts Plänen von Faber, Merian und Delkeskamp. 1552–1864. Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1952,
Weblinks
- Fahrgasse. altfrankfurt.com
- Wiederaufbau der Altstadt 1952. In: Frankfurt baut auf. Archiviert vom Original am 29. Oktober 2012; abgerufen am 17. November 2014.