Fackelreiter-Verlag

Der Fackelreiter-Verlag w​ar ein Verlag i​n Werther, Hamburg u​nd Berlin v​on 1922 b​is 1933.

Geschichte

1919 gründete Walter Hösterey (Walter Hammer) die Zeitschrift Junge Menschen und einen dazugehörenden Verlag in Hamburg. Am 31. Mai 1922 gründete er auf dessen Grundlage den Fackelreiter-Verlag in Werther bei Bielefeld, in den er die Zeitschrift und den bisherigen Verlag einfließen ließ. Er publizierte dort vor allem reformpädagogische Schriften zur Jugendbewegung.

Im März 1925 verlegte e​r den Verlag n​ach Hamburg-Bergedorf, Lohbrügge, Höperfeld 45.[1] Dort veröffentlichte e​r vor a​llem gesellschaftskritische Schriften, darunter einige m​it Erlebnisberichten a​us dem Ersten Weltkrieg. Der Fackelreiter-Verlag entwickelte s​ich in dieser Zeit z​um wichtigsten pazifistischen Verlag i​m Deutschen Reich.

Ende 1931 zog er nach Berlin in die Bleibtreustraße 31 um.[2] Seit dem Machtantritt der Nationalsozialisten im Januar 1933 verschlechterte sich dessen wirtschaftliche Lage, da viele Buchhandlungen seine Publikationen nicht mehr führten. 16 Titel wurden als unerwünscht erklärt.[3][4] Im März wurde Walter Hösterey kurzzeitig verhaftet und der Verlag durchsucht. Bei der Bücherverbrennung im Mai wurden umfangreiche Buchbestände des Verlages vernichtet, was praktisch dessen wirtschaftliches Ende bedeutete.[5]

Walter Hösterey versuchte im August 1933, den Verlag unter dem neuen Namen Uhlenhorster Buch und Bild GmbH in Hamburg mit unverfänglichem Programm weiterzuführen, was jedoch bald entdeckt wurde. Er ging in die Emigration und löste den Verlag auf. Einige Archivalien konnten zunächst erhalten bleiben, verbrannten jedoch 1945 in den Kriegsgeschehnissen.

Publikationen

Hans Paasche, Die Briefe des Afrikaners Lukanga Mukara

Im Fackelreiter-Verlag erschienen e​twa 40 Bücher m​it pädagogischem, gesellschaftskritischen u​nd pazifistischem Inhalt. Die erfolgreichsten wurden Die Forschungsreise d​es Afrikaners Lukanga Mukara i​ns innerste Deutschland (1921), Vier v​on der Infanterie (1929) u​nd Wahn-Europa 1934 (1931). 16 Titel wurden 1933 verboten o​der als unerwünscht erklärt.

Junge Menschen 1921

Werther 1922–1925

  • O. Wanderer [Otto Buchinger]: Paasche-Buch, 1922
  • Walter A. Berendsohn: Der Freiheitskampf gegen die Trinksitten, 1922
  • John Ulrich Schroeder: Im Morgenlichte der Revolution, 1923 (erste Auflage 1921 in einem anderen Verlag)
  • Walter A. Berendsohn: Die Ethik studentischen Lebens, [1923]
  • Erich Lüth: Die Entfesselung der Schule, [1923]
  • Hermann Mauthe: Jugendbewegung und deutsche Volkswirtschaft, [1923]
  • Gotthard Eberlein: Die verlorene Kirche, 1923
  • Knud Ahlborn: Das Freideutschtum in seiner politischen Auswirkung, [1923]
  • Ernst Neumann: Begriff und Wege der Sozialisierung, [1924]
  • Paul Honigsheim: Revolutionierung deutscher Volksbildung, 1924
  • Die Politik der jungen Generation [1924]
  • Reinhard Strecker: Amerika als Erzieher, [1924]
  • Otto Zirker: Der Gefangene. Neuland der Erziehung in der Strafanstalt, 1924, 1933 verboten
  • Paul von Schoenaich: Vom Chaos zum Aufbau!, [1924]
  • Friedrich Franz von Unruh: Gesinnung, 1924, über die Fronterlebnisse seines Bruders Fritz von Unruh
  • Fritz Dehnow: Zur Erneuerung der Rechtspflege, 1925
  • Paul von Schoenaich: Mein Damaskus, 1925

Hamburg-Bergedorf 1926–1931

  • Wolf Ritter-Bern: Der Drahtzaun. Aufzeichnungen des Fürsorgezöglings Günther Rodegast, 1926, 1933 verboten
  • Carl Paul Hiesgen: Von Verdun bis Stinnes, 1928, 1933 verboten
  • Richard Hoffmann: Frontsoldaten, 1928, 1933 verboten
  • Heinrich Brandt: Trommelfeuer. Symphonie der Kriegs-Toten, 1929, 1933 verboten
  • Bruno Theek: S.O.S. Jugend am Kreuz, 1929, 1933 verboten
  • Hanns Weinberg: Staatsanwalt Dennoch, 1929, 1933 verboten
  • Gerhard Uhde: Der Bibelrekrut. Geschichte einer Jugend, 1929
  • Paul von Schoenaich: Zehn Jahre Kampf für Frieden und Recht. 1918–1928, 1929, Aufsätze
  • Ernst Johannsen: Vier von der Infanterie. Ihre letzten Tage an der Westfront, 1929, 20.000 verkaufte Exemplare, übersetzt in 13 Sprachen, verfilmt Westfront 1918 von G. W. Pabst 1930, 1933 verboten , verboten
  • Ernst Johannsen: Fronterinnerungen eines Pferdes, 1929, 1933 verboten Digitalisat
  • Otto Lehmann-Rußbüldt: Die blutige Internationale der Rüstungsindustrie, 1929, mehrere Neuauflagen, übersetzt in 10 Sprachen, 1933 verboten
  • Heinrich Vierbücher: Armenien 1915. Was die Kaiserliche Regierung der deutschen Bevölkerung verschwiegen hat. Die Abschlachtung eines Kulturvolkes durch die Türken, 1930, übersetzt in mindestens vier Sprachen Digitalisat
  • Kurt Lamprecht: Regiment Reichstag, 1931, 1933 verboten
  • Konrad Seiffert: Brandfackeln über Polen. Vormarsch im Osten, 1931, 1933 verboten
  • Hanns Gobsch: Wahn-Europa 1934, 1931, übersetzt in 14 Sprachen, 1933 verboten
  • Hans Otto Henel: Eros im Stacheldraht, 1931, 1933 verboten
  • Peter Riss: Die große Zeit. Stahlbad Anno 17, 1931, 1933 verboten
  • Horst Hellwig: Der Mann am Faden, ein Boxer-Roman, 1931

Berlin 1932

Zeitschriften und Heftreihen

  • Junge Menschen, 1920–1927, Jugendzeitschrift
  • Junge Gemeinde, 1923–1927, Wochenblatt der republikanischen Jugend
  • Junge Republik, 1923– 1924, Heftreihe mit 10 Ausgaben
  • Vererbung und Geschlechtsleben, 1926, Heft 1,1, weitere Ausgaben in anderen Verlagen
  • Der Fackelreiter, 1928–1929, pazifistische Zeitschrift[6]

Literatur

  • Jürgen Kolk: Mit dem Symbol des Fackelreiters. Walter Hammer (1888–1966). Verleger der Jugendbewegung, Pionier der Widerstandsforschung. Dissertation. Berlin 2013, S. 62–74 PDF.
  • Axel Flake, Heiko Schmidt: Der in Elberfeld geborene Verleger und Pazifist Walter Hammer (1888–1966). In: Geschichte in Wuppertal, 14, 2005, S. 60–94, besonders S. 68–70, 73–75 Digitalisat.
  • Zehn Jahre im Dienst einer Gesinnung. Im Kampf für Frieden, Freiheit, Kultur und Recht. Fackelreiter-Verlag Berlin, [1932], Verlagsrückblick.
  • Neuerscheinungen, 1929, Fackelreiter-Verlag Digitalisat.

Einzelnachweise

  1. Jürgen Kolk: Mit dem Symbol des Fackelreiters. Walter Hammer (1888–1966). Dissertation. Berlin 2013, S. 62 (66) PDF
  2. Adreßbuch für den Berliner Buchhandel, 1933, S. 44; noch nicht im Juli 1931 im Adreßbuch für den Berliner Buchhandel, 1931
  3. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, 1933, veröffentlichte regelmäßig Listen mit unerwünschter Literatur
  4. Jürgen Kolk: Mit dem Symbol des Fackelreiters. Berlin 2013, S. 73f. (77f.) PDF, mit Liste der Titel
  5. Jürgen Kolk: Mit dem Symbol des Fackelreiters. 2013, S. 73f. (77f.) PDF, Walter Hammer gab 1954 die Summe des Verlustes mit 100.000 Reichsmark an, bei einem Entschädigungsantrag
  6. Publikationen des Fackelreiter-Verlags in der Zeitschriftendatenbank
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