Explosion in der West Fertilizer Company
Die Explosion in der West Fertilizer Company in West im US-Bundesstaat Texas, 29 km nördlich von Waco, ereignete sich am 17. April 2013 um 19:50 Uhr, während Einsatzkräfte versuchten, ein dort ausgebrochenes Feuer zu löschen.[1][2]
Der Ablauf erinnert an ähnliche Explosionsunglücke im Zusammenhang mit Ammoniumnitrat wie z. B. die Texas-City-Explosion 1947 oder das Unglück bei BASF in Oppau 1921.
Die untersuchende Behörde U.S. Chemical Safety and Hazard Investigation Board gab nach Abschluss der Untersuchungen im Januar 2016 die Anzahl der Todesopfer mit 15 an, darunter seien 12 Feuerwehrleute und drei Unbeteiligte. Mehr als 260 Menschen wurden verletzt. Der außerhalb des Werksgeländes eingetretene Schaden wurde im Januar 2016 mit mehr als 100 Mio. US-Dollar angegeben, womit sich erste Schätzungen des Verbandes der texanischen Schadensversicherer bestätigten.[3][4][5] Der gesamte eingetretene Schaden wurde auf 230 Mio. US-Dollar beziffert.[6] Am 11. Mai 2016 gab die Ermittlungsbehörde Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives (ATF) bekannt, dass die Explosion absichtlich herbeigeführt worden sei. Angaben zu Verdächtigen, Tätern oder Motiven wurden keine gemacht.[7] Von anderer Seite, unter anderem der Occupational Safety and Health Administration, wurden Zweifel an der Version des ATF angemeldet, nicht zuletzt, weil dessen Annahme eines Anschlags, für den es keine Belege gebe, darauf beruhe, auch keine Hinweise zu anderen möglichen Ursachen gefunden zu haben.[8]
Hintergrund
Die West Fertilizer Company wurde 1962 gegründet und lieferte Chemikalien für landwirtschaftliche Belange. Die Anlage wurde 1985 von der Occupational Safety and Health Administration inspiziert, wobei kleinere Verstöße gegen Vorschriften bei der Lagerung von wasserfreiem Ammoniak sowie gegen Vorschriften beim Gesundheitsschutz gefunden wurden.[9] Nach Beschwerden aus der Nachbarschaft über Geruchsbelästigung durch Ammoniak untersuchte die texanische Kommission für Umweltqualität (Texas Commission on Environmental Quality) die Anlage und fand zwei nicht genehmigte Tanks mit wasserfreiem Ammoniak. Eine Genehmigung zum Betrieb dieser Tanks wurde im Nachhinein erteilt und die Auflagen der Behörden erfüllt. In der Anlage wurden etwa 24 Tonnen von wasserfreiem Ammoniak gelagert. Eine Feuergefährdung wurde als ausgeschlossen betrachtet. Auf Grund dieser Einschätzung existierte auch weder ein geeignetes Brandschutzkonzept noch wurden Feuerlöscheinrichtungen installiert.[10] Im Jahr 2012 wurden der Environmental Protection Agency eine Lagermenge von etwa 240 Tonnen Ammoniumnitrat und etwa 50 Tonnen wasserfreiem Ammoniak gemeldet. Mengen über 180 kg unterstehen eigentlich der Aufsicht durch die Homeland Security. Diese wurde aber nicht über die gelagerte Menge informiert.[5]
Feuer und Explosion
Ein Anlagenteil fing am 17. April 2013 Feuer und explodierte später, als Feuerwehrkräfte versuchten, die Flammen einzudämmen. Die Explosion zerstörte verschiedene Gebäude, darunter die West Middle School, die sich in der Nähe der Fabrik befand, sowie ein nahegelegenes Apartmentgebäude. Die Wucht der Explosion entsprach nach Messungen der United States Geological Survey einem Erdbeben der Stärke 2,1.[11] Die Explosion beschädigte zudem das West Rest Haven Schwesternheim.[12] Der Großteil der getöteten Personen waren Rettungskräfte, darunter auch ehrenamtliche, die zur Brandbekämpfung vor Ort waren.[13]
Die Explosion hinterließ einen Krater mit einem Durchmesser von etwa 28 Metern und zerstörte 142 Wohneinheiten; 300 Häuser und Fahrzeuge wurden in unterschiedlichem Maße betroffen.[5] Die durch die Explosion verursachten Zerstörungen wurden durch das U.S. Chemical Safety and Hazard Investigation Board dokumentiert.[14] Das Ausmaß der Verwüstung kann bei Google-Earth durch Vergleich der Aufnahmen 2012/2014 beurteilt werden (Lage: 31° 49′ 0″ N, 97° 5′ 16″ W ).
Am 19. April 2013 rief Präsident Barack Obama den Notstand aus, damit Bundesmittel für den Wiederaufbau der zerstörten Ortschaft West freigemacht werden können.[15]
Reaktionen
Am 25. April 2013 fand in Waco die zentrale Gedenkveranstaltung statt, an der unter anderem Michelle und Barack Obama sowie der Gouverneur von Texas, Rick Perry, teilnahmen. Präsident Obama kündigte an, dass „die Nation beim Wiederaufbau helfen“ werde.[16]
Nach der Explosionskatastrophe von Tianjin 2015 forderte Vanessa Allen Sutherland, noch größere Anstrengungen zur Gewährleistung der Sicherheit derartiger Anlagen zu ergreifen. Die lückenhaften Sicherheitsstandards und -richtlinien hätten die Katastrophe in West ermöglicht. Der Vorfall gehe unter anderem auf ein Versagen der West Fertilizer Company, aber auch der Behörden und Versicherungen zurück.[17][6][18]
Nach der Explosionskatastrophe in Beirut 2020 erinnerte Katherine Lemos, Chairman des U.S. Chemical Safety and Hazard Investigation Board, an den ähnlichen Ablauf in West, Texas und bezeichnete Ammoniumnitratexplosionen großen Ausmaßes als vorhersehbar. Es seien Maßnahmen notwendig, um derart katastrophalen Explosionen vorzubeugen.[19]
Weblinks
Einzelnachweise
- ADAIR GRAIN INC., DBA WEST FERTILIZER CO., EPA Facility Registry System. Abgerufen am 19. April 2013.
- Explosion hits fertilizer plant north of Waco, Texas. Abgerufen am 18. April 2013.
- Hillary J. Cohen: Sunshine Act Meeting. CSB to Hold Public Meeting in West, TX. U.S. Chemical Safety and Hazard Investigation Board, 11. April 2014, abgerufen am 13. April 2014 (englisch).
- Shauna Lawhorne: Chemical Safety Board to Convene January 28 Public Meeting in Waco, Texas, to Release Final Report and Safety Recommendations Resulting from West Fertilizer Investigation. U.S. Chemical Safety and Hazard Investigation Board, 15. Januar 2016, archiviert vom Original am 15. Januar 2016; abgerufen am 15. Januar 2016 (englisch).
- Improve oversight of fertilizer plants. Abgerufen am 26. April 2013 (englisch).
- Matt Dempsey: CSB chief: West explosion shouldn’t have happened. Houston Chronicle, 28. Januar 2016, abgerufen am 21. August 2016 (englisch).
- Ralph Ellis: Fire that led to Texas fertilizer blast set on purpose, officials say. In: cnn.com. CNN. Abgerufen am 11. Mai 2016.
- Experts cast doubt on ATF's arson finding in deadly West Fertilizer explosion. Houston Chronicle, 2. August 2017, abgerufen am 16. April 2018.
- Texas Fertilizer Plant Had Last OSHA Inspection In 1985. Associated Press via Huffington Post. Archiviert vom Original am 22. April 2013; abgerufen am 19. April 2013.
- stream.wsj.com (Memento vom 28. April 2013 im Webarchiv archive.today)
- M2.1 Explosion - 1km NNE of West, Texas. In: USGS Earthquake Hazards Program. Abgerufen am 26. April 2013.
- Krauss, Clifford and Santos, Fernanda: Report: As many as 35 killed in Texas plant explosion. In: New York Times. Abgerufen am 19. April 2013.
- UPDATE: Evacuations ordered in West after fertilizer plant blast. In: WacoTrib.com. Waco Tribune-Herald. 17. April 2013. Abgerufen am 17. April 2013.
- https://www.youtube.com/watch?v=pdDuHxwD5R4
- Obama Declares Emergency After Texas Plant Blast. Archiviert vom Original am 20. April 2013; abgerufen am 20. April 2013.
- Obama tells families of Texas blast victims that nation will help them recover. In: CNN.com. 25. April 2013. Abgerufen am 26. April 2013.
- Vanessa Allen Sutherland: Sutherland: From Tianjin to West, what we need to learn. Houston Chronicle, 16. August 2015, abgerufen am 16. Januar 2016 (englisch).
- West Fertilizer Final Investigation Report. U.S. Chemical Safety and Hazard Investigation Board, 28. Januar 2016, archiviert vom Original am 28. Dezember 2016; abgerufen am 21. August 2016 (englisch, PDF).
- Katherine Lemos: Statement from CSB Chairman Katherine Lemos on Massive Explosion and Fire in Beirut. U.S. Chemical Safety and Hazard Investigation Board, 10. August 2020, abgerufen am 8. Dezember 2020 (englisch): „This type of incident is preventable.“