Ewald Kienle
Ewald Kienle (* 21. Dezember 1928 in Nußdorf bei Ludwigsburg, heute ein Teil von Eberdingen; † 1. Februar 2021 in Ditzingen-Heimerdingen[1]) war ein deutscher Erfinder und Unternehmer. Er entwickelte und produzierte elektronische Kirchenorgeln.
Leben und Werk
Kienle wurde als Sohn eines Dorfschmieds und dessen sizilianischer Ehefrau geboren. Im Alter von 15 Jahren wurde er von der Schulbank weg zum Flugzeughersteller Messerschmitt beordert, um dort Flugzeugbau zu erlernen. Nach Kriegsende 1945 beschäftigte er sich mit der Verbesserung und Reparatur von Radiogeräten und ersten Fernsehgeräten und begann schließlich mit der Entwicklung eigener Orgeln.
Ab 1970 produzierte Ewald Kienle in Heimerdingen (jetzt Ortsteil der Stadt Ditzingen) eigene analoge Sakralorgeln (Kienle T-Modell), denen 1971 von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt ein lebendiger Klang bescheinigt wurde.[2] Dazu begann Ewald Kienle mit Resonatorenröhren zu experimentieren, um die Lautsprecherbeschallung zu verbessern, und stellte schließlich 1980 in der Katholischen Kirche St. Rochus in Bonn-Duisdorf die erste analoge Sakralorgel mit Resonatoren auf.
Ab 1980 beschäftigte sich Ewald Kienle mit der Entwicklung von digitalen Sakralorgeln. 1985 wurde die europaweit erste digitale Kirchenorgel[3] (Modell Kienle PK II) in Form einer erhobenen Hand im Europäischen Parlament in Straßburg aufgestellt und mit einem Bach-Konzert eingeweiht.
1990 begann Ewald Kienle mit Forschungen zur Verwendung von Original-Orgelpfeifen ohne Kern als Resonatoren („Pfeifenresonatoren“). Sie werden seither, teils ergänzt von Resonatorenröhren, für die nach ihm benannte Kienle-Klangabstrahlung bei Digital-Orgeln jeglicher Art eingesetzt.
Von 1970 an hatte Ewald Kienle mehrere Patente[4] erworben, zuerst auf dem Gebiet der Analog-Orgeln. Weitere seiner Erfindungen führten dazu, dass die technisch aufwändige Luftstrom-Klanganregung von Orgelpfeifen durch eine einfacher ausführbare, zugleich aber frequenzreichere Lautsprecher-Klanganregung ersetzt werden konnte. Dies führte neben Klangneuerungen zu einer Reduzierung der Herstellungskosten auf etwa ein Drittel der Kosten einer vergleichbaren traditionell gebauten Pfeifenorgel. Da zudem die hohen Wartungskosten entfielen, die bei herkömmlichen Pfeifenorgeln vor allem durch deren Anfälligkeit für Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen auftreten, wurden Erwerb und Unterhaltung einer Orgel auch für kleinere Kirchengemeinden erschwinglich.
Ewald Kienle hat in rund 50 Jahren weltweit mehr als 3.000 Orgeln aufgestellt. Die Instrumente stehen in Europa sowie in Südafrika, Peru und Russland. 2010 entstand die größte Orgel mit der Kienle-Klangabstrahlung im Konzertsaal des neu gestalteten Tbilisi Centre in Tiflis/Georgien.[5]
2011 gab Ewald Kienle seine als Ewald Kienle e.K. geführte Einzelkaufmannsfirma altershalber auf. Sein Lebenswerk fand unmittelbare Fortführung durch die neugegründete Firma Kienle Orgeln GmbH mit Sitz in Heimerdingen.[1]
Einzelnachweise
- Firmenhistorie. Kienle Orgeln, abgerufen am 19. Februar 2021.
- Prüfbericht der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt: Akustische Untersuchungen einer elektronischen Orgel. Gesch.-Nr. 5.23-22105/71, Braunschweig, 1971.
- Christoph Klüh: Schwäbische Schwingungen. In: Okey! Magazin für Orgel, Keyboard und Digitalpiano, Heft Nr. 53, Juli/August 2003.
- Patente: http://www.dpma.de/ (über DEPATISnet)
- Hans Dieter Karras: Uraufführung in Tiflis. Okey! Magazin für Orgel, Keyboard und Digitalpiano, Sonderdruck, Heft Nr. 103, November/Dezember 2011.