Ernst Sattler (Politiker)
Leben
Sattler erlernte den kaufmännischen Beruf. Seit etwa 1916 war er Leiter einer Volksbuchhandlung in Karlsbad, Eger. Seit den 1920er Jahren stand er im Dienst der Deutschen Sozialdemokratischen Partei in der Tschechoslowakei (DSAP), zu deren Parteivorstand er schließlich auch gehörte.
Sattler war Mitbegründer und langjähriger Leiter des parteieigenen Verlages der DSAP, dem Graphia-Verlag in Karlsbad. In dieser Stellung war er u. a. für den Druck von Parteierzeugnissen wie der Tageszeitung Volkswille verantwortlich. Im Sitz des Graphia-Verlages in der Karlsbader Invalidenstraße betrieb er außerdem eine Volksbuchhandlung, über die er parteinahe Publikationen verkaufte. Außer Parteierzeugnissen druckte Sattlers Verlag auch in beträchtlichem Umfang fremde Aufträge für die Akzidenzdruckerei. Dies brachte es mit sich, dass Druckerei und Verlag sich schnell entwickelten.
Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten und der Etablierung der Exil-Organisation (SOPADE) der in Deutschland im Sommer 1933 verbotenen SPD in der Tschechoslowakei übernahm der von Sattler geleitete Graphia-Verlag die Herausgabe und Produktion der Publikationen der Exil-Partei: Ab 1933 wurden monatlich ein oder zwei Ausgaben des Neuen Vorwärts, des offiziellen Organs der Exil-SPD in Karlsbad hergestellt, wobei Sattler als Herausgeber fungierte und zum Teil auch als verantwortlicher Redakteur zeichnete (z. T. tat dies auch Wenzel Horn). Der in der Tschechoslowakei verlegte Neue Vorwärts ersetzte dabei die in Deutschland verbotene traditionelle Parteizeitung der SPD, den Vorwärts. In der Sache war Sattler vor allem für die finanzielle Leitung des Graphia-verlages und seiner Zeitungen und nur in geringem Maße für den journalistischen Inhalt verantwortlich.
Zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Herausgeber des Neuen Vorwärts übernahm Sattler 1933 auch die Tätigkeit des Geschäftsführerschaft des SDAP-Organs Volkswille.
Aufgrund der stramm anti-nationalsozialistischen Tendenz des Neuen Vorwärts und des Volkswillens geriet Sattler bald ins Visier der polizeilichen Überwachungsorgane der NS-Diktatur: So wurde Sattler bereits in einem Bericht der Gestapoleitstelle Dresden vom 9. Dezember 1936 als wichtige Zielperson eingestuft, während der von ihm geleitete Verlag als "das größte und leistungsfähigste marxistische Unternehmen im sudetendeutschen Sprachgebiet" bezeichnet wurde. Der Personalumfang von Verlag und Druckerei wurde auf rund 200 Mitarbeiter geschätzt.[1]
Angesichts der Besetzung der Sudetengebiete durch das Deutsche Reich im Herbst 1938 ging Sattler als Emigrant nach Großbritannien.
Von den nationalsozialistischen Polizeiorganen wurde Sattler Ende der 1930er Jahre als Staatsfeind eingestuft: Im Frühjahr 1940 setzte das Reichssicherheitshauptamt in Berlin ihn auf die Sonderfahndungsliste G.B., ein Verzeichnis von Personen, die der NS-Überwachungsapparat als besonders gefährlich oder wichtig ansah, weshalb sie im Falle einer erfolgreichen Invasion und Besetzung der britischen Inseln durch die Wehrmacht von den Besatzungstruppen nachfolgenden Sonderkommandos der SS mit besonderer Priorität ausfindig gemacht und verhaftet werden sollten.[2]
Literatur
- Stefan Appelius: Heine: Die SPD Und Der Lange Weg Zur Macht. 1999.
Einzelnachweise
- Adolf Hasenöhrl: Kampf, Widerstand, Verfolgung der sudetendeutschen Sozialdemokraten. Dokumentation der deutschen Sozialdemokraten aus der Tschechoslowakei im Kampf gegen Henlein und Hitler, S. 52.
- Eintrag zu Sattler auf der Sonderfahndungsliste G.B. (Wiedergabe auf der Website des Imperial War Museums in London).